It’s Fake - but I got your Attention, right?

It’s Fake - but I got your Attention, right?

Und nur darum geht’s! Bilder mit fetten Überschriften und knackigen Untertiteln sind doch nichts anderes als ein Stilmittel gegen unsere kürzer werdende Aufmerksamkeitsspanne. Und ganze Sätze erscheinen den erschöpften Massen heute sowieso schon wie Energieverschwendung.

Wir schauen zwar gerade demselben Sturm ins Auge, glauben aber als gelernte Selbstoptimierer nicht daran, im selben Boot zu sitzen. Jeder rudert ums eigene Überleben, fernab von jeder ehrlichen Solidarität und Gemeinschaft. Statt miteinander lebt man nebeneinander. Niemand will etwas verlieren. Daher können wir so viele verunsichern. Das ist einfach, denn jeder hat etwas. Und weil jeder etwas hat, hat er auch etwas zu verlieren! Immer lauter fordern wir unsere vertrauten Lebensumstände zurück, und vermeiden gerade dadurch die potenziellen Chancen dieses Ausnahmezustandes. So vieles könnte man voraussehen, und es dann wieder nicht wollen. Das System produziert weiter seine Verlierer!

Dabei liegt das Potenzial dieses Corona-Ausnahmezustandes doch eigentlich nur darin, dass jahrelange Defizite offengelegt werden – in der Gesellschaft, und besonders auch in der Wirtschaft: rücksichtslos global und effizienzgetrimmt. Das veritable Eco-Eco-Gap hatten wir schon vorher: im Moment ist es nur besser sichtbar!

Durch die rosa Fortschritts-Brille gesehen, ist unser Leben natürlich um einiges leichter geworden, oder? So viel der Schufterei, die heute gar nicht mehr nötig ist, oder gleich von Maschinen erledigt wird. Aber, irgendwie sind wir beschäftigter und getakteter als jemals zuvor. Wir sind ungeduldig, haben nie Zeit, von Muße gar nicht zu reden – und jeden Tag wird es noch ein wenig g‘schaftiger.

So viele Daten, so viele Optionen, so viele Entscheidungen, so viel Angst, so viel Stress. Und mit dem sortieren von so viel Input beschäftigt, kommen wir gar nicht mehr dazu, ernsthaft über die Hintergründe und Aussagekraft dessen, was da auf uns einstürmt, nachzudenken. Das wissen einige zu nutzen.

Wir haben eine veritable Aufmerksamkeits-Krise. Das ist jetzt nicht unser Fehler. Es geht nur einfach nicht, dass wir allem und jedem unsere volle Aufmerksamkeit schenken können. Und im entsetzlichen Bemühen es doch zu tun, verschwimmt die Welt um uns herum - bis nur noch durchdringt, wer am lautesten schreit, oder noch besser, etwas schreit, was auch noch bedrohlich erscheint. Und Corona zeigt uns gerade, was wir auch sind: gnadenlos opportunistische Wesen!

Fakt ist: unsere Aufmerksamkeit ist eine begrenzte menschliche Ressource - und besonders in Ausnahmezuständen wird sie regelrecht verschlissen. Die Zeit, um uns wirklich mit etwas zu beschäftigen, zu erfassen, und auch noch zu verstehen, ist flüchtig. Und diese Flüchtigkeit fordert immer „höhere Eintrittspreise“: Fake, Schock, Lüge...maximales Getöse, worthülsende und emotional aufgeladene Polemik – selten auch Beweise. Die Konzepte der modernen Plakatierer sind eigentlich recht simpel, aber sie sind auf keinen Fall offensichtlich.

„In einer Welt, die überflutet wird von bedeutungslosen Informationen, ist Klarheit Macht“ meint Yuval Noah Harari. Und letztlich ist es egal, mit welchen Mitteln eine „wohlmeinende“ Klarheit geschaffen wird. Das zeigen immer auch die populistischen Strömungen der Welt – und das macht nicht nur Populisten in ihrer vermeintlichen Klar- und Aufrichtigkeit so gefährlich. „Wir werden uns noch wundern, was alles geht“, ist deshalb vielleicht doch mehr Drohung denn Prophezeiung?

Andreas Lampl zeigte mal vor einiger Zeit im ‘trend‘ ein schönes Beispiel: „Ausländer raus!“ Das ist doch mal ein Titel-Blickfang für Volkes Auge, oder? So eine Schlagzeile ist schnell montiert und in unserer „wohlmeinenden“ Smartphone-Blasen-Monokultur noch schneller verbreitet. Aber, schon mit den nächsten Zeilen hat er dem Populisten alles kaputt gemacht – und sogar der Realität vorgegriffen, denn gerade jammern wir: wer macht dann bitteschön die Arbeit, für die sich der gemeine Österreicher zu schade ist: Pflege, Ernte, Reinigung, etc.? Jetzt rufen wir schon „Ausländer rein“ – verrückt oder?

Schon paradox, dass gerade das Ausbleiben italienischer Zustände und jämmerlichen Massensterbens hierzulande die Kritik an den Maßnahmen anheizt. Ich frage mich gerade, was wohl der Wirt machen wird, wenn nachweislich aus seinem Restaurant ausgehend ein neuer Infektionsherd entstanden ist?

Wir wissen von der enormen Ausbreitungsdynamik von Corona – und die verträgt sich nicht mit unserer Sehnsucht nach einfachen Antworten.

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Roland Ebert-Weglehner

Verkäufer, Trainer, Interim, Berater, Mensch

4 Jahre

...Hallo Herr Koermer, das ist wohl wahr. Die Natur tut was sie tut. Der Erde sind wir Menschen scheißegal - und manchen Menschen die anderen wohl auch! Es lässt sich gerade maximal Klein-Klein-Positives, doch wenig Fortschrittliches von Wirtschaft und Gesellschaft erzählen. Noch sind wir in unserer effizient-verzweckten Denkweise blockiert. Bill Gates (man muss ihn nicht mögen, aber hinhören schadet auch nicht): “It’s very tough to say to people: hey, keep going to restaurants, go buy new houses, ignore that pile of bodies over in the corner, we want you to keep spending because we think GDP growth is what counts”. Doch was wir bis hierhin gemacht haben wird vielleicht nicht mehr funktionieren. Der Traum von Luxus und Wohlstand für alle ist ja auch nicht erst mit Corona schiefgegangen. Es wird viel gepostet, getalkt und moderiert, über die Härte der „Neuen Normalität“ - über die schnelle Rückkehr zur „Alten Realität“ - wann die Krise endlich aufhört, zu welchen Kriterien, was dann genau passiert, konkret... typisch Ooompfh? Wir wollen einfache Antworten, sogar auf die falschen Fragen. Nicht gefragt wird um Verbesserungen der „Alten Realität“, bevor man zu dieser zurückkehren könnte! Schade, dass so wenigen dämmert, dass künftig die Beute die wir machen können über unser Leben entscheidet, nicht unsere Fähigkeit zur Jagd - wie hochgerüstet auch immer.

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