Innovation braucht eine Richtung

Innovation braucht eine Richtung

Missions-orientierte Innovation (MOIP) bereichert die öffentliche Innovationspolitik um ein wertvolles Instrument. Eine ihrer Kernideen hilft Politik und Verwaltung, Innovationsförderung eine Richtung zu geben.

In den letzen Jahren habe ich mich im Rahmen des European Capital of Innovation Awards und dem Austauschprogramm 040x040 intensiv und praktisch mit dem Thema urbaner Innovation beschäftigt. Dabei habe ich wertvolle Einblicke in die Innovations-Praxis vieler deutscher und europäischer Städte gewinnen können. Diese Einblicke teile ich in meinem Mission-Oriented Innovation Newsletter.

Gelernt habe ich, dass oft systemische bzw. organisatorische Mängel die Innovationspolitik in Deutschland hemmen. Manchmal ist es leider auch politisches Kalkül. Manche Politiker*innen denken: wenn wir eine Innovationsstrategie haben, dann sind wir ja auch innovativ. Wenn wir nur laut und oft genug sagen, dass wir eine innovative Stadt sind, oder uns bestimmte Rankings herauspicken, die diese Selbsteinschätzung bestätigen, dann müssen wir doch innovativ sein.

Doch das ist ein Trugschluß, denn eine solche Innovationsstrategie ist leider nur ein symbolisches Papier, PDF oder PPT, das wir uns in die Schublade legen und bei Bedarf darauf zeigen.

Wir dürfen nicht vergessen, dass Innovation nur durch Handeln entsteht- Strategien, egal wie gut sie geschrieben sind, sind erst einmal nur: Worte. Sie helfen uns, Ziele zu definieren und Wege, wie wir sie erreichen können. Aber sie sind nicht mit der Umsetzung zu verwechseln.

MOIP finde ich deshalb so interessant, weil Politik und Verwaltung Farbe bekennen müssen. Sie müssen klare Ziele definieren und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Sektoren bzw. Disziplinen voranbringen. Wir kennen diese sehr konkrete Hands-On-Mentalität bereits aus der Welt der digitalen Produkte, dort haben OKRs - Objective Key Results- die Szene vom Weltkonzern Google bis hinunter zum kleinen Startup im Sturm erobert. Denn je konkreter Ziele sind, desto besser lassen sich Organisationen darauf ausrichten, desto motivierter sind wir, weil wir verstehen, wohin die Reise gehen soll- und warum.

Kurzum: Innovation braucht eine Richtung. Denn viel zu oft verlassen wir uns auf das nächste große Ding, das meistens technischer Natur ist und privatwirtschaftlich monetarisiert wird. Doch diese Haltung macht uns zu passiven Konsument*innen von Innovation. Dabei sollten und wollen wir doch eigentlich Akteur*innen sein. Das bedeutet: wir- als Gesellschaft- sollten darüber bestimmen, in welche Richtung wir Innovation fördern und entwickeln wollen, und nicht umgekehrt.

Marianna Mazzucato, die mit ihrem Team am UCL Institute for Innovation and Public Purpose MOIP entwickelt hat, schreibt dazu:

"Der Anspruch, eine bestimmte Art von Wirtschaftswachstum (smart, inklusiv, nachhaltig) zu erreichen, ist das direkte Eingeständnis, dass Wirtschaftswachstum nicht nur eine Quote ist, sondern auch in eine Richtung weist. In diesem Zusammenhang können Industrie- und Innovationsstrategien die Grundpfeiler für transformative Veränderung sein- insbesondere, indem wir neue Missionen identifizieren und zum Ausdruck bringen, die (bestehende) Muster in Produktion, Vertrieb und Konsum über verschiedenste Sektoren hinweg aufrütteln."
Quelle: RSA Mission-Oriented Innovation Policy Challenges and opportunities by Mariana Mazzucato (2017).

Mission Oriented Innovation wird bereits auf verschiedenen Ebenen angewendet: auf EU-Ebene wurde das europäische Innovationsförderprogramm Horizon Europe mit dem Missions-Ansatz komplett neu ausgerichtet; auf staatlicher Ebene hat z.B. Italien unter dem Titel Mission Italia: Investment, Innovation and Imagination seine Innovationspolitik von Grund auf überdacht; auf städtischer Ebene hat z.B. London einen Recovery Plan zum Wiederaufbau der lokalen Wirtschaft und Gesellschaft nach der Corona-Pandemie aufgesetzt.

Wir sprechen hier also von einer Methode, die auf unterschiedlichsten Skalierungen und Ebenen andwendbar ist. Deshalb möchte ich sie mit IT’S THE GLUE auch Bund, Ländern, Kommunen und Städten in Deutschland näher bringen.

Auch die OECD hat das Potenzial der Mission Oriented Innovation erkannt und definiert sie so:

"Missions-orientierte Innovations-Politik ist ein koordiniertes Paket, das aus politischen Rahmenbedingungen und regulatorischen Maßnahmen besteht. Es wird auf die Mobilisierung von Innovation maßgeschneidert, um klar definierte Ziele in einem eindeutigem Zeitraum zu erreichen. Diese Ziele haben immer einen Bezug zu einer gesellschaftlichen Herausforderung.
Dabei können die Maßnahmen unterschiedliche Stufen des Innovations-Zyklus betreffen- von Forschung und Entwicklung bis zu Demonstratoren und Markterschließung, sie können supply-push und demand-pull Instrumente umfassen und sich quer über verschiedene Politikbereiche, Sektoren und Disziplinen erstrecken."
Quelle: OECD OPSI Observatory of Public Service Innovation, (2021).

In diesem Blog und Newsletter werde ich fortlaufend verschiedene Aspekte der Mission-Oriented Innovation beleuchten. Ich freue mich über Dein Feedback, leite diesen Post gerne auch an deine Kolleg*innen weiter.

Jetzt wünsche ich Dir aber erst einmal einen guten Rutsch und ein gesundes neues Jahr 2022.

Viele Grüße

Matthias Weber

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