Interview mit Herrn Gerald Baumgartner, RA, Prüfungsausschuss BBi München I
Herr Baumgartner, zum Einstieg kurz zu Ihrem persönlichen Werdegang: Sie sind seit 2020 als Rechtsanwalt mit Schwerpunkt auf Handels- und Vertriebsrecht tätig und haben zusätzlich eine Ausbildung zum Wirtschaftsmediator absolviert. Ehrenamtlich engagieren Sie sich als stellvertretendes Mitglied im Prüfungsausschuss der Rechtsanwaltskammer München. Wie kam es dazu, dass Sie bereits kurz nach Ihrer Zulassung im Jahr 2020 ehrenamtlich bei der RAK München aktiv wurden? Was motiviert Sie bei Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit bei der RAK München besonders?
Meine erste Berührung mit der RAK München hatte ich im Referendariat. Die Kammer beteiligt sich an der Referendarausbildung, indem sie einige Unterrichtseinheiten zum „Berufsfeld Anwaltschaft“ anbietet. Dort hat Herr Dr. Thomas Kuhn (Vorstandsmitglied der RAK München) doziert und uns unter anderem auf das mündliche Examen vorbereitet. Dieses Engagement für unsere Ausbildung und unseren Berufsstand fand ich toll, sodass ich mich dann auch bald in der Kammer einbringen wollte.
Worin bestehen Ihre Aufgaben als Mitglied des Prüfungsausschusses?
Der Prüfungsausschuss ist für die Durchführung der Zwischen- und Abschlussprüfung der Rechtsanwaltsfachangestellten zuständig. Dazu gehört die Aufsicht während der Klausuren, die Korrektur der Klausuren, die Teilnahme an der Notenkonferenz und vor allem die mündliche Abschlussprüfung. Das sogenannte „Fallbezogene Fachgespräch“ ist quasi das „Highlight“ der Abschlussprüfung – nicht nur für die Kandidatinnen und Kandidaten, sondern natürlich genauso für uns Prüfer. Besonders spannend finde ich die anschließende Diskussion mit den anderen Prüfern, wie die Leistung zu bewerten ist.
Sie haben für die Mitteilungen 04/2021 der RAK München ein Plädoyer für die Ausbildung von Rechtsanwaltsfachangestellten gehalten. Wieso sehen Sie es für so wichtig an, dass Kanzleien verstärkt in die Ausbildung investieren?
Weil nur Kanzleien diese Ausbildung leisten können, andere Ausbildungsbetriebe gibt es für diesen Berufszweig nicht. Dass wiederum zahlreiche Rechtsanwaltsfachangestellte teils direkt nach bestandener Prüfung den Berufszweig wechseln und beispielsweise in die öffentliche Verwaltung oder in die Industrie wechseln, muss der Anwaltschaft zu denken geben.
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Die RAK München bietet ihren Mitgliedern Unterstützung an bei Themen, die im Rahmen der Berufsausübung auftreten können – wie erleben Sie die Rolle der RAK München in Ihrem Arbeitsalltag und welche Angebote unterstützen Sie dabei besonders?
Die Kammer hält auf ihrer Webseite recht nützliche Anleitungen für das beA bereit. Zudem finde ich das telefonische Beratungsangebot zu Fragen des Berufsrechts sinnvoll. Denn auch wenn man sich hierzu mit Kollegen austauschen kann, gibt einem die Beratung durch Vorstandsmitglieder der Kammer noch mehr Sicherheit in solch wichtigen Fragen.
Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht die Rolle der Kammern für die Selbstverwaltung und Interessenvertretung der Anwaltschaft und warum?
Die Kammern nehmen ja eine Art Zwitterstellung ein, indem sie einerseits als Behörden die Disziplinaraufsicht über uns ausüben, andererseits aber Raum lassen, dass sich die von ihr beaufsichtigten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte hierbei einbringen. Das bietet uns die Gelegenheit, unsere Interessen zu vertreten und diese durch das Sprachrohr der Kammer in Richtung Politik und Entscheidungsträger wahrnehmbar zu kommunizieren.
Die Rechtsanwaltskammer München lebt vom ehrenamtlichen Engagement ihrer Mitglieder. Wie würden Sie vorgehen, um mehr Kammermitglieder für ein ehrenamtliches Engagement zu gewinnen? Welchen Appell würden Sie an die Mitglieder richten?
Es lohnt sich in vielerlei Hinsicht: Wir haben so die Chance, unseren Berufsstand mit zu prägen, anstatt bloß von „oben“ reguliert zu werden. Außerdem macht es Freude und man kann etwas bewirken.
Zeit für Abwicklungen?
2 JahreDas Plädoyer für die Ausbildung im Mitteilungsblatt 4/2022 gefällt mir natürlich sehr und der gesamte Beitrag gefällt mir sehr, weil er sich rund um "meinen" Bereich "Ehrenamt und Ausbildung" dreht, aber... ...bei dem Satz "Obwohl sich die Ausbildung in erster Linie berufsschulorientiert..." werde ich wieder etwas traurig, weil wir uns nicht von der Vorstellung der "Dinosaurier" lösen können. 4 Tage pro Woche der dualen Ausbildung finden in der Kanzlei statt und nur ein Tag in der Schule. Können wir nicht die Vorstellung irgendwie umsetzen, dass die meiste Zeit der Ausbildung in den Kanzleien stattfindet? Der Vorteil der dualen Ausbildung ist doch, das sie gerade nicht überwiegend schulisch, sondern in der Praxis stattfindet. Dieses (unser) duale System versuchen viele europäische Länder zu imitieren und (gerade) wir vergessen regelmäßig wie es im Kern funtioniert. Sehr schön finde ich aber den Beitrag zu der individuellen Ausarbeitung der Kanzleiausbildung, weil es im Kern den wichtigsten Vorteil trifft. "Meinen" Azubi auszubilden,bedeutet jemanden zu haben, der sich in "meiner Materie" auskennt und sich sicher fühlt. Jemand, der sich sicher fühlt, ist gut und jemand, der gut ist, hat Erfolg und Erfolg beflügelt.