Goldener Herbst in schwierigen Zeiten
Im letzten Newsletter habe ich darauf hingewiesen, dass wir uns zwar in einem konjunkturellen Abschwung, aber nicht in einer strukturellen Krise befinden. Das bedeutet, dass wir darauf warten, bis die Konjunktur wieder anzieht – "Survive till 25." Die gute Nachricht: Die übliche Herbstbelebung hat dazu geführt, dass der Oktober für viele ein guter Monat war. Viele Geschäftsführer:innen blicken wieder optimistischer in die Zukunft.
Die wirtschaftliche Lage in Deutschland
Im letzten Newsletter habe ich umfangreich die wirtschaftliche Lage in Deutschland ausgeführt und dabei auf die Beveridge-Kurve hingewiesen. Diese stellt den negativen Zusammenhang zwischen Vakanzrate und Arbeitslosenquote her. Mit diesem Analyseinstrument lässt sich also ableiten, ob sich die konjunkturelle Lage abkühlt oder an Fahrt gewinnt. Aktuell steigt die Arbeitslosenquote und die Vakanzrate schwächt sich ab. Daher befinden wir uns von der Chartdynamik her nach wie vor in einem konjunkturellen Abschwung.
Dies bestätigen auch die Wirtschaftsdaten des Bundesministeriums für Wirtschaft, die ich hier kurz zusammengefasst habe:
1. Industrie und Dienstleistungssektoren im Oktober
Die deutsche Wirtschaft bleibt auch im Oktober 2024 in einer Schwächephase. Die Industrieproduktion konnte sich in den letzten Monaten nicht stabilisieren und das Auftragseingangsvolumen zeigt weiterhin Rückgänge. Aktuelle Stimmungsindikatoren wie der ifo-Geschäftsklimaindex verschlechterten sich zum vierten Mal in Folge. Besonders das verarbeitende Gewerbe leidet unter einer niedrigen Kapazitätsauslastung und rückläufigen Aufträgen, während sich auch im Dienstleistungssektor eine pessimistischere Grundhaltung zeigt.
2. Konsumklima und Inflation
Im Oktober zeichnet sich bei den Konsumausgaben ein positiver Aufwärtstrend, da der Einzelhandel weiterhin positive Umsätze verzeichnet, insbesondere im E-Commerce. Doch Unsicherheiten hinsichtlich Jobsicherheit und globaler Krisen dämpfen die Verbraucherstimmung. Die Inflationsrate fiel im Oktober auf 1,6 %, den niedrigsten Wert seit Frühjahr 2021, was hauptsächlich auf gesunkene Energiepreise zurückzuführen ist. Die Kerninflation bleibt jedoch aufgrund steigender Preise im Dienstleistungssektor spürbar, was die Gesamtsituation nur kurzfristig entspannt.
3. Arbeitsmarkt und Insolvenzen
Die Herbstbelebung am Arbeitsmarkt fiel im Oktober schwächer aus als erwartet. Saisonbereinigt stieg die Arbeitslosenzahl leicht an, und auch die Zahl der Unternehmensinsolvenzen verzeichnete im Oktober ein Plus von rund 1,6 % im Vergleich zum September. Dies deutet auf die anhaltenden strukturellen und konjunkturellen Herausforderungen hin, die auch in den kommenden Monaten eine Erholung erschweren dürften. Die Bundesregierung rechnet für das Gesamtjahr mit einer leichten Rezession, bevor eine Stabilisierung im Laufe des kommenden Jahres einsetzt.
Für das Jahresende bleibt die Aussicht gedämpft, da eine technische Rezession im zweiten Halbjahr als wahrscheinlich gilt.
Ich fokussiere mich zwar auf den deutschen Markt. Aber als ich diese Statistik über den Schweizer Staffingmarkt gesehen habe, musste ich das unbedingt in die Insights noch mit aufnehmen.
