Gehaltserhöhungen, The Great Resignation & hybrides Arbeiten: Auswirkungen auf Unternehmen & Führungskräfte | Inhouse – Rechtsmarkt 2022 (1)

"The Team (with the best players) wins"

Ein funktionierendes Team zusammenzuhalten & remote effektiv führen zu können, ist essentiell - und nach wie vor eine der größten Herausforderungen auch (oder erst-recht) nach zwei Jahren Pandemie.

Headcount allein bringt jedoch keine Ergebnisse.

Aus eigener Erfahrung werden Sie sicherlich zustimmen, dass die beste Leistung nur dann dauerhaft abgerufen werden kann, wenn Sie Teil eines stabilen Umfeldes sind, in dem Sie sich gerne befinden, sich einbringen können und wertgeschätzt werden.

Und genau hier liegt das zentrale Problem!

Statistisch ist es ziemlich wahrscheinlich, dass sich Ihre Teammitglieder bei passender Gelegenheit bald anderen Unternehmen anschließen und Sie diese Lücke in ihrem Team angesichts der Marktlage schwierig(er) schließen werden können.

"Great Resignation"?

Der Begriff „The Great Resignation“ beschreibt das Phänomen, dass die COVID-19-Pandemie viele dazu veranlasst, ihre berufliche Laufbahn, die Arbeitsbedingungen und ihre langfristigen Ziele zu überdenken. Viele streben z.B. eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie an oder priorisieren die Karriere nicht mehr.

Aktuelle Unzufriedenheit & Wechselbereitschaft auch bei Juristen

Das Gute: Von einer (proaktiven) Kündigungswelle („The Big Quit“) ist in unserer Profession nicht auszugehen.

Aber: Laut Gallup Engagement Index und anderen Quellen ist die Wechselbereitschaft & Unzufriedenheit so hoch wie nie zuvor. Branchenübergreifend möchte rund jeder Dritte seinen aktuellen Arbeitgeber verlassen. Dass diese Zahlen ein guter Indikator auch für den Rechtsmarkt sind, bestätigen auch die Umfrage unter 3.200 Teilnehmern von Azur-Online (JUVE) sowie weitere Quellen. Danach wollen fast 30% der Anwälte & Juristen in 2022 wechseln.

Entfremdung mit Company & Team

Bei der Zusammenschau der Studien kristallisieren sich die Gründe dafür heraus. Mein Inhouse-Team und ich führen naturgemäß eine Vielzahl von vertraulichen Gesprächen mit Ihrer Peer Group & Ihren (potentiellen) Teamkollegen, welche die Ergebnisse ebenfalls bestätigen.

Ein Hauptfaktor für die Unzufriedenheit und die Wechselbereitschaft ist die Entfremdung mit dem Team, den Kollegen aus anderen Fachbereichen – durch remote-work distanzieren sich viele wortwörtlich von dem Unternehmen und den Kollegen.

Die echte Verbundenheit durch das tägliche & reale Miteinander scheint zu fehlen. Wenn es beim aktuellen Arbeitgeber nicht ideal ist oder ein anderes Setup verlockender erscheint, ist die Bereitschaft zu gehen besonders hoch. Vielleicht könnte man auch sagen: Durch remote work hat die Loyalität bzw. der Teamspirit spürbar abgenommen.

Inhouse-Wettbewerbsnachteil: Gehaltserhöhungen & New Work:

Unterschätzen Sie in Ihrem eigenen Interesse daher bitte nicht, dass es immer schwieriger wird, gute Kollegen zu halten - respektive zu ersetzen.

Unternehmen kämpfen im Rahmen der Rekrutierung vor allem mit zwei Entwicklungen:

1.   Umdenken, neue Karrieremodelle und mehr Flexibilität

Viele Arbeitgeber ermöglichen neue Arbeitsmodelle mit hoher Flexibilität, so dass individuellen Ansprüchen entsprochen wird. Mehr denn je.

Das verstaubte Bild, dass Top-Anwälte regelmäßig Nächte und Wochenenden durcharbeiten und auf ihren Urlaub verzichten, entspricht schon lange nicht mehr der Realität. (Ja, das gibt es noch – ist aber nicht der Regelfall).

Auch viele Kanzleien bieten neuerdings alternative Karrieretracks, manche bieten einen festen freien Nachmittag (4,5-Tagewoche bei voller Vergütung), Auslandsaufenthalte, bezahlte Sabbaticals etc..

2.   Massive Gehaltserhöhungen in Kanzleien

Viele Kanzleien haben die (ohnehin schon hohen) Gehälter zuletzt massiv angehoben – bis zu 40%! Dies gilt übrigens nicht nur für Berufseinsteiger, sondern auf allen Senioritätsstufen.

Die wenigsten Unternehmen werden hier adäquat kontern können.

Dies hat zur Folge, dass der Wechsel aus einer Kanzlei nicht wie bislang einen erheblichen finanziellen Rückschritt bedeutet – das Gap wird so groß, dass es für viele Kandidaten einfach zu unattraktiv wird. Erst recht, wenn der Verdienstausfall nicht mehr durch vermeintlich bessere Arbeitszeiten aufgewogen werden kann.

Das alte Narrativ zieht nicht mehr!

Wie gesagt, es gibt Kanzleien (und Unternehmen) mit radikal neuen Ansätzen und Strukturen. Das alte, pauschale Narrativ einer besseren Work-Life-Balance in einem Unternehmen & mehr Planbarkeit gegenüber der Tätigkeit in einer Kanzlei zieht nicht mehr.

Unternehmen und Hiring Manager müssen daher mehr denn je Lösungen anbieten, um im Wettlauf ihr Team zu halten sowie die besten Juristen, Steuer- & Compliance-Experten zu gewinnen, um perspektivisch nicht unterzugehen. Das gute ist: Es ist auch weiterhin möglich, wenn man weiß wie & bereit ist neue Wege zu gehen. Aber Inhouse steht unter Zugzwang.

Ihre Meinung bzw. Erfahrungen zu den aufgeworfenen Themen würden mich interessieren. Kommentieren Sie oder schreiben Sie mir eine private Nachricht, um sich auszutauschen. Ich würde mich freuen!