Gesellschaftsrecht — derecho societario
Consejo de administración — Verwaltungsrat
Es mag überraschen, dass dieses Gesellschaftsorgan kein Pendant im deutschen Rechtssystem hat und bei der Übersetzung einer Wortneuschöpfung bedarf. Eine Übersetzung mit „Aufsichtsrat” ist grundsätzlich falsch — eine Übersetzung mit „Vorstand” ist nur in Einzelfällen möglich. Hintergrund ist, dass die deutsche und die spanische Gesellschaftsverfassung grundsätzlich anders aufgestellt sind.
Im Einzelnen:
Im deutschen Gesellschaftsrecht herrscht das sog. „dualistische System”, in dem die Funktionen der Geschäftsleitung und der Überwachung institutionell voneinander getrennt sind. Daher sieht das deutsche Aktienrecht vor, dass Aktiengesellschaften über einen Vorstand (§ 76 ff. AktG) und über einen Aufsichtsrat (§§ 95 ff. AktG) verfügen. Aufgabe des Vorstandes ist es, die Gesellschaft zu leiten, bzw. ihre Geschäfte zu führen und die Gesellschaft zu vertreten. Aufgabe des Aufsichtsrates ist es, die Geschäftsführung durch den Vorstand zu überwachen. Um Interessenskonflikte zu vermeiden, dürfen Mitglieder des Vorstands nicht Mitglieder im Aufsichtsrat sein (§ 105 AktG) und umgekehrt dürfen Maßnahmen der Geschäftsführung auch nicht dem Aufsichtsrat übertragen werden (§ 111 AktG).
Im spanischen Gesellschaftsrecht herrscht im Gegensatz dazu das „monistische System”, das nur ein Kernorgan für Kapitalgesellschaften kennt, den sog. „consejo de administración” (fortan: CA). Dieses Organ ist ein bisschen so etwas wie ein Alleskönner. Je nach Größe der Gesellschaft kann der CA die Geschäftsführung selbst wahrnehmen, oder einen oder mehrere Geschäftsführer („administradores”, „consejeros delegados”) ernennen, oder sogar ein eigens betrautes kollegiales Geschäftsführungsorgan (etwa die „comisión ejecutiva”) bestellen. Der CA hat dabei weitgehende Freiheit, wie er den Vorstand organisch ausgestaltet. Auch über die Reichweite der eingeräumten Befugnisse an den jeweiligen Geschäftsführer bzw. das Geschäftsleitungsorgan kann jede Gesellschaft individuell entscheiden. Ein gesetzlich vordefiniertes, für alle Aktiengesellschaften geltendes Geschäftsleitungsorgan (wie den Vorstand), gibt es nicht. Rechtstechnisch ist die Bestellung von Geschäftsführern bzw. von Geschäftsleitungsorganen so ausgestaltet, dass diesen mit notariellem Rechtsgeschäft eine Vollmacht eingeräumt wird. Wohlgemerkt, die Befugnisse liegen beim CA, der diese lediglich überträgt („delegación”). Ähnlich verhält es sich mit dem Aufsichtsrat. Ein internes Organ zur Überwachung der Geschäftsführung kennt das Gesetz nur für börsennotierte Aktiengesellschaften — und hier nur in der Form der „comisión de auditoria” (Art. 529 terdecies LSC). Dabei handelt es sich um einen „Prüfungsausschuss”, der aus der Mitte des CA bestellt wird und personell mit diesem vermischt ist. Eine organische Trennung, bzw. Unabhängigkeit — zwischen dem Aufsichtsführer und dem Beaufsichtigten — gibt es daher nur bedingt.
Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass es sich bei dem spanischen „consejo de administración” um eine Art „Stammzelle” der spanischen Gesellschaftsorgane handelt, die Befugnisse des Vorstands und des Aufsichtsrats in sich vereint und spezialiserte „Zellen” ausbilden kann. Eine Identität mit dem Vorstand bzw. dem Aufsichtsrat besteht nicht.
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Boutique-Übersetzungen im deutsch-spanischen Rechtsverkehr
1 JahrZur Problematik der Vertretungsbefugnis spanischer Geschäftsführer via Vollmacht, empfehle ich folgenden Artikel von Jose Ignacio Goicoechea Pérez: https://lex.ahk.es/de/aktuelles-recht/die-problematik-der-erteilung-von-untervollmachten-geschaeftsbeziehungen
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2 JahreDarüber haben wir uns schon unterhalten, Urs Johannes Jarfe.