ILAC G24 und ISO 9001: Kalibrierintervalle strategisch bestimmen

ILAC G24 und ISO 9001: Kalibrierintervalle strategisch bestimmen

Als ISO 9001 zertifiziertes Unternehmen ist es besonders wichtig, ein systematisches, dokumentiertes und risikobasiertes Verfahren zur Bestimmung der Kalibrierintervalle zu haben. In diesem Beitrag möchte ich Ihnen eine praxisnahe Hilfestellung bieten und eine Möglichkeit aufzeigen, diese Thematik anzugehen und Ihre Entscheidung mit einem internationalen Leitliniendokument zu begründen.

Ergänzend zur ISO 9001 könnte die ILAC G24 herangezogen werden. Die ILAC G24 bietet spezifische Methoden zur Bestimmung und Überprüfung von Kalibrierintervallen für Messgeräte und kann eine wertvolle Ergänzung zu den allgemeinen Qualitätsmanagementanforderungen der ISO 9001 darstellen. Durch die Kombination beider Dokumente können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Messgeräte einsatzfähig und zuverlässig bleiben, während sie gleichzeitig die übergeordneten Qualitätsmanagementstandards einhalten.

ILAC (International Laboratory Accreditation Cooperation) ist eine globale Vereinigung, die sich auf Akkreditierungen spezialisiert hat. Sie entwickelt Akkreditierungspraktiken, fördert die Akkreditierung zur Handelserleichterung, unterstützt den Aufbau von Akkreditierungssystemen und erkennt weltweit kompetente Prüf- und Kalibrierlaboratorien sowie Inspektionsstellen an. ILAC betreibt ein weltweites gegenseitiges Anerkennungsabkommen, um Handelsbarrieren zu reduzieren und das Ziel "einmal akkreditiert, überall akzeptiert" zu erreichen.

Die ILAC G24 ist ein Leitliniendokument, das sich mit der Bestimmung von Kalibrierintervallen für Messinstrumente befasst. Die Bestimmung der Kalibrierintervalle basiert auf verschiedenen Methoden, die auf historischen Daten, dem spezifischen Einsatzbereich der Instrumente und einer Risikobewertung beruhen. Weitere Informationen über ILAC können auf ihrer Website unter www.ilac.org gefunden werden. Eine Liste der Dokumente aus der ‚G-Series‘ ist hier zu finden: ILAC Guidance Series.

Sehr häufig wird aus der ILAC G24 die ‚Methode 1‘ (Automatische oder „stufenweise“ Anpassung nach Zeit) zum Einsatz kommen. Deshalb möchte ich hier beispielhaft ein mögliches Vorgehen aufzeigen:

Angenommen, es wurden folgende Anforderungen festgelegt:

  • Maximal zulässige Abweichung: 50 µm
  • Maximales Kalibrierintervall: 24 Monate
  • Basiskalibrierintervall: 12 Monate
  • Schrittweise Verlängerung des Intervalls: 2 mal 6 Monate
  • (Optional) Zwischenüberprüfungen in 8-wöchigem Rhythmus

In diesem Fall könnten Sie wie folgt vorgehen:

  1. Initiale Bewertung: Die Anschaffung des neuen Messgerätes erfolgt mit Kalibrierung und 12 Monaten Kalibrierintervall oder historische Daten werden herangezogen.
  2. Definieren Sie die Entscheidungskriterien: Legen Sie fest, dass der Kalibrierintervall verlängert wird, wenn die Abweichung einen bestimmten Schwellenwert nicht übersteigt. Ein typischer Wert könnte z.B. 50 % der Toleranz sein (25 µm). Hinweis: Bei der Festlegung von Schwellenwert und Toleranzgrenzen sollte die Messunsicherheit berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse präzise und verlässlich sind.
  3. (Optional) Zwischenüberprüfungen einplanen: Führen Sie alle 8 Wochen kurze Überprüfungen durch, um den Zustand des Messgeräts zu überwachen. Diese Überprüfungen könnten einfache Funktionschecks oder Messungen an Referenznormalen umfassen.
  4. (Optional) Bewerten Sie die Zwischenüberprüfungen: Dokumentieren und analysieren Sie die Ergebnisse der 8-wöchentlichen Überprüfungen. Wenn während dieser Zwischenüberprüfungen signifikante Abweichungen auftreten, sollten Sie das Gerät sofort zur Kalibrierung schicken und den Intervall anpassen.
  5. Erste (Re)Kalibrierung: Verlängern Sie den Kalibrierintervall um 6 Monate, d.h. der nächste Kalibriertermin wäre in 18 Monaten statt 12 Monaten, wenn die Abweichung den Schwellenwert bei der Kalibrierung nicht überschritten hat.
  6. Entscheidungsfindung nach der ersten Verlängerung: Wenn das Messgerät nach 18 Monaten kalibriert wird und die Abweichung weiterhin innerhalb der festgelegten Grenzen (z.B. 25 µm) liegt, verlängern Sie den Intervall erneut um 6 Monate.
  7. Wiederholung und Anpassung: Wiederholen Sie diesen Prozess, bis der maximale Kalibrierintervall erreicht ist oder die Abweichung die Entscheidungskriterien überschreitet. In diesem Fall reduzieren Sie den Intervall entsprechend.

Durch regelmäßige kurze Überprüfungen alle 8 Wochen können Sie sicherstellen, dass das Messgerät auch zwischen den Kalibrierungen zuverlässig bleibt und mögliche Probleme frühzeitig erkannt werden.

Oreste Pasquillo

Messmittelüberwachung bei Trafag AG

5 Monate

Die Erfahrungswerte sind auch wichtig 😊

Zum Anzeigen oder Hinzufügen von Kommentaren einloggen

Ebenfalls angesehen

Themen ansehen