Fünf Thesen zur Nachhaltigen Digitalisierung

Fünf Thesen zur Nachhaltigen Digitalisierung

Auf Einladung der Jungen Wirtschaft durfte ich gestern Abend mit Reinhard Pohorec, Hanno LippitschMarkus ZoglauerMartin Wildenberg und Nikolaus Spiegelfeld über das Spannungsfeld von Digitalisierung und Nachhaltigkeit diskutieren (Details zum Event). Rückblickend bin ich mit meinem Impulsvortrag nicht ganz zufrieden und fasse daher meine fünf Thesen zur nachhaltigen Digitalisierung schriftlich in diesem Artikel noch einmal zusammen.

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Das Spannungsfeld zwischen Nachhaltigkeit und Digitalisierung

Was ist Nachhaltigkeit? Am Beginn einer Diskussion lohnt es Begriffe zu definieren. Was bei Nachhaltigkeit diese auf der Hand liegt, wirft aber gleichzeitig große Fragen auf.

Nachhaltig ist, was auch nachher hält. Ökonomisch, ökologisch und sozial. Nachhaltigkeit ist so gesehen das Versprechen an die Kontinuität, an die Stabilität und ist damit die Grundlage und Voraussetzung für unser aller Zusammenleben.

Nicht trivial ist die Frage, ob eine Sache, eine Handlung, eine Kulturtechnik, eine Entwicklung nachhaltig ist - nämlich ökonomisch, ökologisch und sozial. Denn, per Definition, lässt sich dies erst Rückblickend beurteilen.

Und selbst dabei bleibt die Frage offen: wie viel später ist der richtige Zeitpunkt um zu urteilen? Ist es nachhaltig, wenn die Welt nach 10 Minuten nicht unter geht? Oder müssen wir sieben Generationen warten?

Was ist Digitalisierung? Digitalisierung, das ist für mich die Entwicklung, die Entstehung von Schnittstellen zwischen Maschine und Mensch, die erlaubt Kommunikation und Interaktion zu skalieren.

Die Digitalisierung ist damit Teil und Konsequenz unserer menschlichen Evolution. Das Wesen des Menschen, unser innerster Trieb, ist geprägt von dem Streben nach mehr. Dieses Streben ist, bisher jedenfalls, ein sehr nachhaltiges- es hat zur Vervierfachung unserer Lebenserwartung geführt, Armut und Elend drastisch reduziert und eben auch das Internet, die Digitalisierung sind aus diesem Streben erwachsen. Die Digitalisierung ist Teil der menschlichen Evolution. Und sie ist da.

5 Thesen zur nachhaltigen Digitalisierung

Und so landen wir binnen Sekunden bei einer Frage nach dem Glauben an das Gute, an das Richtige: Wie können und müssen wir die Digitalisierung beeinflussen, damit sie eine nachhaltige, bereichernde Entwicklung ist?

Die Antwort auf diese Frage können wir nicht prüfen wie eine mathematische Formel - wir müssen auf sie setzen, mit unseren Handlungen - obwohl wir nicht wissen.

In Vorbereitung auf die Diskussion habe ich fünf Thesen, fünf Grundannahmen zusammen geschrieben. Ich habe versucht darunter liegende Mechanismen auf den Punkt zu bringen.

These #1: Das Thumbnail Paradox: Online ​= Offline

Unsere Empathie unterscheidet uns vom Tier: Einfühlen, Eindenken. Intelligenz, inter legere, zwischen den Zeilen lesen. Diese Fähigkeit zur Abstraktion ist, was uns erlaubt effektiv in der Welt zu handeln.

Abstraktion ist Intelligenz: Sehen wir einen gefällten Baum sehen wir gleichzeitig eine Sitzgelegenheit, Feuerholz und schweißtreibende Arbeit - und im Bruchteil einer Sekunden wissen wir, welche der potenziell relevanten Bedeutungen von tatsächlicher Relevanz sind.

Das Thumbnail Paradox: Sehen wir nun ein Foto von einem gefällten Baum sind wir in der Lage die selben Bedeutungen wahrzunehmen, ohne einen Baumstamm zu sehen.

Online und Offline, beides nur eine Illusion: Wir gehen durch die Welt - unsere Synapsen feuern aufgrund der Bedeutung, die wir in der Welt wahrnehmen. Ob wir dabei tatsächlich vor einem Baumstamm stehen, oder einen Live-Feed in Instagram ansehen ist dabei nicht von Relevant. Die Frage ist - welche Bedeutung wir der Information die wir aufnehmen und verarbeiten zumessen.

Wer will, dass Digitalisierung nachhaltig positiv wirkt, muss verstehen, dass Online lediglich eine Abstraktionsstufe höher ist, als Offline - aber beides sind Abstraktionen.

These #2: Die Digitalisierung macht die Welt ehrlicher

Die Digitalisierung gibt uns Zugriff auf fast alles Wissen der Welt at our finger tips. Und wir nutzen Sie. Google, Facebook, Wikipedia, Amazon - sie alle geben uns Zugang zu Information, die wir nutzen um Bedeutungen zu abstrahieren und Entscheidungen zu treffen. Mehr Information heißt mehr Verantwortung eigene Entscheidungen zu treffen. Mehr Verantwortung heißt ein ehrlicherer Blick auf die Welt. Wer entscheiden kann wo er einkauft, ist verantwortlich dafür, wo er einkauft.

These #3: Was nachhaltig ist, ist immer auch gerecht

Damit es auch nachher hält, müssen wir es alle mittragen. Jeder einzelne von uns ist entweder eine Kraft die aufbaut, oder eine die zerstört. Zerstören zu Viele, zerstören wir in Summe. Bauen genug auf, wachsen wir in Summe und es entsteht Wohlstand, nachhaltig: Durch die Kooperation der Vielen, die freiwillig agieren unter dem selben Wertekanon.

These #4: Über Recht und Unrecht entscheidet das Individuum

Jeder Einzelne von uns hat dabei die Verantwortung mit Weitsicht und Intelligenz zu prüfen, ob Entwicklungen, Kulturtechniken nachhaltig scheinen, oder nicht. Und so ist eine nachhaltige Welt, eine, zu der wir alle, oder zumindest genug von uns, genug ja sagen können. Ja sagen, dass die Welt gerecht genug ist für uns, nicht danach streben zu müssen sie zu zerstören.

These #5: Veränderung ist konstant

Die Frage was in einer Gesellschaft als nächstes passiert ist ein ständiges Kräftemessen. Jeder von uns will maximieren wo er heute steht, aber auch seine Möglichkeiten von morgen. Wie es seinen Freunden, seiner Familie, seinem Unternehmen heute und morgen geht - dabei aber nicht vergessen, dass das Marktumfeld, seine Kunden, die Umwelt auch atmen müssen. Und so lebt jeder von uns in einem ständigen Konflikt zwischen heute und morgen, zwischen Selbstoptimierung und den anderen helfen.

Und weil wir, jeder von uns, sich ständig entwickelt und verändert, verändern sich auch die Themen an denen wir uns reiben. War es vor hundert Jahren die Frage nach Auto oder Pferd - ist es heute die Frage: Fax oder E-Mail.

Die Digitalisierung selbst ist dabei nur eine Anwendung dieses ständigen Kampfes mit uns selbst: Nach den richtigen, den nachhaltigen Entscheidungen entlang der Dimensionen, die uns als Individuen wichtig erscheinen.

Link zum Impulsvortrag: 5 Thesen zur Nachhaltigen Digitalisierung (YouTube)

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