Harte Ziele in der Mitarbeiterführung
Über Ziele ist schon sehr viel geschrieben worden – es gibt ganze Workshops, die sich mit nichts anderem beschäftigen. Und trotzdem erzielt dieses wichtige Tool selten die Ergebnisse, die man sich davon erhofft.
Dafür gibt es verschiedene Gründe. Einer davon ist, dass Führungskräfte nicht in der Lage sind, zwischen eigenen/unternehmerischen Zielen und Zielen in der Mitarbeiterführung zu unterscheiden. Eine Umsatzsteigerung von 15% treibt der Geschäftsführung Freudentränen in die Augen, wird den einzelnen Mitarbeiter aber kaum motivieren.
Ein anderer liegt genau auf der anderen Seite des Spektrums: Die Aufbereitung der Ziele ist in bestimmten Situationen zu ausführlich und führt zu Rationalisierungen.
Im Fall eines meiner Coachees ging es darum, ein Ticketsystem einzuführen, dass für Transparenz sorgen und die Verantwortungen klären sollte. Das Ziel wurde gut begründet (auch warum es für die Mitarbeiter wichtig war, es zu erreichen) und es wurde eine Roadmap für die gesamte Implementierung vorgestellt. Anstatt aber die Produktivität bzw. die Bereitschaft zur Veränderung zu steigern, sorgte die Zielformulierung dafür, dass die Produktivität nachließ und stattdessen stundenlang über diese debattiert wurde.
Was war passiert?
Einzelne Mitarbeiter waren dem Ziel abgeneigt, weil es für sie als Einzelperson Statusverlust bedeutet hätte, bzw. große Veränderungen eben oft mit Unsicherheit verbunden sind. Also begannen sie einzelne Punkte aus der Begründung herauszunehmen und diese meist mit Strohmann-Argumenten kritisch zu hinterfragen bzw. zu rationalisieren, warum man diese doch nicht erreichen müsste. Es wurden dadurch andere Bereiche ins Spiel gebracht, die eigentlich gar nichts mit der Erreichung des Ziels zu tun hatten.
Zusätzlich wurden potenzielle zukünftige Probleme bereits jetzt angenommen und diese als Gründe dargelegt, warum die Veränderung erst gar keinen Sinn machen würde.
Jeder, der ein größeres Projekt umgesetzt bzw. eine größere Veränderung durchgeführt hat, weiß aber, dass es weder möglich noch sinnvoll ist, jeden einzelnen zukünftigen Schritt zu planen.
Wenn man sich auf diese Diskussionen einlässt, passiert nur, dass man dutzende „Was-wäre-wenn“-Szenarien durchspielt, die aber nie aufgelöst werden können, weil sie zu weit in der Zukunft liegen und die Ausgangslage zur Diskussion eigentlich fehlt. Es werden nur unzählige Stunden, Wochen, Monate und oft Jahre mit unnötigen Auseinandersetzungen verschwendet.
Was ist die Lösung?
Dieses Rationalisieren von Zielen kommt häufig vor. Sei es, weil man ein Ziel aus persönlichen Gründen ablehnt, sei es, weil man die Anstrengung nicht erbringen will, um das Ziel zu erreichen.
Empfohlen von LinkedIn
Wer eine Umsatzsteigerung von 10% als Ziel ausgibt, wird seinen Mitarbeitern nicht den Kopf abreißen, wenn sie nur 8% erzielen. Schließlich hatte man ein schwieriges Marktumfeld, ein Problem beim Liefern, die Wirtschaft ist gerade herausfordernd, usw. WENN allerdings 8% in Ordnung sind, warum nicht auch 6% oder weniger? Umsatzsteigerung ist Umsatzsteigerung, richtig?
Die Begründungen machen oberflächlich gesehen oft Sinn. Fakt ist aber, dass die Ziele nicht erreicht wurden. Weder bei der Implementierung eines neuen Systems noch der Erreichung des vorgegebenen Umsatzes. Das Rationalisieren durch die Mitarbeiter führt aber dazu, dass das Verfehlen des Ziels nicht als Rückschlag bzw. Niederlage angesehen wird. Deshalb wird das Ziel als solches nicht vollständig akzeptiert und es werden im Vorfeld auch nicht alle möglichen Ressourcen ausgeschöpft.
In einem solchen Fall ist es sinnvoll Schwarz-weiß-Ziele (SWZ) zu implementieren.
Ein SWZ ist ein absolutes Ziel, das keinen Interpretationsspielraum zulässt und auch nicht begründet wird.
Im Fall meines Coachees bedeutete dies: „100% Erfassung der Probleme im Ticketsystem.“
Keine Begründung über die Einführung des Ticketsystems, keine Roadmap, einfach ein Ziel, an das sich ab sofort alle zu halten hatten. Probleme in der Zukunft werden in der Zukunft besprochen. Bei zu wenig Ressourcen, wird zwar geholfen, aber es wird nicht als Ausrede akzeptiert, keine Tickets zu erfassen. Jedes nicht erfasste Ticket gilt als Niederlage und muss gerechtfertigt werden.
So mächtig SWZ in bestimmten Situationen auch sind, müssen Sie dennoch bei der Einführung drei Dinge beachten:
SWZ nur dann einsetzen und auch dann nur wohlüberlegt, wenn Mitarbeiter sich regelmäßig hinter Rationalisierungen verstecken. Mit einem SWZ geben Sie eine sehr harte Linie vor, bei der sich manche Mitarbeiter überrumpelt fühlen können.
Es muss realistisch möglich sein, das Ziel zu erreichen. Verfehlen die Mitarbeiter zu oft dieses Ziel, obwohl sie alles in ihrer Macht Stehende getan haben, ist ein SWZ absolut demotivierend und führt zu einer kompletten Ablehnung des Ziels jetzt und in der Zukunft.
Sorgen Sie dafür, dass die offensichtlichen Stolpersteine aus dem Weg geräumt sind (z.B. „Was mache ich, wenn ich ein Problem nicht zuordnen kann?“). Bei der Einführung des Ticketsystems wurden z.B. Vorlagen geschaffen, die die häufigsten Probleme und den Fall eines unklaren Tickets abbildeten. Zusätzlich wurden die Mitarbeiter ausreichend geschult und es gab auch eine schriftliche Hilfestellung für die wichtigsten Auswahlkriterien.
Fazit: Ziele sind ein wertvolles Tool in der Mitarbeiterführung, wenn man sie richtig einsetzt. Aus verschiedenen Gründen rationalisieren Mitarbeiter oftmals ihr Verhalten bzw. warum sie ein Ziel verfehlen. Kommt das häufig vor, kann ein SWZ Abhilfe schaffen. Ein solches fokussiert die Anstrengungen der Mitarbeiter enorm und erstickt jede Argumentation im Keim, kann aber auch zu absoluter Demotivation führen. SWZ müssen daher sorgsam geplant und für die erfolgreiche Zielerreichung die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Hinweis: Schwarz-Weiß-Ziele sind ein Teil des Werkzeuges „Ziele anpassen“ aus meinem 1:1-Training „Effektive Mitarbeiterführung“. Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, können Sie sich hier das Informationsblatt herunterladen oder ein kostenloses Erstgespräch vereinbaren.