Wie der Chart zeigt, ist der Festanstellungsmarkt in der Schweiz im freien Fall. Ein starker Schweizer Franken, fehlende Auslandsaufträge, eine zunehmende Arbeitslosenquote bei abnehmenden Vakanzen, all diese Faktoren weisen auf eine deutliche konjunkturelle Abkühlung hin. Diese schlägt bei unseren Nachbarn noch stärker auf die Staffingbranche durch als es hierzulande der Fall ist. Schlimmer geht’s also immer.
Die Lage in der Staffingbranche in Deutschland
Der Gesamtwirtschaft tritt auf der Stelle. Erfreulicherweise bringt der Oktober aber eine positive Dynamik in die Staffingbranche. Geschäftslage und Geschäftsklima, die im letzten Monat noch auf dem absoluten Tiefpunkt waren, steigen stark an. Die Lichtblicke vom letzten Monat bei Umsatz- und in der Beschäftigungserwartung haben sich, wie schon vermutet, durch einen langen und produktiven Monat Oktober nochmal verstärkt.
In dieser Zeitreihenanalyse sehen wir, dass alle fünf betrachteten Werte im Oktober 2024 angestiegen sind. Wir sind zwar immer noch in einem verhaltenen Bereich. Mich stimmt diese Entwicklung positiv, denn der November ist nochmal ein langer und produktiver Monat. Ich gehe davon aus, dass wir jetzt noch eine Jahresenddynamik sehen werden - auch wenn diese je nach Vertragsart sicherlich unterschiedlich ausfallen wird.
Arbeitnehmerüberlassung:
Meines Erachtens befindet sich die Arbeitnehmerüberlassung weiterhin in der Krise. Es gibt aber auch hier erfreuliche Meldungen. So ist die Zahl der Stellenmeldungen aus der Zeitarbeitsbranche im Vergleich zum Vorjahr um 16 % gestiegen. Auch eine leicht steigende Konsumnachfrage wirkt stabilisierend auf die deutsche Wirtschaft und unterstützt die Zuversicht in der Branche. Wie im letzten Newsletter geschrieben sind die sozialversicherungspflichtige Beschäftigtenzahl in der Zeitarbeit auf dem tiefsten Stand seit 2010. Trotz einer leichten Erholung im Bereich der Stellenmeldungen (offene Arbeitsstellen aus der Zeitarbeit plus 4,9 % zum Vormonat) bleibt der Trend rückläufig. Die Zahl der Beschäftigten, die aus der Arbeitslosigkeit in die Zeitarbeit wechselten, ging ebenfalls weiter zurück. Im Oktober zeigte sich zudem ein Anstieg der Arbeitslosenzugänge, vor allem im verarbeitenden Gewerbe, was auf die anhaltende Schwäche in industriellen Sektoren hindeutet.
Eine steigende Konsumnachfrage der privaten Haushalte wirkte sich im dritten Quartal 2024 stabilisierend auf das BIP aus, das um 0,2 % wuchs. Seit Mitte des Jahres verzeichnen Einzelhandelsumsätze einen Aufwärtstrend, insbesondere im Onlinehandel, wo Zuwächse von über 10 % gemeldet wurden. Damit unterstützt der Konsum aktuell die Konjunktur und könnte im vierten Quartal 2024 weiteren Auftrieb bringen. Gerade im Blue-Collar-Bereich ist im Versand- und Einzelhandel als auch in anderen Bereichen ein Jahresendspurt zu erwarten.
Festanstellung:
Für den Festanstellungsbereich bietet die Anzahl der offenen Stellen, die vom Indeed-Index erfasst werden, eine gute Aussagekraft. Demnach ist Perm im Jahresvergleich zwar um 16,4% gefallen, hat aber im Oktober den Tiefpunkt im Jahr 2024 hinter sich gelassen und steigt wieder. Ich hoffe, dieser Trend setzt sich weiter fort.
