Heiße Zeiten im Büro
Wenn die Betriebstemperatur nicht stimmt
Die Temperatur der Luft und der umschließenden Flächen ist ein weiteres Kriterium für die Güte des Raumklimas. Mehrere Faktoren sorgen gerade im Sommer für zu heiße Temperaturen am Schreibtisch: großflächige Fensterfronten, mangelnder Sonnenschutz, Wärmeabgabe von Computer, Kopierer, Drucker und von der Beleuchtungsanlage.
Hitzige Gespräche und abgekühlte Stimmung
Die Überschrift zeigt wie Sprache mit Temperatur arbeitet und psychologische Stimmungen damit beschrieben werden. Gilt das aber auch umgekehrt? Heinz Schmincke hat 1986 in seinem Ratgeber »Das Büro von morgen« formuliert: »Sicher ist jedoch, daß[MS1] ein als unbehaglich empfundenes Raumklima zu psychophysischen Störungen führt, die sich je nach Umfang und Stärke in Reizbarkeit, Konzentrationsmangel und einem mehr oder minder starken Leistungsabfall äußern.«1 Quelle: Schmincke, Heinz: Das Büro von morgen. München: Heyne 1988.
Reizbarkeit hat als Folge eine überhitzige Diskussion, fehlende Konzentration führt zu Missverständnissen und zu atmosphärischen Störungen. Kommentare wie „dicke Luft im Büro“ oder „zwischen denen herrscht eine abgekühlte Stimmung“ oder „zwischen denen brennt die Luft“ oder „jetzt gilt es einen kühlen Kopf zu bewahren“ verdeutlichen den Zusammenhang.
Aber: Behagliches Klima lässt sich nicht als exakte physikalische oder physiologische Größe für alle Menschen einheitlich fixieren. Angenehmes Raumklima lässt sich nur individuell definieren. »Hierfür gibt es wiederum verschiedene Ursachen«, so der Mitbegründer des Instituts für Systemergonomie und Gesundheit (ISG) Arbeitsmediziner Theodor Peters, »unter denen das Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, klimatische Gewöhnung, Jahreszeiten, psychisch-emotionale, bei Frauen häufig auch hormonelle und psychovegetative Faktoren eine besondere Rolle spielen.«2 Quelle:Peters, Theodor: Büro-Praxis: Besser arbeiten, mehr leisten, gesund bleiben. Ludwigshafen: Kiehl 1993
Kühlen Kopf bewahren und kalte Füße vermeiden – Leistung und Klima
Hitze und Kühle schwächen die Leistung im Büro. »Übermäßige Wärme«, so Etienne Grandjean, »führt zunächst zu Müdigkeit und Schläfrigkeit, was die Leistungsbereitschaft reduziert und die Tendenz zu Fehlleistungen erhöht. Mit dieser Dämpfung der Tätigkeit des Menschen will die Natur die Wärmeproduktion im Inneren des Körpers reduzieren. Ist umgekehrt der Organismus von Abkühlung bedroht, dann tritt ein erhöhter Bewegungsdrang auf, wobei auch die Aufmerksamkeit – vor allem die Konzentration für intellektuelle Arbeit – abnimmt.«3
Schauen wir über den Tellerrand in wärmere oder heiße Länder, dann wird klar, dass es zwei Lösungen gibt:
1. gebäudetechnisch die oft negativ besetzte Klimaanlage oder neutral die raumlufttechnischen Anlagen (RLT- Anlagen) mit all Ihren Vor- und Nachteilen
2. einen der Temperatur angepassten Tages- Rhythmus z.B. die verlängerte Mittagspause oder klassische „Siesta“.
Was bestimmt die Temperatur im Büro? Begriffe, Definitionen und Zusammenhänge
Die Zusammenhänge werden erst klar, wenn die verwendeten Begrifflichkeiten geklärt sind.
Es sind in zwei Temperaturen zu unterscheiden:
1. die subjektiv empfundene Raumtemperatur, die vom Menschen empfunden wird und sich aus der Lufttemperatur und der Temperatur der umgebenden Flächen wie Fenster, Wänden, Decken und Fußboden (Wärmestrahlung) zusammensetzt.
2. die tatsächliche Lufttemperatur ohne die Einwirkung von Wärmestrahlung.
Darüber hinaus gibt es noch das Klimasummenmaß als Zusammenfassung von mehreren Klimagrößen (Lufttemperatur, Luftfeuchte, Luftgeschwindigkeit, Wärmestrahlung).
