Festgeld oder Sachwert?
Eines ist derzeit sicher beim Thema Vermögensaufbau: Wer nichts tut, tut das Falsche. Denn die Inflation frisst das Geld so schnell auf wie seit Jahren nicht. Viele stehen vor der Entscheidung: Festgeld oder Sachwerte? Es lohnt sich jetzt ein Blick auf aktuelle Entwicklungen und über den Tellerrand der rein finanziellen Rendite hinaus.
Am 4. Mai 2023 hat die Europäische Zentralbank den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 3,75 Prozent angehoben. Auch die Guthabenzinsen sind in den zurückliegenden Monaten gestiegen, auf bis zu drei Prozent und mehr pro Jahr für Festgeld. Trotzdem verliert der Euro immer weiter an Kaufkraft. Denn die Inflationsrate belief sich im April 2023 laut Statistischem Bundesamt nach wie vor auf hohen 7,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat und im Mai 2023 waren es immer noch sehr hohe 6,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Zwar ging die Inflationsrate zurück von 8,7 Prozent im Februar und 7,4 Prozent im März, doch ob sich dieser Rückgang fortsetzen wird und falls ja, wie weit, weiß derzeit niemand. Ausserdem sollte jeder seinen eigenen "Warenkorb" betrachten und dadurch seine eigene Inflation errechnen.
Sicherer Hafen Festgeld? Mit Sicherheit Verlust
Sicher ist, dass der Realzins – der Sparzins abzüglich Inflationsrate – deutlich im roten Bereich rangiert. Und wie geht es weiter? Wie schnell sich heute die Welt der Zinsen zum Guten wie zum Schlechten verändern kann, zeigt der Blick auf den Europäischen Leitzins bis Mitte 2022. Vor nicht einmal einem Jahr lag dieser bei minus 0,5 Prozent und die Sparzinsen auch auf Festgeld waren in der Regel gleich Null. Mit der drastischen und extrem schnellen Anhebung des Leitzinses hat die EZB zwar auf die sprunghaft gestiegene Inflation geantwortet, geht jedoch damit das Risiko ein, die europäische Konjunktur auszubremsen. So gehen die Prognosen der Fed-Funds-Future zunächst von einer behutsamen Anhebung des Leitzinses im Laufe der kommenden Monate aus – rechnen aber bereits mit erneuten Senkungen ab 2024 bis 2025.
Hoffnung ruht auf einer Abschwächung der Inflation, nur: Wird diese kommen? Es ist aktuell nicht abzusehen, ob und wann Sparvermögen wieder aus der andauernden Verlustzone herauskommen. Auch kann es bei möglicherweise steigenden Zinsen jetzt zu früh sein, sich mit Festgeld festzulegen. „Auch wenn ‚Festgeld‘ nach einer sicheren Sache klingt, ist daran vor allem eines sicher: ein Vermögensverlust, der sich derzeit mit einem negativen Realzins von über vier Prozent klar beziffern lässt“, sagt Werner Braun, Senior Director Retail Funding von hep und seit rund drei Jahrzehnten Experte für Vermögensanlagen. „Festgeld kann das Abschmelzen von Vermögen abbremsen, ist jedoch aktuell nicht in der Lage, Vermögen aufzubauen.“
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Sachwerte können hohe Inflation ausgleichen
Bei Investitionen in Sachwerte, wie der Name bereits sagt, stehen dem investierten Kapital reale Werte gegenüber. Die Bandbreite ist dabei groß und reicht von Aktien, Investmentfonds, AIF und ETFs über Gold und Rohstoffe bis hin zu Immobilien und auch Kunstwerken oder Sammlerstücken. So breit gestreut die Möglichkeiten, so verschieden sind Renditen und Risiken zu bewerten. Während beim risikoarmen Festgeld der Vermögensverlust in Kauf genommen wird, öffnen mit Bedacht gewählte Sachwertanlagen, die über ein akzeptables Rendite-Risiko-Verhältnis verfügen, gute Chancen, die Inflation mittel- bis langfristig mindestens auszugleichen.
„Unerfahrenen Anlegern und solchen, die nicht gleich Finanzexperten werden wollen, um ihr Vermögen gewinnbringend anzulegen, rate ich, eine Anlage zu wählen, die von Experten gemanagt wird“, erklärt Braun. „Letztendlich rücken dann vor allem Fonds mit Sachwerten in den Fokus.“ Auch bei den über Jahren als sichere Bank in Sachen Vermögensaufbau geltenden Immobilien ist längst nichts mehr so sicher wie es einmal war. Denn die Zeiten von niedrigen Bauzinsen sind vorbei. Lagen diese über Jahre bei rund einem Prozent, so sind sie innerhalb kürzester Zeit auf aktuell 4 bis 4,5 Prozent pro Jahr geklettert. Tendenz steigend? Was also tun?
Eine breite Mischung aus börsenabhängigen sowie börsenunabhängigen Sachwertbeteiligungen ist im mittel- bis langfristigen Anlagebereich die gewinnbringende Alternative gegenüber Festgeld oder anderen Geldwertanlagen.
Quellen: Statistisches Bundesamt, Verbraucherzentrale NRW, hep, Finanztip, Stiftung Warentest