Employer of Record-Modell
Es ist kein Geheimnis, dass Unternehmen aufgrund der Globalisierung und der voranschreitenden Digitalisierung vermehrt auf internationaler Ebene nach Arbeitskräften suchen (müssen). Die Beschäftigung von Arbeitnehmer:innen im Ausland ist jedoch oftmals rechtlich komplex und mit hohem Aufwand verbunden. Das „Employer of Record“-Modell (EoR) soll es Unternehmen erleichtern, verstärkt international tätig zu werden.
Bei dem EoR-Modell handelt es sich um ein aus dem angloamerikanischen Raum stammendes Personaleinsatzmodell. Das Konzept ist simpel: Serviceanbieter:innen mit Sitz im Ausland (Employer of Record; „EoR“) stellt Mitarbeiter:innen nach dem dort gültigen Recht im Auftrag von Unternehmen im Inland (Kund:innenunternehmen) an. Die Arbeitnehmer:innen erbringen ihre Arbeitsleistung für das Kund:innenunternehmen unter dessen Weisung und Aufsicht.
Der EoR übernimmt dabei die administrativen und rechtlichen Verantwortlichkeiten eines/einer Arbeitgebers/Arbeitgeberin. Kund:innenenunternehmen entscheiden, welche Tätigkeiten von den Mitarbeiter:innen im Ausland durchgeführt werden und wie diese inhaltlich ausgestaltet sein sollen. Der EoR fungiert hingegen als formale:r Arbeitgeber:in, hat dadurch aber das disziplinarische Weisungsrecht und darf (in der Regel nach Rücksprache mit dem Kund:innenunternehmen) Mitarbeitende verwarnen und das Arbeitsverhältnis sogar auflösen.
Indem Unternehmen die Dienstleistungen eines EoR in Anspruch nehmen, können sie Mitarbeiter:innen im Ausland unkompliziert beschäftigen und ihre globalen Geschäftstätigkeiten leichter ausbauen. Was sich in der Theorie nach einem simplen Vorgang anhört, kann in der Praxis jedoch mit rechtlichen Stolpersteinen verbunden sein.
Payroll Modell
Dem EoR-Modell ähnlich ist nämlich das sogenannte „Payroll“-Modell. Auch dieses ist eine Dreiparteienkonstellation: Ein Unternehmen stellt Mitarbeiter:innen an, übernimmt aber keine Arbeitgeber:innenfunktionen, sondern übt die Tätigkeiten einer Verrechnungsstelle aus. Die Mitarbeiter:innen erbringen ihre Arbeitsleistung für ein anderes Unternehmen, das faktisch ihr Arbeitgeber ist. Zwischen den beiden Unternehmen besteht dabei ein Auftragsverhältnis. Während Payrolling-Dienstleister:innen auf nationaler Ebene tätig sind, agieren EoR grenzüberschreitend. In Österreich wird Payrolling nach der Rechtsprechung des OGH als Arbeitskräfteüberlassung qualifiziert. Arbeitskräfteüberlassung ist nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) reguliert.
Arbeitskräfteüberlassung
Das AÜG definiert die Arbeitskräfteüberlassung als „Beschäftigung von Arbeitskräften, die zur Arbeitsleistung an Dritte überlassen werden“. Die Arbeitskräfte müssen dabei durch einen Überlasser zur Arbeitsleistung an Dritte, die Beschäftiger:innen, vertraglich verpflichtet sein. Es handelt sich - wie bei dem EoR- und Payrolling-Modell - um ein dreipersonales Rechtsverhältnis. Der/die Überlasser:in ist Arbeitgeber:in im arbeitsrechtlichen Sinn, die Beschäftiger:innen setzt die Arbeitskräfte tatsächlich ein und nimmt deren Arbeitsleistung faktisch entgegen. Für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt maßgeblich.
Das AÜG kann daher auf EoR-Konstellationen anwendbar sein, wenn etwa - im Fall einer klassischen Arbeitskräfteüberlassung - alle drei Parteien in Österreich ansässig sind und der/die Arbeitnehmerin in den inländischen Betrieb des Kunden des EoR eingegliedert ist und dort seine/ihre Arbeitsleistung erbringt.
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Bei virtuell erbrachten Arbeitsleistungen in Berufen, die keine physische Präsenz am Arbeitsplatz erfordern, und die aus dem Ausland für Unternehmen in Österreich erbracht werden, kann die Anwendbarkeit des AÜG nicht ausgeschlossen werden. Wenn etwa der ausländische Arbeitnehmer:innen (virtuell) in den inländischen Betrieb des Kund:innenunternehmens des EoR eingegliedert ist, kann eine verdeckte Arbeitskräfteüberlassung vorliegen.
Pflichten der Kund:innenunternehmen nach dem AÜG
Das Kund:innenunternehmen ist für die Einhaltung der Arbeitnehmer:innenschutzvorschriften verantwortlich, ihm obliegen die Fürsorgepflichten eines/einer Arbeitgeber:in und es gilt als Arbeitgeber:in im Sinne der Gleichbehandlungsvorschriften und Diskriminierungsverbote. Schließlich haftet es für die gesamten der überlassenen Arbeitskraft für die Beschäftigung in seinem Betrieb zustehenden Entgeltansprüche und die entsprechenden Dienstgeber:in- und Dienstnehmer:inbeiträge zur Sozialversicherung als Bürge.
Besteht ein Betriebsrat, hat das Kund:innenunternehmen diesen vom geplanten Einsatz überlassener Arbeitnehmer:innen zu informieren und auf Verlangen darüber zu beraten. Der Betriebsrat kann den Abschluss einer Betriebsvereinbarung über „Grundsätze der betrieblichen Beschäftigung von Arbeitnehmer:innen, die im Rahmen einer Arbeitskräfteüberlassung tätig sind" verlangen.
Bei Verstößen gegen das AÜG drohen Geldstrafen in Höhe von EUR 1.000,-- bis EUR 5.000,--, im Wiederholungsfall können sich die Beträge auf bis zu EUR 10.000,-- erhöhen.
Ausblick
Da gesetzliche Regelungen und Rechtsprechung zum EoR-Modell derzeit noch nicht vorhanden sind, ist eine genaue Prüfung, wer in einem drei-Personen-Verhältnis Arbeitgeber:in im arbeitsrechtlichen Sinn ist, welche Konstellation überhaupt vorliegt und wie diese in weiterer Folge arbeitsrechtlich zu beurteilen ist oder beurteilt werden kann, unerlässlich, um abschätzen zu können, ob das AÜG anwendbar ist.
Autor:innen: fwp Rechtsanwalt Florian Dauser und fwp Associate Paula Kalau .
Raffling Tenschert Lassl Griesbacher & Partner Rechtsanwälte GmbH
5 MonateDas ist wahrlich ein sehr spannendes Thema. Gerade für Drittstaatsangehörige und Arbeitgeber kann aber dieses Modell wie im Beitrag angemerkt zu einer Falle werden, denn "Ausländer" werden nur dann zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft (zB Rot Weiß Rot Karte, Blaue Karte EU) seitens des AMS zugelassen, wenn sie auf einem Arbeitsplatz des Arbeitgeberbetriebes direkt beschäftigt werden; eine Zurverfügungstellung des Ausländers an Dritte (jenes Unternehmen, das den Mitarbeiter benötigt) gilt idR nicht als Beschäftigung im eigenen Betrieb. Das AMS kann daher solche Aufenthaltstitel weder für den Beschäftiger, noch den Überlasser bewilligen. Spannende Konstellationen....