Gefährliche Verwechslung: Immer mehr Autounfälle durch falsches Bedienen der Pedale
Besonders ältere Menschen stellt der technologische Wandel beim Auto vor Herausforderungen
Verkehrsunfälle wegen des Verwechselns der Pedale nehmen zu, insbesondere bei älteren Menschen. Dies ist laut Unfallforschern vor allem auf die zunehmende Komplexität und Leistung moderner Fahrzeuge zurückzuführen. Hersteller arbeiten bereits an technischen Lösungen, um die Sicherheit zu erhöhen. Allerdings steigt auch die Zahl der älteren Autofahrer.
Immer mehr Fälle von Kontrollverlust
In Deutschland häufen sich die Fälle von eklatanten Fahrfehlern. So machte im Sommer ein Unfall in Halle, Sachsen-Anhalt, Schlagzeilen, bei dem eine Autofahrerin mit ihrem Pkw Schranke und Absperrung eines Parkhauses durchbrach. Offenbar hatte die 64-Jährige vor der Einfahrt das Gaspedal voll durchgedrückt, statt auf die Bremse zu treten. Das Fahrzeug stürzte vier Stockwerke in die Tiefe, die Fahrerin wurde schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert.
In diesem Fall erinnerte sich die Fahrerin daran, die beiden Pedale verwechselt zu haben. Nicht so bei der Software-Expertin Simone Stolz, die mit ihrem VW ID.3 statt zu bremsen auf den Vordermann und dann auf zwei weitere Fahrzeuge auffuhr. „Ich habe noch versucht zu bremsen, aber ich war machtlos“, sagte Stolz spiegel.de. Sie vermutet, dass der Fahrassistent für die ungewollte Beschleunigung verantwortlich war.
Bröckelnde Alterspyramide erhöht Unfallgefahr
Experten sehen in solchen Vorfällen einen besorgniserregenden Trend, bei dem das Alter eine bedeutende Rolle spielt. Laut Kirstin Zeidler, Leiterin der Unfallforschung der Versicherer (UDV), verwechseln zwar auch jüngere Autofahrer gelegentlich die Pedale, ab 75 Jahren sei die auf einen Fahrfehler folgende Reaktionsgeschwindigkeit aber deutlich geringer:
„Die kognitiven Fähigkeiten schwinden sukzessive“, so Zeidler. Und damit erhöhe sich auch die Zahl der schweren Unfälle, die aufgrund des demografischen Wandels weiter zunehmen werden.
Alte Fahrer und moderne Fahrzeuge
Der Unfallcocktail hat aber mehr als eine Zutat: Eine immer ältere Gesellschaft sieht sich gleichzeitig mit immer komplexeren Fahrzeugen und Bedienungen konfrontiert, der „Smartphonisierung“ des Autos, wie es auf spiegel.de heißt. Die wachsende Zahl an (digitalen) Schaltern, Apps, Updates und Funktionen im Cockpit kann Autofahrer verunsichern.
Darüber hinaus trägt die Entwicklung hin zu kleineren Schalthebeln und der engen Anordnung der Fahrstufen in Automatikfahrzeugen dazu bei, die Wahrscheinlichkeit von Fehlbedienungen zu erhöhen. Generell sind heute weniger Fahrzeuge mit manuellem Schaltgetriebe unterwegs, und das automatische Kuppeln erleichtert das explosive Beschleunigen aus dem Stand.
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Apropos Explosivität: Auch die Leistung moderner Automotoren ist eine andere als noch vor wenigen Jahrzehnten. Trat man früher das Gaspedal durch, hob das Kfz nicht gleich ab: „Heute haben viele Autos 200 PS und mehr. Gerade Elektroautos beschleunigen so stark, dass viele mit dieser Leistung überfordert sind“, sagt der Berliner Kfz-Sachverständige Roberto Galifi.
Im Gegensatz zum Verbrenner liegt das Drehmoment beim Elektroauto sofort an, wenn das Pedal gedrückt wird. Eine Verwechslung kann hier dramatische Folgen nach sich ziehen.
Hersteller arbeiten an Lösungen
Die Reaktion der Hersteller zeigt, dass Fehlbedienungen und Verwechslungen der Pedale keine Einzelfälle sind. Denn nach Informationen von spiegel.de arbeiten die Autobauer rund um den Globus bereits an Lösungen, die eine Fehlbedienung des Gas- oder Fahrpedals verhindern sollen. Hierzu soll ein sogenannter Notfahrassistent zum Einsatz kommen.
In Japan wird dieser bereits von Herstellern wie Toyota oder Nissan installiert und gegenwärtig auf Straßentauglichkeit geprüft. Fragt sich nur, wie der nächste Assistent heißt, der die Risiken und Gefahren des vorherigen korrigieren soll.
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Quelle: spiegel.de