Interkulturelles Know How fördert deutsch-amerikanische Teamarbeit

Interkulturelles Know How fördert deutsch-amerikanische Teamarbeit

Marc aus Utah ist entsetzt. Da war der Telekommunikations-Spezialist zum Anwender-Treffen seines Software-Lieferanten nach Deutschland gekommen und hatte sich auf einen regen Fachaustausch mit internationalen Kollegen gefreut. Und dann passiert ausgerechnet so etwas: In der Sauna des Konferenz- Hotels trifft der arglose Manager gleich am ersten Abend mehrere europäische Arbeitskollegen. Allein, es handelt sich dabei nicht nur um seine Geschlechtsgenossen. Der Kreis besteht aus Männern und Frauen, die allesamt ebenso ungezwungen wie unbekleidet sind.

Irritiert sucht Marc das Weite, trifft die Marketing-Managerin und beschwert sich über die lockeren Zustände im Gastgeberland. Doch die Dame erkennt den Ernst der Lage. Sie reagiert lediglich mit einem amüsierten Augenzwinkern.

Marc fühlt sich plötzlich nicht mehr wohl und will abreisen.

Was liegt da vor? Ein klassischer Fall von interkulturellem Unverständnis.

In einer Studie zum Thema Global Leadership ermittelte die Society for Human Resource Management (SHRM), der weltweit größte Verband für Personalwirtschaft, die wichtigsten Qualifikationen internationaler Führungskräfte. Verblüffendes Ergebnis: Neben Charakter und Leistung zählt vor allem interkulturelle Anpassungsfähigkeit, und zwar deutlich vor Anforderungen wie Weitblick, Durchsetzungskraft und logischem Denkvermögen.

In einem zunehmend globalen Umfeld, so die Begründung der Autoren, müssen sich Manager in fremde Kulturen einfügen können. Kein Wunder also, dass das Geschäft mit den Manieren floriert. Laut "Forbes Magazine" setzen die interkulturellen Trainingsstätten in Amerika jährlich hunderte Millionen Dollar um.

Bei den themenverwandten Publikationen klingelt ebenfalls die Kasse. Das Spektrum ist weit gefächert und reicht von einschlägigen Seminaren über How-To-Fibeln bis hin zu eher dilettantisch-gemachten Ratgebern. Der Novize bekommt allemal Basisinformationen zu Gepflogenheiten in Sachen Kleidung, Konversation und Business-Konvention. Dazu gibt es Tipps zum Thema Zwischengeschlechtliches. Grundsätzlich besteht hier übrigens weniger Anlass zur Sorge als gemeinhin befürchtet: Ein harmloses Kompliment wird selbst im notorisch- korrekten Amerika noch nicht als "sexual harassment" gewertet.

Besonders populär sind die Etikette-Kurse, die von meinungsmachenden Medien, wie der "New York Times", als "neue Business Tools" gefeiert werden.

Auch und besonders im Bereich deutsch-amerikanische Teamarbeit hilft das interkulturelle Training, weil damit unterschiedliche Erwartungshaltungen aufgedeckt und nivelliert werden können.

Sicher, das interkulturelle Training hat einen unbestrittenen Stellenwert in der Annäherung der Business-Kulturen. Als einzige Quelle der Inspiration reicht er hingegen nicht aus. Wichtig ist und bleibt das "learning by doing".

Das bringt uns zu der unsäglichen Geschichte mit Marc aus Utah zurück.

Hier gab es glücklicherweise doch noch ein Happy End. Marc ist dem deutschen Softwarehaus als Konferenz-Teilnehmer und als langjähriger Kunde erhalten geblieben. Sein deutsches Sauna-Erlebnis kolportiert er mittlerweile gerne als Anekdote im Freundeskreis. Und wie erging es seiner deutschen Ansprechpartnerin? Die hat ebenfalls aus ihren Fehlern gelernt und einiges an Fremdkultur-Verständnis hinzugewonnen. Woher ich das so genau weiß?

Sie, meine aufmerksamen Leser, haben es vielleicht schon erraten: Die unbedarfte Marketing-Managerin, die war nämlich keine andere als ich selbst.

 

Aus der Marketing-Metropole New York:
Yvette Schwerdt

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