Feedback oder ohne Wahrheit stirbt die Beziehung …
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Feedback oder ohne Wahrheit stirbt die Beziehung …

Feedback ist wichtig …nicht nur in Organisationen und Unternehmen. Diverse Du-Perspektiven (im „Buberschen“ Sinne) erweitern und vertiefen die Sicht auf´s jeweilige „Ich“. Aber eine Frage, die ich u.a. mit Feedback verbinde, ist die der Wahrhaftigkeit. Die Frage dazu: Wie sehr beeinflusst ein taktvoller Umgang miteinander den Wert von Feedbackprozessen? Wie radikal dürfen bzw. sollen Feedbacks sein?

Ausgesprochen radikal ist die Feedbackkultur bei Netflix. Hier wird das übliche 360-Grad-Feedback als Instant-Feedback gegeben. Nicht wie üblich anonym, sondern direkt, unaufgefordert und schonungslos – verbunden mit einer Handlungsalternative . Und … der Feedbacknehmende ist verpflichtet, das Gehörte als wertschätzend anzunehmen, sorgsam zu überprüfen und ggf. an dem eigenen Verhalten zu arbeiten.

Das kann, muss aber nicht funktionieren. Vielleicht, weil es u.a. die Selbstdarstellung, das Rollenverhalten innerhalb der Organisation maßgeblich beeinflusst. Den meisten Menschen ist daran gelegen, vor sich selbst und anderen ein positives Selbstbild zu bewahren. Quasi das Gesicht zu bewahren…

Die dazugehörigen „Schmiermittel“ für gelingende Beziehungen sind vielleicht Höflichkeit und Takt. Wobei Takt die Höflichkeit überragt. Neulich habe ich irgendwo eine schöne Erklärung gelesen, die den Unterschied von Höflichkeit und Takt verdeutlicht:

Ein Mann irrt sich in einem öffentlichen Schwimmbad in der Tür zu den Duschen und betritt unabsichtlich statt der Herrendusche die Damendusche. Er sieht eine hübsche junge Frau völlig nackt duschen. Natürlich dreht er sich sofort um und tritt den Rückweg nach draußen an. Höflich ist er, wenn er im Umdrehen sagt: „Entschuldigen Sie bitte, meine Dame“. Taktvoll ist er, wenn er im Umdrehen sagt: „Entschuldigen Sie bitte, mein Herr“.

Taktvolle Menschen versetzen sich in ihr Gegenüber und versuchen, ihr oder ihm unangenehme Gefühle, insbesondere Beschämung, so weit als möglich zu ersparen. Im Sinne von: Nicht nur der Mensch macht den Menschen aus. Sondern auch der Raum, den Menschen zwischen sich gestalten.

Der Soziologie Niklas Luhmann sprach davon, dass nicht Tatsachen, sondern nur Mitteilungen jemanden verwunden können. Taktvoll zu kommunizieren oder Feedback zu geben ist quasi die Kompetenz, doppelgleisig zu kommunizieren. Mit Takt kann man gleichzeitig einen Veränderungswunsch platzieren und  das Selbstbild des Gegenübers wahren. So betrachtet schützt Takt das „soziale Gewebe“ und sichert die Fortführung von Kommunikation und Kooperation. Feedback lässt sich so in eine überaus produktive Form bringen, die Akzeptanz und die Übernahme von Verantwortung erhöht …

Als Fazit: Wem „Tacheles reden“ mehr liegt, dem sei noch einmal Luhmann ans Herz gelegt: „Ich habe immer wieder versucht, an den Grenzen der Taktlosigkeit zu experimentieren, es zahlt sich nicht aus.“

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