Ich habe Sehnsucht

Ich habe Sehnsucht

Ich hatte gerade ein paar Tage frei und Gelegenheit zum Nachdenken über die Zeit, in der wir uns befinden. Da wir ein super aufgestelltes motiviertes Team und ein elaboriertes digitales Backoffice haben, so dass seit Jahren jederzeit im Home Office gearbeitet werden kann, könnte man meinen, wir wären von der Krise wenig bis gar nicht betroffen. Das stimmt auch. Es funktioniert alles. Einerseits.

Andererseits merke ich zunehmend, wie mir, wie uns allen, die realen Begegnungen fehlen. Wie es fehlt, gemeinsam in einem Raum zu denken, Ideen zu entwickeln und Lösungen zu finden. Wie es fehlt, sich zu treffen, um zum Beispiel gemeinsam anderen zuzuhören oder Kunst zu erleben. Ausstellungen wurden abgesagt und verschoben. Messen ersatzlos gestrichen. Events in die digitale Welt verlegt. Meetings nur noch per Hangouts durchgeführt. Aber machen wir uns nichts vor: Das digitale Arbeiten und Leben kann das reale Erleben nie ganz ersetzen. Es ist wie mit Architektur - diese lebt auch von der Erfahrung im Raum. 

Was braucht es nun? 

Man kann vieles ins Freie verlegen, klar. Auch das machen wir schon länger. Für die Lindauer Nobelpreisträgertagungen haben wir Stadtrundgänge und eine App entwickelt, mit der Besucher und Bewohner der Stadt mit ihrem eigenen Mobile Device auf den Spuren der Nobelpreisträger wandeln können. Perfekt für die Umstände! Fürs Nemo in Amsterdam haben wir auf dem Dach des Museums eine Outdoor-Ausstellung zu den Elementen Wind, Wasser, Sonne erstellt. 

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Bei solchen Projekten fällt es leicht, zusammen zu sein und dennoch Abstand zu wahren. Aber Corona wird uns noch lange begleiten. Deswegen müssen wir weiter denken, um Schnittstellen zwischen analog und digital zu schaffen, die einen echten Mehrwert bieten. Es wird sicher kein Zurück geben. Aber ich möchte auch nicht einfach einem neuen Trend blind hinterher laufen. Ich möchte mich sogar gegen eine pauschale Digitalisierung aussprechen. Es sollte nicht einfach alles ersetzt werden. Viele analoge Situationen sind sinnvoll und gut! Wir Designer sollten jetzt also anbieten, Situationen zu entschärfen, bei denen sich Menschen nahe kommen (müssen), damit es weiterhin auch Events im echten Leben geben kann. Das war schon vor Corona ein Anliegen vieler, Gedränge wird in den wenigsten Kontexten als bereichernd empfunden - ist es zu eng, nervt es. Hier kann man sich kreativ austoben, die Möglichkeiten sind riesig, unsere Partner-Museen machen es vor.

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Wir arbeiten zurzeit zudem vermehrt an hybriden Formaten, um einen guten Mix aus analog und digital zu kreieren. Dafür müssen wir noch mehr Fragen stellen als sonst, um die zum Teil auch neu aufpoppenden Bedürfnisse von Nutzern zu verstehen, uns auf eine andere Art der User Journey zu begeben und bis dato unbekannte Ängste zu nehmen, um Mut oder Lust auf Neues zu machen. Der Wunsch ist jedenfalls da: Wir haben in den letzten Wochen festgestellt, dass die Sehnsucht nach echten Begegnungen die Freude am oft ja doch recht isolierten Arbeiten und Treffen im Home Office bei weitem übertrifft. 

Als Geschäftsführer einer Kreativagentur bin ich zwar fest davon überzeugt, dass das Arbeiten remote lange gut gehen kann. Aber es wird, das denke ich heute, den kreativen Prozess von Designern nie so produktiv und innovativ voranbringen wie das gemeinsame in einem Raum sitzen und sich die Köpfe heiß diskutieren. Es ist viel schwieriger, ein nachhaltiges Gemeinschaftserlebnis zu schaffen, bei dem echte und sinnliche Erfahrungen oder Verbindungen erzeugt werden, wenn man sich immer nur auf dem Bildschirm begegnet. Wenn man sich nicht in die Augen sehen kann. Irgendwie scheint plötzlich nicht mehr alles möglich, was noch vor kurzem selbstverständlich war. 

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Wir als Designer müssen jetzt eine Brücke zwischen analog und digital schlagen und unsere Kunden begleiten, ihren eigenen Stil zu finden, der sowohl von Zuhause als auch vor Ort clever und attraktiv erfahrbar ist. Wir können nur versuchen, Interaktion auf ein neues Level zu heben. Und dabei freuen wir uns ganz leise schon jetzt auf die Zeit, in der neben den wirklich spannenden digitalen Angeboten auch das Analoge, das Hands-on und das Körperliche wieder in der Hauptrolle mitspielen dürfen… bis dahin bringen wir es zusammen.

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