Homeschooling Tools- Wenn Eltern, Lehrer werden
Was es bedeuten kann die Arbeit der Lehrer und Lehrerinnen für unbegrenzte Zeit im Homeschooling übernehmen zu müssen, werden jetzt viele Menschen erfahren.
Ich möchte hier anhand von einem (von vier) menschlichen Grundbedürfnis eines jeden Menschen -ORIENTIERUNG- eine Hilfestellung für all jene geben, welche sich gerade fragen: Was braucht es aktuell?
Das Grundbedürfniss Orientierung gilt in diesem Bereich als sehr bedeutsam, da dieses Sicherheit und Stabilität bedeutet. Unsicherheiten in Strukturen, Beziehungen oder Systemen lösen Ängste aus, welche sich steigern je länger die Phase dauert und je größer die Abweichung vom gewohnten ist. Kinder können nur teilweise verstehen aus welchem Grund der gewohnte Alltag sich plötzlich und drastisch verändert hat.
Die Schule stellt einen wichtigen Ankerpunkt für die Kinder dar. Sie können Anhand er Schulzeiten Früh-Mittag-Nachmittag-Abend einteilen, jenachdem was, wann dran ist.
Das Wochenende gewinnt an Bedeutung, da dieses für Freizeit, Entspannung und Gemeinschaft steht.
Die wichtige Bezugsperson Lehrer/in stellt vor allem in der Volksschulzeit eine wichtige Beziehung dar. An dieser orientieren sich die Kinder und können sogar sehr enge Verbundenheit entwickeln. Vielleicht hat das eine oder andere Kind bereits einen Brief an die Lehrerin schreiben wollen?
Und plötzlich ist die Routine weg, die Lehrerin verschwindet, alle sprechen von Ausnahmezustand und die Eltern unterliegen der Rollenkonfusion. Jetzt soll Mama oder Papa Frau Lehrerin sein? Ich sehe meine Freunde nicht mehr? Und warum sind die Eltern so viel zu Hause, sind aber nicht so entspannt wie am Wochenende?
Das neues übergreifendes Konzept auf Zeit: HOMESCHOOLING- System zu Hause= System Schule?!
Dazu muss man im Auge behalten, dass Regeln/Verhaltensweisen/Ankerpunkte etc. die im System Familie bestehen nicht die selben sein müssen, die im System Schule bestehen.
Dies ist oftmals der Konflikt. Vielleicht kennen einige den Protest der Kinder im Homeschooling: „Aber die Frau Lehrerin macht das anders“. Es wirkt beinahe so als würden die Kinder die Bezugsperson in ihrer Rolle schützen wollen. Inklusive starker Emotionen und Argumentationen die nicht selten logisch und stichhaltig sind. Kinder protestieren gegen diese Konfusion. Eine ganz normale Reaktion, die jedoch begleitet werden sollte. Hierbei braucht es viel an Beziehung und emotionale Unterstützung. Der Protest ist womöglich anstrengend jedoch wichtig und gesund.
Um die Lage ein wenig zu entspannen möchte ich Ihnen hier einige Tools mitgeben:
1. Behalten Sie womöglich die Zeitfenster bei: Homeschool findet zwischen 08:00-12:00 statt
2. Entscheiden Sie sich für einen definierten Platz und klare Sitzanordnung (wo wird z.B. D/M gemacht vs. Sport/Religion). Dieser Ort bleibt bis zum Ende der Platz für Lernen/Arbeiten der Kinder.
3. Verwenden Sie wenn möglich verschiedene Materialien und/oder Utensilien. Mache haben womöglich eine Flip Chart aus dem Büro (alias die Tafel) oder bestellen Sie einfach das Papier und legen Sie es auf; Nützen Sie Word und Excelle für Mathematik. Lehren Sie mit dem ganzen Körper. Rechenaufgaben kann man auch hüpfend lösen: Dies bringt Abwechslung für Sie und die Kinder.
4. Treten Sie ein wenig aus Ihrer Person heraus insofern mit der Frage was leben Lehrer?
a. Ruhe und Konzentration am Arbeitsplatz: freie Arbeitsfläche und kein Essen
b. Nur so viele Hilfestellungen wie notwendig (im 1:1 oder 1:2 Setting können Kinder plötzlich weniger alleine);Eltern unterstützen womöglich schneller und mehr als es LehrerInnen es tun würden oder auch können. Lehnen Sie sich zurück und bleiben Sie geduldig. Kinder lernen am meisten, wenn sie es selbstständig erarbeiten.
c. Halten Sie sich ca. an den Stundenplan (1. Stunde Deutsch/2. Mathe etc.)
d. Zeigen Sie Interesse (versuchen Sie weniger nebenbei selber etwas zu tun)
e. Lassen Sie sich auf kindliche Neckerein, während der Lernzeit ein. Wenn aus dem Burggespenst ein Pupsgespenst wird, lachen Sie mit. Kinder lachen ja mehr als wir in unserer Erwachsenenwelt. ABER
f. Versuchen Sie nach einiger Zeit erneut Ruhe einkehren zu lassen.
g. Machen Sie Pausen ähnlich wie sie in der Schule geschehen (15 Minuten oder ½ Stunde Pause) Hierbei haben auch Sie Pause! Auch hierbei hat der Lehrer seine Auszeit.
h. Überlegen Sie sich Inhalte (Sachunterricht) die auch Ihnen Freude bereiten würden. Ihr Kind wird es danken mit Ihnen etwas erarbeiten zu dürfen. Vielleicht wissen Sie ja noch nicht alles über die Schnecke?
i. Machen sie eine Stunde Englisch/ Nur Englisch sprechen kann interessant sein und eine notwendige Abwechslung bringen.
j. Versuchen Sie sich in die Rolle „Lehrer“ sein einzulassen. Es fällt den Kindern leichter eine Struktur innerhalb der vier Wände beizubehalten. Ja, morgen ist um 08:00 Schule nicht erst um 13:00 oder nebenbei während dem Kochen. Und es geschieht auch nicht im Pyjama. (Ja, es wäre grundsätzlich bequemer aber orientierungsloser.)
5. Jetzt werden sich vermutlich viele denken:“ Und wann soll ich arbeiten?“ Erfahrungsmäßig sind die 3-4 Stunden intensiv und anstrengend für die Kinder. Wenn es gut gelingt sich an diese zeitliche Phase zu halten, werden die Kinder mind. 2-2,5 Stunden gerne danach alleine Zeit verbringen und sich beschäftigen mit Puzzel und Co. Diese 2 Stunden können womöglich effektiver genützt werden als ständig nebenbei immer ein wenig machen zu können.
Großer Effekt der Orientierung ist, dass das Homeschooling als Bestandteil des Alltags implementiert werden kann und tägliche Diskussionen wann, was, wie gemacht werden muss abnehmen. Es gibt den Kindern einen Anker und Sie werden sich auf das Wocheende freuen! So wie Sie auch!
Ich wünsche gutes Gelingen. Sollten Sie darüber hinaus Fragen haben, können Sie mich gerne kontaktieren.
Viel Gesundheit und Achtsamkeit wünscht
Mag. Anna Werksnie