"Ich bin so gestresst!" – Die Konsequenzen von Stress-Prahlen im Job: Neue US-Studie liefert interessante Erkenntnisse
Stress-Prahlen im Job. Quelle: Shutterstock

"Ich bin so gestresst!" – Die Konsequenzen von Stress-Prahlen im Job: Neue US-Studie liefert interessante Erkenntnisse

In der hektischen Arbeitswelt von heute scheint Stress allgegenwärtig zu sein. Und es gibt ein Phänomen, das vermutlich jeder aus dem Arbeitsleben kennt: das sogenannte "Stress-Prahlen" (aus dem Englischen "stress bragging"). Hierbei prahlen Mitarbeiter offen mit ihrem hohen Stressniveau, was nicht nur ihre eigene Belastung, sondern auch ihre vermeintliche Unentbehrlichkeit am Arbeitsplatz unterstreichen soll. Obwohl dieses Verhalten an sich nicht neu ist, gewinnt es durch eine aktuelle Studie von Rodell, Shanklin & Frank, die die systematische Untersuchung und spezifische Benennung dieses Phänomens vornimmt, neue Bedeutung. Diese Studie zeigt nämlich die negativen Konsequenzen für den Prahler und die Kollegen auf und konnte dies sogar anhand experimenteller Untersuchungen nachweisen. Die Ergebnisse werfen ein frisches Licht auf die Dynamiken und Auswirkungen von Stress-Prahlen am Arbeitsplatz und sorgte zuletzt für vermehrte Aufmerksamkeit.

Was ist Stress-Prahlen?

Stress-Prahlen wird als prahlerisches Reden über das eigene hohe Stressniveau definiert. Im Gegensatz zum traditionellen Prahlen, das positive Eigenschaften und Erfolge hervorhebt, betont Stress-Prahlen negative Aspekte und stellt eine einzigartige Form der Selbstdarstellung dar.

Dieses Verhalten wird als eine Form der Selbstdarstellung angesehen, bei der Mitarbeiter stolz und offen über ihre hohen Stresslevel sprechen. Es unterscheidet sich von traditionellen Formen des Prahlens, die typischerweise positive Attribute wie Fähigkeiten oder Errungenschaften hervorheben. Beim Stress-Prahlen wird jedoch ein negativer Zustand – das Empfinden von Stress – in den Vordergrund gestellt und als etwas dargestellt, auf das man stolz ist oder das eine Art Statussymbol darstellt.

Die Forschung von Rodell, Shanklin und Frank zeigt, dass dieses Verhalten häufig in modernen Arbeitsumgebungen auftritt, in denen hohe Arbeitsbelastungen und ständige Erreichbarkeit als Zeichen von Engagement und Hingabe angesehen werden. Mitarbeiter, die Stress-Prahlen betreiben, möchten oft signalisieren, dass sie besonders hart arbeiten und unverzichtbar sind.

Wichtige Erkenntnisse

Die Forschung, die aus einem Laborexperiment und einer Feldstudie besteht, zeigt mehrere wichtige Erkenntnisse über die Auswirkungen des Stress-Prahlens:

