Einschätzung zur aktuellen Lage am Kapitalmarkt im März 2023
Wer liegt im März 2023 vorne - Bulle oder Bär?

Einschätzung zur aktuellen Lage am Kapitalmarkt im März 2023

Es ist ein Montagmittag der 13.3.2023, der US-Präsident tritt vor die versammelte Presse und erklärt, dass alle Einlagen sicher seien, dass der Steuerzahler keinen Cent für die Rettung der Silicon Vallley Bank zahlen muss und das US-Bankensystem stabil sei. Hintergrund dieser ungewöhnlichen Rede ist die Insolvenz der Silicon Valley Bank (SVB).


Wie kann eine amerikanische Bank insolvent gehen?


Auftakt 2020: Der Kundenstamm des Finanzinstituts besteht zu einem großen Teil aus jungen Unternehmen in der Technologie- und Gesundheitsbranche. Im Zuge der Corona Pandemie erhielten diese Unternehmen nennenswerte Geldzuflüsse von Risikokapitalgebern und Investoren, welches im Gegenzug auf die Konten der SVB eingezahlt wurde – analog wuchs die Bilanz der SVB. Die Bank investierte diese Zuflüsse daraufhin überwiegend in langlaufende, zinssensitive und zu dem Zeitpunkt niedrig verzinste Wertpapiere

Entwicklung 2022: Die Pandemie wurde überwunden. Viele der Unternehmenskunden der SVB erzielten jedoch weiterhin keinen Gewinn und mussten sich aus den Kontobeständen bei der SVB finanzieren. Im Zuge der Inflation hoben die Notenbanken die Zinsen jedoch spürbar an, sodass bestehende Zinspapiere, auch jene in der Bilanz der SVB, hohe Wertrückgänge aufwiesen.

Abstieg: Die Bank verzeichnete nennenswerte Abflüsse aus ihren Einlagen. Zur Bereitstellung der Auszahlungen wurden Teile der 2020 erworbenen Zinspapiere verkauft, wobei hohe Verluste realisiert werden mussten. Daraufhin entschied das Management der Bank sich dazu, diese Verluste mit Hilfe einer Kapitalerhöhung, also durch den Verkauf weiterer Aktien, zu „stopfen“. Erst jetzt erkannte der Kapitalmarkt das Risiko in der SVB Bilanz und die signifikanten Fehler im bankinternen Risikomanagement – die Kapitalerhöhung misslang und das Vertrauen in die Bank ist erschüttert. Kunden der Bank fingen an, sich um ihre Einlagen und Festgelder zu sorgen und zogen weiteres Geld ab – ein Kreislauf, der nur mit externer Hilfe gebrochen werden kann.


Wie geht es weiter?


Die US-Regierung hat in diesem Fall sehr schnell und entschlossen gehandelt. Über das Wochenende äußerten sich alle offiziellen Stellen (Zentralbank, Finanzministerium, Federal Deposit Insurance Corporation [FDIC – „Einlagensicherungsfonds“]) mit einer Stimme. Die Vermögenswerte der Bank wurde inzwischen seitens der FDIC übernommen und staatliche bzw. quasi staatliche Institutionen haben die Bank übernommen. Zudem haben Kunden der Bank bereits wieder vollständigen Zugriff auf ihre Einlagen, welche zugleich staatlich garantiert seien. Laut US-Finanzministerium werden die Gelder zur Bereitstellung aus dem FDIC kommen und somit keine Steuergelder für die Rettung aufgewendet werden. Die BaFin schloss derweil den seit 2018 aktiven deutschen Ableger der SVB in Frankfurt für jeglichen Kundenverkehr.


Wie schätzen wir die Situation ein und droht eine neue Finanzkrise wie 2008?


Aus unserer Sicht verdeutlicht das aktuelle Umfeld das im vergangenen Marktkommentar beschriebene Dilemma der Zentralbanken – die Zentralbanken werden ab einem gewissen Punkt zwischen Inflationsbekämpfung und wirtschaftlichen Kollateralschäden abwägen müssen. Der künftige Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Moritz Schularick, fasste dies am Montag in der Süddeutschen Zeitung wie folgt zusammen: „Im Finanzsystem entstehen wegen der steigenden Zinsen enorme Verluste, vor allem bei lang laufenden Anleihen und Immobilienkrediten.“

Die US-Behörden haben schnell und entschieden reagiert, die Banken sind in besserer Verfassung als 2007/08 und die unternehmensspezifische Nachlässigkeit im Risikomanagement der SVB ist nicht repräsentativ für den Gesamtmarkt. Anders als Lehmann Brothers ist die Bank wesentlich kleiner, isolierter und auch aufgrund des spezifischen Tätigkeitsbereichs weniger relevant für das Finanzsystem. Nicht zuletzt signalisiert die Reaktion der US-Zentralbank am Wochenende auch, dass sie sich des Risikos im Finanzsektor bewusst ist (anders als 2007/08) und signalisierte, unter anderem mit einem neuem Kreditprogramm für Banken, zugleich Handlungsbereitschaft. Das Szenario einer breiten Finanzkrise gewichten wir daher mit einer geringen Wahrscheinlichkeit. Unserer Einschätzung nach werden die Zentralbanken eher eine höhere Inflationsrate akzeptieren, als unkontrollierbare Risiken für das Finanz- und Wirtschaftssystem in Kauf zu nehmen.


Wie sind wir aufgestellt?


Für solche Phasen haben wir in unserer treuhänderischen Verantwortung einen Teil des Vermögens in Gold investiert. Bei Vertrauensbrüchen gegenüber dem Finanzsystem weist das Edelmetall historisch eine positive Wertentwicklung auf. Zugleich bestärken die Turbulenzen uns darin, in unserer Aktienallokation an Unternehmen mit finanzstarken Bilanzen und überwiegend defensiven Geschäftsmodellen festzuhalten. Gleichzeitig halten wir keine nennenswerten Positionen im Bankensektor. Zugleich haben wir uns im Anleihensegment überwiegend auf kurze und mittlere Laufzeiten fokussiert. Neben den genannten Schwerpunkten stimmt uns auch die im Februar reduzierte Aktienquote zuversichtlich, dass die von uns betreuten Portfolios in derartigen Stressphasen gut aufgestellt sind.

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