Fallbericht: IT-Systemhaus – unterlassene Systembeteiligungspflicht
André Gierke - EPR compact

Fallbericht: IT-Systemhaus – unterlassene Systembeteiligungspflicht

Kennen Sie schon die Fallberichte der ZSVR, also der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister?

Ich will hier einmal exemplarisch auf einen der veröffentlichten Fallberichte eingehen. In dem Fallbericht geht es um das Verpackungsgesetz in Deutschland, und dabei ganz konkret um die unterlassene Systembeteiligung eines IT-Systemhauses.

Ein IT-Systemhaus ist tendenziell in erster Linie ein Dienstleister, der diverse Leistungen, zum Beispiel rund um Software- oder Sicherheitslösungen, erbringt. Um ganzheitlichen Service oder ganzheitliche Lösungen anzubieten, läuft auch die Versorgung eines Kunden mit Hardware in vielen Fällen über das IT-Systemhaus.

Und an dieser Stelle setzt der Fallbericht an. Hintergrund ist eine, wie es heißt, „große Gruppe verbundener IT-Handelsgesellschaften mit eigenem Direktvertrieb“, die ihrer Produktverantwortung für Verpackungen nicht nachgekommen ist und über Jahre hinweg gegen die Verpackungsverordnung und mittlerweile das Verpackungsgesetz verstoßen hat.

Was ist passiert?

Das IT-Systemhaus hat Geräte der Informationstechnik, also bspw. Bildschirme, Mäuse, Drucker, Notebooks, Festplatten, Router, Firewalls, etc., an seine Kunden, in der Regel gewerbliche Endnutzer, verkauft. Laut Gesamtmarktbetrachtung sind die Verkaufsverpackungen all dieser Produkte systembeteiligungspflichtig. Das heißt, derjenige, der als Hersteller dafür definiert wird, muss sich entsprechend registrieren und die Verpackungen an einem System beteiligen. Je nach Bezugsweg ist hier das IT-Systemhaus bereits in der Verantwortung. Darüber hinaus sind auch die Versandverpackungen dieser Produkte systembeteiligungspflichtig. Sofern das IT-Systemhaus die Produkte also an die Kunden versendet, besteht mindestens hierfür ebenfalls eine Verpflichtung.

Im Fallbericht wurden diese Anforderungen nicht rechtskonform erfüllt.

Eine Registrierung als Hersteller ist bspw. erst erfolgt, als die ZSVR das IT-Systemhaus auf das gesetzeswidrige Unterlassen hingewiesen hat. Entsprechend ist auch die Systembeteiligung erst in diesem Zuge nachgeholt worden.

Was sind die Folgen?

Zunächst einmal wurde gegen die Registrierungs- und Systembeteiligungspflicht verstoßen. In diesem Zusammenhang bestand ein Vertriebsverbot. Diese drei Punkte gelten als bußgeldbewehrte Verstöße mit einem maximalen Strafmaß von bis zu 200.000 € pro Einzelfall.

Die ZSVR hat in dem Fall die zuständige Landesvollzugsbehörde darüber informiert, dass konkrete Anhaltspunkte für die Begehung von Ordnungswidrigkeiten vorliegen. Mögliche Folgen solcher Ordnungswidrigkeiten sind u. a. die Ahndung durch die angesprochenen Bußgelder, aber auch eine Gewinnabschöpfung sowie die Überwachung der Pflicht zur nachträglichen Systembeteiligung für zurückliegende Zeiträume.

Soweit die Registrierung und die Systembeteiligung je Gesellschaft noch nicht vollständig vorgenommen wurden, gilt zusätzlich kraft Gesetzes ein Vertriebsverbot hinsichtlich der systembeteiligungspflichtigen Verpackungen.

So, und nun spannen wir den Bogen etwas weiter:

Was heißt das denn?

Das heißt, der Fallbericht betrachtet ein IT-Systemhaus bzw., branchenunabhängig, ein Handelshaus, das für Produktverpackungen eine Herstellerverantwortung zu tragen hat.

Wenn wir dabei konkret in das Verpackungsgesetz schauen, dann sehen wir Folgendes:

Ich bin unter anderem dann Hersteller von systembeteiligungspflichtigen „Verkaufsverpackungen“, wenn ich diese aus irgendeinem anderen Land der Welt importiere (egal woher!) und ich bei Grenzübergang die rechtliche Verantwortung für die Ware trage. Das macht mich zum Hersteller im Sinne des Verpackungsgesetzes.

Es wurde kein Alt-Text für dieses Bild angegeben.

Und in dem beschriebenen Fall gehe ich, neben der Nutzung von Versandverpackungen, insbesondere eben von diesem Importfall aus, da wir sehr wahrscheinlich von Fremd- bzw. Handelswaren und nicht von Eigenmarken des IT-Systemhauses reden. 

Mit diesem Blickwinkel schauen wir nun ergänzend auf das ElektroG und das BattG.

Wenn ich schließlich Hersteller für die Verpackungen bin, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich darüber hinaus als Hersteller für die Elektro- und Elektronikgeräte und Batterien definiert werde, noch einmal deutlich höher.

Warum?

Weil die gesetzliche Definition in diesen Fällen vorsieht, dass derjenige, der in dem Land niedergelassen ist und die Produkte zum Weitervertrieb importiert, die Herstellerverantwortung dafür trägt.

(Ausnahme: Der Zulieferer übernimmt die Verpflichtung freiwillig.)

In vielen Fällen bedeutet das also:

Ich bin nicht nur Hersteller von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen, sondern ich bin tatsächlich auch Hersteller von Elektro- und Elektronikgeräten und Batterien/Akkumulatoren - mit all den Verpflichtungen, die damit einhergehen.

Was bedeutet das ebenfalls?

Wenn ich an Endnutzer in anderen Ländern vertreibe, sollte ich einmal überprüfen, ob ich im Empfängerland mit weiteren Verpflichtungen der EPR konfrontiert werde. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich auch in einem anderen Markt non-compliant agiere, ist ansonsten entsprechend groß.

An dieser Stelle also ein kurzer Appell an alle IT-Systemhäuser bzw. grundsätzlich an alle, die Handel mit entsprechenden Waren betreiben: Überprüfen Sie Ihr Portfolio, die Zulieferer bzw. Supply Chain (➡ auch die inländischen Zulieferer: Stichwort "Herstellerfiktion") und unter anderem auf dieser Basis auch die Verpflichtungslage.

Wenn Sie dabei Unterstützung benötigen, dann kommen Sie gerne auf uns zu und buchen Sie bspw. einen Termin für ein kostenloses Kennenlerngespräch.

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