Gedanken im Stau
Was sich unter dem Hut – manchmal – so alles tut
(oder eben auch nicht)
Von Schreibblockaden hatte früher mal (als der Autor noch selber schreiben durfte und seine Tätigkeit nicht sine qua non der allgegenwärtigen Software zugefallen war) jeder gehört. Von Denkblockaden ebenfalls. Doch wie lässt sich ein vernünftiger Gedanke fassen, wenn die Gedanken allesamt ja so irgendwie unvernünftig im Stau stecken? Herumlungern. Durchs anschauliche Kräftefeld der Einbildungskraft latschen.
Getting an idea. Fathoming a notion. Grasping a thought. Letting it sync in. A stroke of luck. One roll of the dice.
Nimmt sich einer was vor, so tritt es dann nicht immer tatsächlich auch dergestalt ein, wie man es sich vorgenommen hatte. "Ja, mach nur einen Plan. Sei nur ein großes Licht. Und mach dann noch nen zweiten Plan. Gehn tun sie beide nicht." (Bert Brecht, Das Lied von der Unzulänglichkeit)
Ob wir nun einen Gedanken hegen oder ob uns ein Gedanke weidet, es bleibe dabei. Die Gedanken san a bisserl frei und a bisserl unfrei. Je nachdem.
"O mei! Kann ma nix mochn." Der Kaiser hat recht.
Inception. Deception. The action. Der freie Wille als Illusion, als Konglomerat. Wird einem was eingetrichtert, so meint man oft, man sei selbst darauf gekommen. Der Wille zur Macht? Relativ. Die Welt als Vorstellung? Eine Sache der Definition. Denn dass irgendwann nix mehr da ist, wenn man nur tief genug ins Innerste des Seins vordringt, haben gewiefte Quantenphysiker längst in den Raum gestellt: in einen Raum, den es freilich streng genommen nicht gibt, nicht geben kann, ja nie so hätte geben können, wie wir ihn uns intuitiv (also in seiner dreidimensionalen Gegebenheit) vorzustellen meinen.
Und eins dürften ja an sich nicht einmal die schlauesten Schlaumeier mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit je eruieren können : ist es Prometheus' aufklärerisches Feuer, ist es das biblische Fegefeuer, ist Pandoras Box?
Ist Pandora die Hex oder eine aufklärende Fee der "Demokratieförderung"? Gilt Stifters Stilles Gesetz noch? Hat es je gegolten? Macht die in einer Eisblume festgehaltene, fest veranschaulichte Lebendigkeit des Seienden eine authentische Phänomenologie aus?
And ... thinking outside the box: that still a thing?
Und ein Raum, der nicht räumlich ist, sprengt den Rahmen des Definierbaren. Und eine Zeit, die nicht fließt? Ja die fließt nirgendwo hin. Kant! Komm her! Du sollst herkommen! Hast du ne g'heat? Und der Goethe soll a kommen. Aber a bisserl dalli, bitte.
Schnappschuss: stuck in traffic
Stadtbild. Rush hour. Nehmen wir mal an, dies sei der Kopf. Und nehmen wir mal an, es tue sich was im Kopf. Mal sausen die Gedanken nur so von Synapse zu Synapse, mal taumeln sie, mal stecken sie im Stau, mal scheinen die ihnen mutmaßlich zugrundeliegenden Synapsen nicht voll und ganz aufblitzen zu können.
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Denn es fehlt an Strom. An Energie. An materiellem Substrat. An Urtümlichkeit.
Licht sparen! Der Kaiser ist g'storben.
Mal ergeben sie einen Sinn, mal ist, so will's jedenfalls aussehen, nicht viel drin. Unsere Gedanken. Ihr Reich? Weitgehend nicht erkundet.
Tja, und als ich mir vor ein paar wenigen Wochen die Frage stellte, was denn eigentlich noch im Kopf sein könne, wenn nichts mehr im Kopf sei, kam ich irgendwann mal darauf, dass der Kopf ja oft genug eigentlich gar nicht leer ist, sondern –
Gedanken im Stau? Wow!
Eine Art Leichenstarre. Aber für Gedanken. Also sagen wir für Neuronen. Wie als gebe es eine Instanz, die den Strom ausschaltet oder die Zufuhr von Astrozyten sperrt, die die Neutronen mit Energie versorgen. Wie als ob es tausend Stäbe gebe.
Und dann ruft ein jedweder Gedanke seine Frau an und jammert: "O mei! I steck im Stau!
Und seine Frau, die g'schätzte Gedanken-Frau, meint: "Passt scho."
Oans wissn ma scho lange. Das Jetzt ist eine Illusion – oder doch jedenfalls eine Konvention, also sagen wir mal something that’s not quite real or not quite there, um es mit dem kanadischen Dichter und Musiker Leonard Cohen zu sagen. Zu singen. Anklingen – und dan eben auch bald wieder verklingen – zu lassen.
Denn ein jedwedes Mal, da sich einer daran macht, dem Augenblicke zu sagen, dass er so schön sie, greift die Vergangenheit in die Zukunft.
Oder greift die Zukunft in die Vergangenheit? Hegen wir Gedanken oder werden wir von den Gedanken geweidet? We may never know.
Das Ich mache ja übrigens, so mein Über-Ich, ebenfalls eine Illusion aus. Und das Info-Ding an sich.
Der Gedanke. Die Idee. Der Einfall.
Auf jeden Fall lassen wir uns aber im Deutschen einen Gedanken (bzw. "etwas") einfallen, wohingegen es im Englischen etwa “We’ll figure something out” oder “We’ll think of something"oder "I've got an idea" heißt.
Ein Tanz von Kraft um eine Mitte. Rilke.
Toronto Correspondent, Language Acquisition, Translation and Localization Professional
10 MonateDer Gedanke. Die Idee. Der Einfall. Auf jeden Fall lassen wir uns im Deutschen einen Gedanken (bzw. "etwas") einfallen, wohingegen es im Englischen etwa “We’ll figure something out” oder “We’ll think of something"oder "I've got an idea" heißt. Ein Tanz von Kraft um eine Mitte. Rilke.
Toronto Correspondent, Language Acquisition, Translation and Localization Professional
10 MonateGebt mir Luft, dass ich atmen kann! Speist mir Infos zu, dass ich mir ein Bild machen kann, ein haltbares Bild. Ein absolut zumutbares, ja das bestmögliche Bild von dieser Welt, die wie unser nennen.
Toronto Correspondent, Language Acquisition, Translation and Localization Professional
10 MonateGetting an idea. Fathoming a notion. Grasping a thought. Letting it sync in. A stroke of luck. One roll of the dice. Und wenn es uns glückt, und wenn es sich schickt, so sind es Gedanken! (Faust I, Hexenküche)