  1. Wahrgenommene Kompetenz und Wärme: Stress-Prahlen wirkt sich negativ auf die Wahrnehmung der Kompetenz und Wärme des Prahlers durch Kollegen aus. Kollegen betrachten Stress-Prahler als weniger fähig und weniger freundlich im Vergleich zu denen, die sich nicht so verhalten. Laborexperiment: In einer kontrollierten Laborumgebung wurden 360 Arbeitnehmer gebeten, sich in die Rolle eines Mitarbeiters in einem Szenario zu versetzen, in dem ein Kollege über seine Erfahrungen bei einer Konferenz berichtet. Die Teilnehmer wurden zufällig einer von vier Bedingungen zugewiesen: Stress-Prahlen, neutrale Kontrolle, über Stress reden oder traditionelles Selbstlob. Die Ergebnisse zeigten, dass Teilnehmer, die mit Stress-Prahlen konfrontiert wurden, ihren Kollegen als weniger kompetent und weniger warm empfanden als in den anderen Bedingungen.
  2. Einfluss auf kooperatives Verhalten: Aufgrund der verringerten Wahrnehmung von Kompetenz und Wärme erhalten Stress-Prahler weniger Hilfe und Unterstützung von ihren Kollegen. Dieser Rückgang des kooperativen Verhaltens kann die Zusammenarbeit und die Gesamtleistung des Teams beeinträchtigen. Feldstudie: In einer Feldstudie mit 187 Mitarbeiter-Kollegen-Paaren wurden Daten in drei Phasen erhoben. Es stellte sich heraus, dass Stress-Prahler weniger kooperative Verhaltensweisen von ihren Kollegen erhielten. Diese Studie bestätigte, dass die negativen Bewertungen von Kompetenz und Wärme dazu führen, dass Stress-Prahler weniger Unterstützung und Hilfsbereitschaft von ihren Kollegen erfahren.
  3. Burnout bei Kollegen: Stress-Prahlen wirkt sich nicht nur auf den Prahler selbst aus, sondern hat auch eine Welleneffekt auf die Kollegen. Die Studie ergab, dass Kollegen von Stress-Prahlern aufgrund erhöhter Stressübertragungseffekte höhere Burnout-Raten aufweisen. Stressübertragung: Die Feldstudie zeigte, dass Stress-Prahlen die Übertragung von Stress von einer Person auf ihre Kollegen erleichtert. Dieses Phänomen, bekannt als Übertragungseffekt, verstärkt das allgemeine Stressniveau am Arbeitsplatz und trägt zu höheren Burnout-Raten bei den Kollegen bei. Kollegen von Stress-Prahlern berichten von höheren Stress- und Burnout-Leveln, was die Arbeitsumgebung insgesamt negativer beeinflusst.

Praktische Implikationen

Für Mitarbeiter:

  • Stress-Prahlen vermeiden: Während es natürlich ist, Stress zu teilen, sollten Mitarbeiter darauf achten, es nicht als Prahlen zu gestalten. Dies kann ihre beruflichen Beziehungen schädigen und die Unterstützung, die sie von Kollegen erhalten, verringern.

Für Kollegen:

  • Bewusstsein: Das Bewusstsein für die negativen Auswirkungen des Stress-Prahlens kann Kollegen helfen, ihre Interaktionen zu managen und ihr Wohlbefinden zu schützen. Minimierung des Kontakts mit Stress-Prahlern kann den Übertragungseffekt abmildern.

Für Manager:

  • Intervention: Manager sollten Stress-Prahlen innerhalb ihrer Teams identifizieren und angehen. Indem sie ein unterstützendes Umfeld fördern, das Stress-Prahlen entmutigt, können sie die Ausbreitung von Stress verhindern und die allgemeine Moral und Produktivität am Arbeitsplatz verbessern.

Fazit

Die Forschung von Rodell, Shanklin und Frank bietet wertvolle Einblicke in die sozialen Konsequenzen des Stress-Prahlens. Dieses unkonventionelle Verhalten beeinträchtigt nicht nur den Ruf des Prahlers, sondern trägt auch zu einer stressigeren Arbeitsumgebung für alle Beteiligten bei. Durch das Verständnis und die Bekämpfung des Stress-Prahlens können Arbeitsplätze gesündere und unterstützendere professionelle Beziehungen fördern.

Für detailliertere Einblicke können Sie die vollständige Studie hier einsehen.

Kennen Sie solche "Stress-Bragger"? Oder sind Sie vielleicht ab und zu selbst einer? Wenn Sie darüber nachdenken, was versprechen Sie sich davon? Möchten Sie, dass Ihr Engagement anerkannt wird? Dass jeder sieht, wie sehr Sie sich anstrengen? Haben Sie das Gefühl, dass Sie dadurch Zugehörigkeit und eine besondere Position im Team, der Abteilung oder dem Unternehmen erhalten? Oder haben Sie möglicherweise Angst, nicht beschäftigt genug zu wirken und vielleicht sogar Sorge Ihren Job zu verlieren?

Die Motive für Stress-Prahlen lassen sich oft eingrenzen. Häufig stecken unbewusste Motive dahinter, wie die Suche nach Anerkennung und Zugehörigkeit sowie die Vermeidung von Angstgefühlen, zum Beispiel die Angst, nicht gut genug zu sein oder Existenzängste durch möglichen Jobverlust. Reflektieren Sie über Ihre eigenen Beweggründe und wie sie Ihr Verhalten und Ihre Wahrnehmung am Arbeitsplatz beeinflussen. Dazu kann auch das Hinzuziehen einer Begleitung helfen, um Ihnen bei der Reflektion sowie der Verbesserung der gewünschten Verhaltens- und Wahrnehmungsmuster zu helfen.

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