Führungsfallen entschärfen (1): Wenn Steuerung zur Bremse wird
Sarah und Thomas sind dynamische Führungskräfte, die durch ihren unermüdlichen Einsatz, ihre Expertise und ihre Fähigkeit, Ergebnisse zu liefern, schnell aufgestiegen sind. Selbstlos setzen sie sich für ihr Unternehmen ein und arbeiten ständig daran, Effizienz und Produktivität zu steigern.
Doch Thomas fühlt sich ständig unter Druck. Er hat das nagende Gefühl, etwas Wichtiges zu übersehen und fragt sich insgeheim, wie lange er diese Art von Einsatz noch liefern kann. Sarah ist frustriert, versinkt im Alltagsmanagement und in "Feuerwehreinsätzen" statt strategisch zu arbeiten.
Vielleicht erkennst du dich in einigen Aspekten wieder? In dieser neuen Serie meiner Leadership Snacks werfen wir einen Blick auf fünf typische Führungsfallen. Wir schauen uns an, wie sie entstehen und - noch wichtiger - wie du ihnen entkommen kannst.
Falle 1: Die Organisation steuern!
Wie bitte? Das soll eine Falle sein? Ist nicht genau das die Aufgabe von Führungskräften?
Werfen wir einen Blick auf einen Teil des Alltags von Thomas.
Thomas in der Planungshölle
Es ist nach 21 Uhr, und Thomas sitzt immer noch in seinem Büro, umgeben von Projektplänen und Budgetaufstellungen. Gerade erst hat er die Quartalsplanung abgeschlossen, da flattert schon die nächste Änderungsanforderung herein. Budgetkürzungen, neue Prioritäten, verschobene Deadlines - Thomas spürt eine aufkommende Migräne. Das Familienabendessen hat er wieder verpasst.
Während er die Projektmatrix anpasst, denkt er an sein Team hochqualifizierter Entwickler. "Die bezahle ich fürs Programmieren, nicht fürs Jonglieren mit Budgets", murmelt er. Also übernimmt er selbst die Planung, das Controlling, die Ressourcenzuteilung. Doch ein nagender Zweifel bleibt: Ist das wirklich der beste Weg? Thomas schüttelt den Gedanken ab. Keine Zeit für solche Grübeleien. Er muss die Kontrolle behalten, sonst läuft alles aus dem Ruder.
Die Falle: Eine Organisation wie eine Maschine steuern
Was passiert hier eigentlich? Thomas ist in eine klassische Führungsfalle getappt: Er versucht, die gesamte Organisation wie eine komplexe Maschine zu steuern, bei der er alle Hebel selbst bedienen muss. Auf den ersten Blick scheint das sinnvoll: Er nutzt seine Erfahrung und Expertise, um Probleme zu lösen und Effizienz zu gewährleisten. Doch dieser Ansatz hat schwerwiegende Nachteile:
Die eigentliche Herausforderung für Thomas besteht darin zu erkennen, dass effektive Führung nicht bedeutet, alles selbst zu kontrollieren, sondern ein Umfeld zu schaffen, in dem sein Team selbstständig agieren und auf Veränderungen reagieren kann.
Die wichtigste Aufgabe von Führung in der komplexen Welt von heute ist es, die Bedingungen für den Erfolg des Teams zu schaffen - und das beginnt mit der eigenen Entwicklung als Führungspersönlichkeit.
Ausweg: Fang bei dir selber an und wachse als Führungskraft
Organisationen spiegeln die Denkweisen ihrer Führungskräfte wider. Für Thomas bedeutet dies: Der Schlüssel zur Verbesserung seiner Abteilung liegt nicht darin, mehr in Planung zu investieren, sondern in seiner eigenen Entwicklung als Führungskraft.
In unserer komplexen, sich schnell verändernden Welt wird Thomas nie "die eine richtige Antwort" haben. Seine Aufgabe ist es, ein Umfeld zu schaffen, in dem sein Team erfolgreich sein kann. Dazu muss er eigene Überzeugungen hinterfragen und neue Fähigkeiten entwickeln.
Zum Möglichmacher werden
Thomas interpretiert seine Rolle neu: vom kontrollierenden Manager zum unterstützenden Ermöglicher. Er muss lernen, Unsicherheit zu akzeptieren und zu verstehen, dass es in einer komplexen Welt keine perfekten Pläne gibt. Stattdessen ist Flexibilität der Schlüssel zum Erfolg.
Gleichzeitig gilt es, Vertrauen in sein Team zu entwickeln. Seine Entwickler können weit mehr als nur programmieren – wenn ihnen Thomas den Raum gibt, ihr volles Potenzial zu entfalten. Anstatt selber alle Probleme zu lösen, schafft er Raum, dass sie eigene kreative und passgenaue Lösungen finden und Verantwortung übernehmen.
Diese Haltungsänderung ist herausfordernd, aber lohnend. Je mehr Thomas sich als Möglichmacher sieht und handelt, desto innovativer und anpassungsfähiger wird seine Abteilung. Gleichzeitig wird er so entlastet.
Thomas' neuer Weg
Diese neue Haltung führt Thomas zu einer völlig neuen Herangehensweise:
Durch diese Veränderungen wandelt Thomas seine Abteilung in ein kollaborativeres und innovativeres Netzwerk um.
Doch Achtung: Koche Thomas’ Rezept nicht einfach nach. Vielmehr hat er Wege gefunden, die in seinem Umfeld funktionieren. Die Lösung für deinen Kontext sieht vermutlich anders aus.
Takeaway
Gute Leadership erfordert, dass du dich bewusst um deine Weiterentwicklung als Leader kümmerst. Unterbrich das Hamsterrad des täglichen Trotts und überdenke, welche Strategien der Vergangenheit heute noch hilfreich sind. Sei flexibler - oder agiler - in deiner Leadership-Haltung. Frage dich: Wie kann ich meine Denkweisen und Verhaltensweisen anpassen, um ein Umfeld zu schaffen, in dem mein Team erfolgreich sein kann?