HR-Innovation: mehr Evolution, weniger Revolution!
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HR-Innovation: mehr Evolution, weniger Revolution!

Ein DGFP // Diskussionsimpuls

Spötter behaupten, das Innovativste, was der HR-Bereich hervorgebracht hätte, sei die Ablösung der Lohntüte durch den Überweisungsträger. Ohne Frage, das ist maßlos übertrieben und grenzt an üble Nachrede, aber auch weniger spöttische Zeitgenossen würden dem HR-Management kein besonders hohes Innovationspotential zurechnen. „Zuverlässig“ und „routiniert“ sind eher die Attribute derer, die es gut meinen mit den Personalern. „Innovativ“ gehört sicherlich nicht dazu.

Schaut man genauer hin, entdeckt man in den letzten Jahren abseits der klassischen Pfade, sozusagen links und rechts des Wegesrandes, durchaus eine Vielzahl innovativer HR-Dienstleistungen und -Produkte. Ihnen gemein ist die Idee, die HR-Arbeit sowohl für den internen Kunden, sprich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie auch für die Personaler effizienter und erfolgreicher zu gestalten. Zugegeben, nicht alles, was sich das Attribut „innovativ“ ans Revier heftet, ist es am Ende auch. Vieles ist nur der Aufguss alt Bekanntem oder wenig Nützlichem. Einiges jedoch besitzt tatsächlich das Potential, unsere Arbeit besser zu machen.

HR-STARTUPS MIT HOHEM INNOVATIONSPOTENTIAL

Besonders gut zeigt sich das Innovationspotential im Bereich der Start-Ups. Die Zahl der Start-Ups, die sich dem HR-Management verschrieben haben, ist groß. Niemals zuvor war es so einfach, wirklich innovative Produkte bzw. Tools zu entwickeln und zu distributieren. Sicher, die allermeisten von ihnen werden nicht zu den erhofften Unicorns oder Cashcows für ihre oft jungen Gründer. Auch werden die meisten Jungfirmen nicht die Personalarbeit revolutionieren. Der überwiegende Teil wird eher wieder verschwinden, ohne wirklich große Spuren zu hinterlassen.

Und dennoch, das Know-How, das ihre Gründer aufbauen, die Kontakte, die sie knüpfen, und die Ansätze, die sie ausprobieren, werden in Summe betrachtet sehr wohl die Dinge vorantreiben. Hier steckt das enorme Innovationspotential für die Personalarbeit. Sei es im Recruiting, in der Personalentwicklung oder bei administrativen Prozessen, denn hier wird ausprobiert, verworfen und neugemacht – und das mehr oder weniger unter realen Marktbedingungen. Eigentlich genau das, was einen guten Innovationsprozess heute im Kern ausmacht.

Aber nicht nur Start-Ups drängen mit innovativen Produkten auf den Markt, auch die etablierten Anbieter von HR-Lösungen können die Zeichen der Zeit durchaus deuten. Fast alle HRM-Softwareanbieter beispielsweise haben mittlerweile Cloud-Lösungen im Angebot, die – angepasste und standardisierte Prozess vorausgesetzt – die Arbeit für Personaler deutlich einfacher gestalten.

INNOVATIONSSPRUNG DANK DATENNUTZUNG UND NEUER TECHNOLOGIEN?

Ein hohes Innovationspotential für HR steckt in der Nutzung der Daten, die wir – standardisiert oder auch nicht – in unseren Systemen vorhalten. People Analytics ist das Zauberwort, auf das Personalabteilungen wie Lösungsanbieter setzen. Die Hoffnung basiert vor allem auf der Annahme, dass uns die Datenauswertung nicht nur den Ist-Zustand also die Gegenwart abbilden kann, als vielmehr auch einen präzisen Blick in die Zukunft ermöglicht. Das Innovationspotential ist hoch, auch wenn die meisten hier noch am Anfang stehen.

Noch ein Stückchen weiter weg, von dem was wir tatsächlich in den Personalabteilungen erleben, sind Themen wie Chat-Bots oder HR-Automatisierung. Hier sind öffnen sich erste Experimentierräume in den Unternehmen für sehr innovative Lösungen und Technologieansätze, die unsere Arbeit vielleicht nicht revolutionieren, aber ein wesentliches Stück nach vorne bringen werden.

Aber auch die Personalabteilungen selbst, können sich durchaus innovativ zeigen. Je nach Größe und Freiraum gibt es einiges an innovativem Potential, das abgerufen wird: sei es im Design des Arbeitsumfelds, in der Ausgestaltung der Arbeitszeit- und des Arbeitsorts oder bei der Kandidatenansprache. Getrieben vom Markt, den Bewerbern und den eigenen Mitarbeitern entdecket das HR-Management, was in ihm steckt.

MEHR EVOLUTION, WENIGER REVOLUTION

Das wohl ernüchternde Fazit zum Schluss: Welche Innovativen HR-Dienstleistungen sich durchsetzen werden, kann keiner vorhersagen. Am Ende ist es wie mit allen Innovationen: Viele floppen, ein paar verändern die (HR-)Welt. Der überwiegende Teil jedoch wird seinen Anteil dazu beitragen, dass sich die Dinge graduell bewegen. Mehr Evolution, weniger Revolution. Und das ist trotz aller Diskussion über Disruption auch gut so.


Der Autor Christian Lorenz leitet das Hauptstadtbüro der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V. (DGFP).

Der Text erschien auch in unserer Zeitschrift Personalführung 11-2018.

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