Ich persönlich sehe den Festanstellungsmarkt mittel- bis langfristig florieren, dem Fachkräftemangel sei Dank. Im letzten Newsletter habe ich anhand des Index-Stellenindexes die performanten Skills den unter Druck stehenden Skills gegenübergestellt. Nochmal zur Erinnerung:
Schlusslicht:
1.) SW-Development
2.) Marketing
3.) IT-Development
Empfohlen von LinkedIn
4.) Sales
5.) Legal
6.)HR
Performer:
1.) Civil-Engineering
2.) Electrical Engineering
3.) Industrial Engineering
4.) Management
Findest du nicht, dass sich diese Aufstellung interessanterweise mit der folgenden Grafik deckt?
Die Aussage ist klar: Der externe Trend KI/Automatisierung übt aktuell unterschiedlich starken Druck aus und wird das weiterhin tun. Softwareentwicklung und Marketing spüren das schon länger und nachhaltiger. Wenn du in diesem Bereich in der Festanstellungsvermittlung tätig bist, dann musst du aktiv über eine Spezialisierung/Diversifizierung nachdenken.
Freiberuflichkeit:
Die Zahlen zur Freiberuflichkeit von freelance.de, die ich das letzte Mal zum ersten Mal angeführt habe, sind sehr gut angekommen. Danke für das Feedback.
Dem wachsenden Angebot selbstständiger Expert:innen steht gleichzeitig eine konjunkturell fallende Nachfrage nach ihrem Support gegenüber. So haben Unternehmen seit Jahresbeginn 57.000 neue Projekte auf freelance.de ausgeschrieben. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es noch 68.300 Projekte (-16,5 %).
Weiterhin interessant ist, wie sich die Gesamtanzahl der Projekte auf die Bereiche IT, Engineering, Management und Sonstige aufteilt.
Der drastischste Rückgang an freiberuflichen Projektanfragen ist prozentual auch im IT-Bereich zu vermerken, während der Engineering-Bereich am stabilsten performt. Dieses Schaubild sieht dem Perm-Bereich doch ähnlich, oder?
Schusslicht:
1.) IT
2.) Sonstige
Performer:
1.) Engineering
2.) Management
Q4 in der Staffingbranche
Ich wünsche mir, dass sich das Tief der letzten Monate in einen fulminanten Jahresendspurt wandelt und nicht mehr ganz so schlimm anfühlt. Ich bleibe beim „Survive till `25“. Dann können wir wieder in einem wachsenden Markt Spitzenergebnisse abliefern. Die Staffingbranche ist definitiv die ZUKUNFTSBRANCHE. Mit dieser Meinung bin ich übrigens nicht allein. Auch Goran Barić von der Page Group denkt so. Hört dazu unbedingt auch in unseren gemeinsame Podcastfolge bei „Recruitment on the Road“ rein, wo wir ausführlich über Krisen und Resistenz in der Krise reden und der nächste Woche veröffentlicht wird. Höre & folge dazu dem Podcast Recruitment on the road.
Experte für High Volume Recruiting bei Indeed
1 MonatDanke für den Überblick 👍
"Partner for talent" | Dream wide, think smart and start now!|Macherin 🇩🇪 Meetings in 4 Sprachen 📅| 🤝 Senior HR Manager, Personalwesen, angehende PDKlerin im "bfw"| M/ HH/ SB/ L | Deutsch, Français, English, العربية
1 Monatvielen Dank! 🙏
CEO | delivering your missing link
1 MonatVielen Dank für Deine Einschätzung und die ausführliche Ausarbeitung.
Where HR meets PROCUREMENT & LEGAL 🧩 Next Generation Interim Manager & Freelance Consultant 👨💼 Speaker & Trainer 💡
1 MonatSehr hilfreich und schöne Übersicht Thomas André Sola 👌
Für Menschen mit Antrieb
1 MonatDanke die Zusammenstellung und den Blick auf die Entwicklung in der Schweiz.