Interview: Mit Growth Hacking zum raschen Wachstum:
Wie auch KMU vom neuen Marketingtrend profitieren können
Bild: Nicole Larissa Thaler

Interview: Mit Growth Hacking zum raschen Wachstum: Wie auch KMU vom neuen Marketingtrend profitieren können

Interview: Simone Ott

Mehr Kunden, mehr Umsatz, tiefere Kosten. Growth Hacking ist das Zauberwort der rasant wachsenden Tech-Startups. Weshalb auch Unternehmen diese Methode für ihr Wachstum nutzen sollten, erklärt Moritz Schmid, Growth Hacking Verantwortlicher bei Gryps.

Growth Hacking ist nur etwas für Tech-Firmen und Start-ups, traditionelle Unternehmen brauchen das nicht. Was sagst Du dazu, Moritz?

Der Digitalisierungs-Druck ist gross, auch mittelständische Unternehmen und Konzerne sollten deshalb Growth Hacking für sich anwenden. Die Lean Startup-Bewegung ist eine Inspiration für jedes Unternehmen, das sich weiterentwickeln und wachsen möchte. Growth Hacking überträgt diese Dynamik auf das Marketing. Für ein Unternehmen ist es heute kaum mehr möglich, Schritt zu halten, wenn es im Silo-Denken verharrt.

Kannst Du kurz erklären, um was es bei Growth Hacking überhaupt geht?

Es ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Abteilungen, die traditionell nicht so eng miteinander zusammengearbeitet haben: Marketing, IT, Design, User Experience und Produktmanagement. Dabei geht es darum, gemeinsam kreative Lösungen zu finden und Ideen auszutauschen, wie Wachstum im Unternehmen erzielt werden kann.

Und die Strategie dahinter?

Ein herkömmlicher strategischer Marketingplan mit langfristiger Ausrichtung steht nicht dahinter. Es geht darum, schnell möglichst viele Umsetzungsideen zu generieren, die dann sofort getestet und optimiert werden. Beim Growth Hacking geht es, wie der Name sagt, einzig ums Thema Wachstum und nicht wie im klassischen Marketing auch um Aufbau von Bekanntheit und Image.

Hast Du dazu ein Beispiel?

Will ein Unternehmen die Retention, also die Kundenbindung erhöhen, wird eine Aktion definiert, mit der man Kunden nach dem Kauf erneut anspricht, um sie zu weiteren Käufen zu animieren. Das kann ein Rabattcode sein oder eine Newsletter-Anmeldungsfunktion. Diese Aktion wird zunächst als Testphase umgesetzt. Danach wird sie ausgewertet und entschieden, ob sie weitergeführt wird. Sind die Rabattcodes erfolgreich, kann über den nächsten Schritt nachgedacht werden. So könnte man in Softwaretools investieren, die mittels AI nach den Einkaufsinteressen des Kunden individuelle Rabattcodes generiert. Damit kann die Performance weiter verbessert werden.

Einen Plan gibt es beim Growth Hacking aber schon?

Sicher. Es ist wichtig, die Bereiche zu definieren, in denen man als Unternehmen schnell wachsen will. Das kann Neukundengewinnung sein, Retention oder Erhöhung des Customer Lifetime Value. Wichtig ist auch ein Leitziel, den sogenannten 'Northstar Metric' zu definieren. Das kann zum Beispiel eine höhere Anzahl Bestellungen im Online Shop sein. Darauf zielen dann alle Aktivitäten ab.

Wie läuft der Prozess der Ideenfindung?

Die Grundlage sind regelmässige, idealerweise wöchentliche Meetings mit dem Growth Hacking-Team. Dazu gehören ein IT-Entwickler, ein Datenanalyst und jemand aus Marketing/Content und Produktmanagement. Im Gegensatz zu traditionellen Marketingmassnahmen wird jeder Touchpoint des potentiellen Kunden mit dem Unternehmen als Kommunikationskanal in Betracht gezogen. Im Meeting werden vorselektionierte Ideen besprochen und die bereits durchgeführten Tests ausgewertet. Das Team entscheidet selbständig, welche Ideen umgesetzt werden und wird diese auch gleich implementieren. Es gibt keine langen Entscheidungswege. Tempo und flache Hierarchien sind für den Erfolg sehr wichtig.

Wie werden die Ideen umsetzt?

Mit A/B Testings und entsprechenden vorher/nachher Datenanalysen. Dann werden Landing Page, sonstige Optimierungen für Usability, Content und Design implementiert oder Online-Werbemittel und -Kampagnen aufgeschaltet.

Was sind die grossen Vorteile von Growth Hacking?

Heute haben Marketing-Massnahmen eine unglaubliche Dynamik im Bereich Kanäle und Technologien, um das Potenzial Massenverbreitung zu erreichen. Da Kosten für klassisches Marketing exorbitant sind und Werbung hohe Streuverluste hat, ist Growth Hacking für Unternehmen eine effiziente, schnelle, rein Performance orientierte, streuverlustfreie Marketingmethode. 

Welches sind die Voraussetzungen, die ein Unternehmen braucht?

Unternehmen müssen die Relevanz neuer Technologien und Plattformen für sich einschätzen können. Es braucht auch neue Skills und Mitarbeiter, die sich schnell adaptieren und in neue Technologien einarbeiten können. Das trifft nicht bloss auf IT-Entwickler zu, sondern auch auf Marketing-Leute. In den meisten Fällen sind die Ressourcen knapp bemessen. 


 

Ueli Konrad

Lead Product Manager Data Insights & Professional Services at Swiss Re | Data & Analytics | Magnum Automated Underwriting Solution | Life & Health Insurance

5 Jahre

Spannendes Interview!

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