Geschäftsmodelle unter Druck
Einige Unternehmen sind durch die aktuelle COVID-19-Situation mehr, andere wiederrum weniger betroffen. Die Medien berichten vermehrt über leerstehende Hotels, am Boden bleibende Flugzeuge und leere Theater und Kinos.
Eine interessante Publikation zu dem Thema liefert die amerikanische Unternehmensberatung McKinsey & Company. Unter anderem werden die unterschiedlichen Branchen und die Auswirkung der Corona-Krise auf die jeweiligen Branchen untersucht (siehe Abbildung).
Geschäftsmodelle - Mensch im Fokus
Interessant sind vor allem die strukturell sehr stark betroffenen Branchen. Die größten Auswirkungen spürt vor allem der Kunst- und Unterhaltungssektor, der Luftverkehr und die Hotellerie und Gastronomie. Diese Geschäftsmodelle zielen darauf ab, dass sich Menschen bewegen, versammeln oder physisch vor Ort konsumieren müssen. Hinzu kommt, dass der Konsum der Produkte und Dienstleistungen dieser Branche nicht überlebensnotwendig für die Gesellschaft ist.
Durch die COVID-19-Situation suchen die Unternehmen und Einrichtungen neue Wege und Möglichkeiten ihre Wertschöpfung auch digital und virtuell zu erbringen. Mittlerweile findet man virtuelle Führungen in Museen, aktuelle Kinofilme auf Amazon und viele weitere Möglichkeiten auch digital dem Kunden einen Mehrwert zu bieten. Auch Lieferdienste und virtuelle Weinproben florieren in Zeiten der Corona-Krise.
Kurzum: Die Corona-Krise schafft für Sektoren, bei denen die physische Anwesenheit oder die Bewegung des Menschen den Kern der Wertschöpfung dargestellt hatte, neue Möglichkeiten der Leistungserbringung mit digitalen Mitteln. In diesen Bereichen wird versucht die gleiche Leistung in virtueller Form zu erbringen. Hier wird dank der Corona-Krise die Wertschöpfungskette zunehmends digitalisiert und auch nachhaltig verändert.
Geschäftsmodelle - Hochstandardisierte Prozesse / Massenfertigung
Auf der anderen Seite zeigt die McKinsey-Studie, dass vor allem Sektoren mit hochstandardisierten und stark vernetzten Prozessen einer neuen strukturellen Herausforderung gegenüberstehen. Arbeitsabläufe, die auf große Losgrößen ausgelegt sind verfügen meist noch nicht über die notwendige Flexibilität, solche Umwelteinflüsse schnell abzufedern und deren Wertstrom kurzfristig anzupassen.
Eine Herausforderung ist hier vor allem, dass die prozessuale Situation nur sehr langsam auf eine Änderung des Bedarfes reagieren kann und perspektivisch notwendige Flexibilität in den Wertstrom gebracht werden müsste. Die Geschwindigkeit der Datenbeschaffung wird für ein Unternehmen zunehmend wichtiger, um auf Basis dieser Daten weitreichende und schnelle Entscheidungen treffen zu können.
Mit einem Kurswechsel passen sich Unternehmensprozesse an. Diese Arbeitsabläufe werden von entsprechenden Systemen unterstützt (ERP-, MES-, PLM-System, uvm.). Ein Unternehmen des 21. Jahrhunderts müsste somit auf Marktdynamiken schneller mit Anpassungen der Prozesse und Systeme reagieren können (siehe Abbildung).
Hierbei wird der Drang immer größer, Systeme dynamischer und wesentlich flexibler zu gestalten. Erfahrungsgemäß versuchen Unternehmen zunehmend auf bestehende Systeme aufzubauen und in diese immer mehr Fachlichkeit zu integrieren, da der Kunde davon ausgeht, hiermit Kosten einzusparen. Leider steigen mit zunehmender Systemgröße die Interdependenzen innerhalb des Systems und somit auch die Entwicklungs- und Anpassungskosten. Abgesehen davon sinkt meist die Akzeptanz des Systems bei den Mitarbeitern, da die Technologien meist schon mehrere Jahre alt sind.
Auch konfigurierbare Lösungen schaffen eine immense Systemabhängigkeit. Oft hört man in der Praxis von immensen Umstellungskosten. Konfigurierbare Systeme haben eine Größe erreicht, welche es dem Unternehmen zunehmends schwieriger macht auf Umwelteinflüsse schnell reagieren zu können.
Bei prozessualen Änderungen steht das Unternehmen dann meist vor riesigen monolithischen Systemen und versucht diese mit aller Kraft anzupassen. Immer deutlicher kristallisiert sich hierbei heraus, dass Systeme die notwendige Dynamik erhalten, wenn diese klein und klar voneinander abgegrenzt werden (modular).
Diese Modularität findet sich zum Beispiel auch auf mobilen Endgeräten. Für jeden fachlichen Arbeitsschritt werden eigenständige Applikationen (kurz: Apps) verwendet, welche dem Nutzer beim Einkaufen, Joggen, Lesen von Nachrichten oder Kommunikation unterstütz. Diese Vielzahl an fachlichen Apps nutzen aber auf dem Endgerät bestimmte Standards wie z.b. die zentralen Benachrichtigungen, Bluetooth-Funktion oder das GPS-Signal.
Eine modulare Systemarchitektur kann hierbei klar in essentielle "Systemmodule" und prozessfokussierte "Fachmodule" getrennt werden. Die Systemmodule enthalten systemrelevante Komponenten wie eine Benutzer-/Rechteverwaltung oder Statistiken. Auf der anderen Seite werden Fachmodule in diese Systemarchitektur integriert und soweit "autonomisiert", dass sie schnell und einfach ersetzt werden können. Im Falle von tiefgreifenden, prozessualen Änderungen ist es nachfolgend möglich alte Fachmodule zu exkludieren und/oder um neue zu erweitern. Wichtig hierbei ist der penetrante Drang die Fachlichkeit so klein wie möglich zu halten und bei steigendem Bedarf lieber ein weiteres Fachmodul zu entwickeln.
Fazit/Zusammenfassung:
Viele Sektoren sind aktuell von der Corona-Krise betroffen. Die einen müssen durch den physischen Faktor Mensch ihr Geschäftsmodell anpassen und Lösungen finden, welche den gleichen Bedarf in digitalisierter Form lösen. Auf der anderen Seite existieren hochstandardisierte Unternehmen, die zunehmend flexibler auf dynamische Veränderungen des Marktes reagieren müssen. Dieser ständige Wandel des Bedarfs forciert eine dynamische Gestaltung der Prozess- und Systemlandschaft der Unternehmen.