Gladiatoren der Unterhaltungsindustrie
Sport ist Unterhaltung. Im alten Rom organisierten Politiker und Adelige Zirkus- und Gladiatorenspiele, mit welchen die Bevölkerung unterhalten wurde. Im übertragenen Sinn sind die Gladiatoren von gestern die Sportler von heute.
Durchkommerzialisierte und zielgruppenspezifische Sportveranstaltungen versuchen die Unterhaltungskomponente über den Sport hinaus auszuweiten. Das Gesamterlebnis steht im Mittelpunkt, nicht mehr ausschliesslich die sportliche Leistung der Protagonisten. Es reicht offenbar nicht mehr aus, sich auf den Sport in seiner reinen Form zu konzentrieren. Die Zuschauer wollen mehr.
Das «Big Air Chur» steht sinnbildlich für diese Entwicklung im professionell organisierten Sport. Dort werden die Veranstaltungsbesucher nicht nur mit Freestyle-Sport der Extraklasse versorgt, sondern können gleichenorts auch Konzerte international renommierter Künstler besuchen. Die grosse Nachfrage und die reichweitenstarke Aufmerksamkeit – nicht nur für den Event an sich, sondern auch für den Standort Chur – deuten darauf hin, dass der gewählte Ansatz funktioniert.
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Ob dies eine erstrebenswerte Entwicklung ist, ist eine völlig andere Frage. Aufzuhalten ist der Trend des «Sportainments» (Sport und Entertainment in Kombination) jedoch nicht. Zumindest nicht für Sportarten, die um öffentliche Aufmerksamkeit kämpfen. Das gilt insbesondere für Randsportarten, deren Existenz auch an das Interesse junger und neuer Zielgruppen geknüpft ist.
Dennoch frage ich mich als aufmerksamer Beobachter des Sports, ob Sportainment auch zu weit getrieben werden kann und so der Sport zur Nebensache verkommt. Der Sport ist auf innovative Ansätze und originelle Ideen angewiesen. Sportveranstaltungen, bei denen der Sport jedoch zu einem von vielen Programmpunkten der kommerzialisierten Unterhaltungsindustrie wird, werden den Spitzenleistungen der Sportler nicht gerecht. Diesen und nur diesen gehört die volle Aufmerksamkeit.
Sportler sind Akteure der Unterhaltungsindustrie. Die Sportkonsumenten können beeinflussen, wie stark die Sportler von dieser in Beschlag genommen werden. Bis zu einem gewissen Grad ergänzen sich reine Unterhaltung und reiner Sport durchaus. Aber irgendwann verkommt die Sportveranstaltung zur Veranstaltung mit Sport. Dies würde den Gladiatoren unserer Zeit nicht gerecht.