Führen in einer unsicheren Welt
Abstract
Das Jahr 2020 hat vielen Führungskulturen nur allzu deutlich gezeigt, wo der Schuh drückt. Klar ist, dass sich Führung entwickeln muss. Viele Betriebe scheitern an den neuen Potenzialen, weil sie häufig der One-Great-Man-Theory folgen, anstatt die Mitarbeiter unternehmerisch einzubeziehen. Hinzu kommt die Mehrfachbelastung vieler Mitarbeiter im Leben. Mit einfach umsetzbaren Maßnahmen erschließen sich Betriebe die bessere Führungskultur und ernten Leistungs- und Innovationssprünge.
Rasanter Stillstand: Ein Teufelskreis für HR und Führung
Die Arbeitswelt ist volatiler, unsicherer und komplexer geworden. Führungskräfte müssen auf immer unsicherer Faktenbasis Entscheidungen treffen. Viele verfangen sich im Micro-Management, ziehen noch mehr an sich und lähmen die Organisation. Die Teams spüren einen rasanten Stillstand, zulasten der Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Dabei ist Führung vor allem eine Beziehung zum Mitarbeiter.
So verlieren Betriebe wichtige Fachkräfte und neue enttäuschte Mitarbeiter und provozieren leidvolle Unterkapazitäten. Ein Teufelskreis für HR und Führungskräfte, der fortlaufend Nachschub für unbesetzte Stellen verlangt.
Ungewissheitskompetenz, Agilität und Eigenverantwortung
Bauchgefühl ist unter vertrauten Umständen ein guter Ratgeber. Für die neue Welt heutiger Komplexitäten steht uns allerdings nur wenig Erfahrung zur Verfügung. Die hierfür nötige Führungskultur lässt sich wie folgt aufbauen:
Eigenverantwortung: Erst wenn Mitarbeiter die Absicht der übergeordneten Führung kennen und verstehen, werden sie zum Mitgestalter und können freier im Sinne der Ziele entscheiden.
Ungewissheitskompetenz: Führungskräfte müssen lernen, sich im Ungewissen zu bewegen. Sie entscheiden auf Sicht, reduzieren die Tragweite und entscheiden dafür häufiger und agiler. Und sie entscheiden um, wenn sich andere Argumente erschließen.
Vertrauen und Werte als Fundament: Führungskräfte müssen es wagen zu vertrauen, mit Vision und Inspiration zu führen und gemeinsame Werte sichtbar vorzuleben. Es kommt zurück. Zusätzlich können Rundum-Bewertungen ein sehr guter Schlüssel sein, um Feedback von allen annehmen zu können, solange sie nicht an Boni gebunden sind. Denn das würde sonst zu politischen Spielchen einladen.
Frühjahrsputz: Platz für Neues schafft, wer öfter hinterfragt was wir aufhören zu tun.
Entscheidungen demokratisieren: Sie werden fachlich dort getroffen, wo das größte Wissen im Team liegt und die Lösung ausgehandelt wird. Die Basis sind agile Arbeitsmethoden.
Keine Ja-Sager: Vielfalt im Team ist anstrengender, aber sie sorgt für Innovation und fundiertere Entscheidungen.
Selbstkompetenzen für alle: Sie sind Voraussetzung für die Erfolge, denn Innovation, Haltung und Leistung leben vom Umgang miteinander. Auf allen Hierarchieebenen.
Familienfreundliche Entlastung: Sie stärkt die Vertrauens- und Führungskultur, minimiert Krankheits- und Präsentismuskosten und Unterkapazitäten. Und macht nebenbei den Arbeitgeber attraktiver.
Traumpotenziale, die nur 13% der Betriebe nutzen
Die konsequente Umsetzung verspricht 24 Prozent mehr Leistung* und 45 Prozent weniger Erschöpfung*, 42 Prozent weniger Fehlzeiten** und 21 Prozent mehr Profitabilität***. Unfassbar verlockend, greifbar nahe. Dennoch kümmern sich erst 13% der deutschen Betriebe* um diese familienfreundliche Neue Arbeit.
Niedrigschwellig auf den Geschmack bringen
Hier ist die Personalentwicklung gefordert. Auf den ersten Blick scheint die Hürde zu hoch, alle in ihren Selbstkompetenzen weiterzubilden. Ein Irrglaube.
Bewährt haben sich zwei parallele Ansätze:
Für alle Mitarbeiter sind es niedrigschwellige Angebote mit Mehrfachnutzen, vom Bandarbeiter bis zum Vorstand. Ein Beispiel? Das Familienprogramm des Autors schafft für den Mitarbeiter mehr Spielräume für Familie und Beruf, mehr Wochenzeit und minimiert Stress. Ganz nebenbei entdeckt er spielerisch die Wirksamkeit modernster Arbeitsmethodik und entwickelt die nötigen Selbstkompetenzen, liebevoll für die Familie verpackt und i.d.R. außerhalb der Arbeitszeit. Der Transfer an den Arbeitsplatz kommt von allein, und von Herzen.
Für die Führungskräfte gehören die Themen auf die Agenda jedes Treffens. Wer versteht kann besser umsetzen. Als Katalysator wirken Quick-Movers und Rollenvorbilder. Keine Sorge, auch Scheitern gehört heute zur Führungskultur, und vor allem das daraus Erlernte.
Diese Veränderungen werden sich als spürbarer Magnet für Fachkräfte und junge Talente entwickeln und eine neue Profitabilität ermöglichen. Kein Zweifel. Nur Mut.
Infos zum Autor
Christian Eineder
- Geschäftsführer easyfaM GmbH & Co. KG
- Geschäftsführer EGFL Einkaufsgemeinschaft Forschung und Lehre GmbH
- Hochschuldozent (BWL-Industrie, Vertriebsmanagement)
- Executive MBA, Dipl.-Ing., Bauwesen & Umwelttechnik
- Tel. +49(0)8381-8307101 | christian@easyfaM.com
- www.easyfaM.com | www.forschung-lehre.de
Quellenangaben:
* Institut für Führung und Personalmanagement, Universität St. Gallen, Professor Dr. Heike Bruch, n= 33.499 Personen aus 182 Unternehmen (2018-2019)
** Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Geht doch! Ausgabe 9, Seite 38
*** McKinsey & Company, Diversity Wins, May 2020