Was sind die Mindestwerte im Büro?
Im Büro haben wir es mit einer leichten Arbeitsschwere zu tun.
Tabelle: Mindestwerte der Lufttemperatur in Arbeitsräumen
Überwiegende Körperhaltung Arbeitsschwere
leicht mittel schwer
Sitzen +20° C +19° C -
Stehen, Gehen +19° C +17° C +12° C
Quelle: ASR 3.5. S. 4
Wie wird gemessen? strahlungsgeschützterThermometer in Grad Celsius [°C
Welche Messgenauigkeit ist gefragt? +/- 0,5°C]
In welchen Messintervall ist zu messen? stündlich
Wo sind die Messpunkte?
- · sitzende Tätigkeit: in 0,6 m Höhe
- · stehende Tätigkeit in 1,10 Höhe
Wie ist die Außentemperatur zu messen?
- · stündlich ohne direkte Sonneneinstrahlung
- · 4 m vom Gebäude
- · Auf 2 m Höhe
Quelle: ASR 3.5 4.1. (2)
Welche Temperaturen sind für die Gesundheit förderlich?
Die Arbeitsstättenrichtlinie ASR 3.5.: Temperatur ist eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur „wenn die Wärmebilanz (…) des menschlichen Körpers ausgeglichen ist.“ Die Faktoren, die dabei die Wärmebilanz bestimmen, sind
- · Wärmezufuhr
- · Wärmeerzeugung
- · Wärmeabgabe
Die Wärmeerzeugung ist abhängig von der Arbeitsschwere, im Büro als leicht definiert und der Wärmeabgabe, die abhängig von Lufttemperatur, der Luftfeuchte, der Luftgeschwindigkeit und der Wärmestrahlung ist. Bei der Wärmeabgabe spielt die passende Kleidung eine wichtige Rolle.
Für die Beurteilung der Temperatur reicht meist die Lufttemperatur aus. In anderen Fällen z.B. bei hoher Luftfeuchtigkeit, Wärmestrahlung oder Luftgeschwindigkeiten sind einzelnen Faktoren oder das Klimasummenmaß heranzuziehen.
Hitzefrei im Büro? Zahlen – Daten – Fakten
Der Klimawandel sorgt für immer höhere Temperaturen und die Hitze macht allen zu schaffen. So verwundert es nicht, dass die Frage gestellt wird, ob der Arbeitnehmer ein Recht auf hitzefrei hat. Der Arbeitnehmer hat kein Recht auf hitzefrei.
Das ASR-Stufenmodell von 26 - 30 - 35° Grad.
26° Grad das Soll - der Klimawandel im Büro
Die ASR 3.5. Raumtemperatur unterscheidet in den Ausführungen jeweils nach dem 26° - 30° - 35° Stufenmodell. Die meistgestellte Frage im Internet ist dazu:
Darf im Sommer die Temperatur im Büro über 26 °C ansteigen?
Ja, aber nur den vorgegebenen Bedingungen nach.
Der Arbeitgeber hat nach BGB § 618 Absatz 1 die Fürsorgepflicht für den Arbeitsnehmer. Es findet sich wie auch im Arbeitsschutzgesetz und der Arbeitsstättenverordnung jedoch keine maximale Temperaturangabe ab wann eine Gefahr besteht. Erst die Arbeitsstätten-Richtlinie ASR 3.5 Raumtemperatur 4.2 (3) nennt eine konkrete Zahl. Die Temperatur „ soll +26° Grad nicht überschreiten“.
Bei darüber liegender Außentemperatur darf unter der Voraussetzung, dass geeignete Sonnenschutzmaßnahmen ergriffen werden, die Raumtemperatur auch höher liegen.
Achtung:
Mutterschutzgesetz (§11 Abs. 3, 3) fordert bei dauerhafter Überschreitung von 26° Handlungsbedarf durch den Arbeitgeber z.B. temperaturverträglicheren Arbeitsplatz (Nordseite), anderen Ort oder Telearbeit, wenn keine Lösung vorhanden, auch die Freistellung von der Arbeit.
Temperatur mehr als 26° Grad - was muss der Arbeitsgeber tun?
Der Arbeitgeber muss bereits bei der Planung des Gebäudes auf die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik (nach geltendem Baurecht) achten. Es sind die folgenden Punkte, die eine Erwärmung von außen bestimmen: die Ausrichtung des Gebäudes, die geographische Lage und die Jahreszeit sowie die Verglasungsart und der einsetzbare Sonnenschutz. Diese Punkte sind auch beim Kauf oder der Anmietung wichtig, um einen hohen Gebrauchswert durch die Einhaltung der empfohlenen Werte an den meisten Tagen zu gewährleisten. Der Nutzwert einer Immobilie kann durch fehlenden oder ungeeigneten Hitze- und Lichtschutz stark beeinträchtigt werden. Nachrüsten oder ein schlechtes Klima ist um ein Vielfaches teurer.
Bei Räumen mit übermäßiger Sonneneinstrahlung sind bei Temperaturen über 26° C gem. ASR 4.3. geeignete Sonnenschutzsysteme nachzurüsten.
Laut ASR A3.5 4.4. Arbeitsräume bei einer Außenlufttemperatur über +26°C muss der Arbeitgeber unter Voraussetzung , dass geeigneter Sonnenschutzmaßnahmen verwendet wird, zusätzliche Maßnahmen ergreifen.
Der Arbeitgeber kann auch folgende Maßnahmen in Betracht ziehen, um die Hitze erträglicher zu machen:
· Ventilatoren zur Verfügung stellen
· Gleitzeit ermöglichen
· kalte Getränke bereit stellen
· Alternativräume anbieten
Was tun, wenn es heiß und heißer wird?
Was ist bei Temperatur über 30° zu tun?
Diese Maßnahmen, soweit wie technisch möglich, sind bei Temperaturen über 30° Grad präventiv einsetzbar:
- rechtzeitige Nutzung der Steuerungsmöglichkeiten des Sonnenschutzes, z.B. über einen Temperaturwächter, der den Sonnenschutz hochfährt, wenn die natürliche nächtliche Abkühlung das Gebäude kühlt (Nachtauskühlung). Der Sonnenschutz hält ansonsten die Wärme im Gebäude – dasselbe auch umgekehrt, sobald die Außenluft das Gebäude aufheizen kann fährt der Sonnenschutz herunter.
- rechtzeitiger Einsatz und bedarfsgerechter Einsatz und Steuerung der Betonkernkühlung anhand verfügbarer Wetterdaten, um die Trägheit des Systems auszugleichen.
- effektive Steuerung der Lüftungseinrichtungen
- reduzieren der sonstigen Wärmlasten durch Peripheriegeräte und EDV-Systeme
- nutzen der Gleitzeitregelungen zur Arbeitszeitverlagerung
- Ventilatoren und mobile Klimageräte einsetzen
- Bekleidungsregeln lockern
- Geeignete Getränke bereitstellen
Was tun, wenn die Temperatur über 35° Grad steigt?
Wird die Lufttemperatur im Raum von +35°C überschritten, so ist der Raum für die Zeit der Überschreitung ohne
- technische Maßnahmen (z.B. Luftduschen, Wasserschleier),
- organisatorische Maßnahmen (z.B. Entwärmungsphasen)
- oder-persönliche Schutzausrüstungen (z.B. Hiitzeschutzkleidung),
wie bei Hitzearbeit, nicht als Arbeitsraum geeignet.“ ASR 4.4. (3)
Für die Zeit bleibt nur die Hitzeflucht in kühlere Büros, Räume oder den kühlen Keller, wenn vorhanden.
Was kann der Mitarbeiter tun?
Die Mitarbeiter können mit kleinen Maßnahmen auch große Wirkung erzielen.
Die täglichen Sofort-Maßnahmen im Büro sind:
- Der erste anwesende Kollege lüftet in den kühleren Morgenstunden die Räume. Wenn nicht bereits mit Sonnenaufgang die Sonne die Fensterfront erhitzt.
- Der Sonnenschutz wird je nach Sonnenausrichtung der Büros rechtzeitig am Morgen heruntergefahren.
- Die größten Wärmequellen im Raum werden nur bei Bedarf betrieben um die thermischen Lasten zu reduzieren
- Der Sonnenschutz wird am Abend vom letzten Mitarbeiter wieder hoch gefahren um die Nachtkühlung zu nutzen
- Einsatz von geeigneter Kleidung
Langfristigere Maßnahmen sind:
Das Thema Raumtemperatur ist bei den Verantwortlichen kein Thema. Machen Sie es im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung, bei Mitarbeitergesprächen oder über den Betriebsrat zum Thema.
Der nächste Beitrag am 3.11. befasst sich mit dem Luftwechsel
Luft - Ein Lebensmittel – der Luftwechsel als Lieferant
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