Was kann der Mittelstand aus den Vertriebsfehlern internationaler Konzerne lernen?

Was kann der Mittelstand aus den Vertriebsfehlern internationaler Konzerne lernen?

Etwas provokante Frage, zugegeben. Führungskräfte der besagten Konzerne werden jetzt vielleicht empört fragen: "Wieso, welche Fehler?". Oder sie werden sich und ihr Unternehmen exakt beschrieben sehen... Und ja, es gibt große internationale Unternehmen, die solche Fehler nicht machen; zweifellos!

Was mir Kandidaten immer wieder über die Organisation und Volatilität im Vertrieb berichten, ist tatsächlich fatal, wenn es um die berühmte "Retention" geht, also um die Frage: "Wie sorge ich dafür, dass unsere guten Vertriebler bei uns bleiben?"

Zwei Dinge bilden ein immer wiederkehrendes Muster:

  • Alle zwei Jahre, meist angestoßen durch einen Wechsel bei der weltweiten Vertriebsführung in der Zentrale, bekommen die Vertriebler weltweit ein komplettes Umkrempeln ihrer bisherigen Kunden verpasst ("Du machst jetzt nicht mehr die Kunden in Norddeutschland, sondern deutschlandweit die xyz-Branche."). Alles, was in den letzten 2 Jahren mühsam an Pipeline und Kundenkontakten aufgebaut wurde, ist immer wieder dahin! Ein Sales Manager eines sehr großen Softwareunternehmens hat mir genau das neulich wieder bestätigt; mit der Einschränkung, dass das bei denen nicht alle zwei Jahre, sondern jedes Jahr passiert.
  • Durch die Komplexität der Gesamtorganisation gibt es für jeden einzelnen Kunden gefühlt 13 "Leaders", die sich für diesen Kunden zuständig fühlen. Die wollen alle gefragt oder zumindest informiert werden, bevor der Sales Manager zu diesem Kunden "darf". Bis das alles passiert ist, ist das günstige Zeitfenster auch schon wieder zu und der (kleinere) Wettbewerber war schon da.

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Lernen können daraus Unternehmen aller Größen: Lasst euren engagierten Sales Managern/Account Managern Bewegungsfreiheit (Herr Steinbrück hätte es "Beinfreiheit" genannt) und nehmt eure tief gestaffelte Organisation und deren Meetings nicht so wichtig. Wenn die guten Leute aufgrund interner Schwerfälligkeit wenig bewegen können oder einem regelmäßigen "Reset" unterzogen werden, werden Sie Euch verlassen.

Dmytro C.

Software development | IoT | Smart Energy | Smart Home | Smart City | Web and mobile

2 Jahre

Sounds great.

Dmytro C.

Software development | IoT | Smart Energy | Smart Home | Smart City | Web and mobile

2 Jahre

Sounds great.

Hallo Jochen, die von Dir geschilderten Beobachtungen habe ich in mehreren Unternehmen (IT Service, Consulting, Software) bereits gesehen. Während der erste Punkt (das "Vertrieblerkarusell") oft jedoch für die eigenen Mitarbeiter schwerer zu akzeptieren ist als für die Kunden, ist der zweite Punkt ("13 Leaders") der unklaren Kundenverantwortung für bestehende und potenzielle Kunden sehr irritierend und für die Organisation mitunter geschäftsschädigend, öffnet es doch ein Einfallstor für Konkurrenten. Eine organisatorische Lösung sind die Einführung eines dedizierten Customer Success und separaten Account Managements, die bereits in der Projektanbahnung, oft zusamen mit Pre-Sales, die Kundeninteressen frühzeitig in den Blick nehmen und behalten. Für mich ist dies der vielversprechenste Weg, wenngleich er eine sehr gute interne Abstimmung/Abgrenzung zwischen den einzelnen Bereichen notwendig macht. Gerade hier sind oft die Mittelständler schneller und besser abgestimmt als die Großunternehmen, die zunächst einmal die interne "Politik" gemanaged bekommen müssen.

Karl-Heinrich (Heiner) Graeb

Ich besetze Fach- und Führungspositionen bei großen deutschen Unternehmen. Als Sparringspartner unterstütze ich Vertriebsteams, Mehrwert für ihre Kunden zu identifizieren und Wettbewerbssituationen effektiv zu meistern.

2 Jahre

Lieber Jochen, inhaltlich ok, aus eigener Erfahrung kann ich da zustimmen. Mich irritiert bei Dir aber Dein Gendern im Text. Hast Du dich nicht nötig. Mit freundlichen Grüßen Heine

Alexander Rost

Head of Europe North (DACH, Nordics, Baltics, Central and Eastern Europe), Managing Director at Swift / Personal views only

2 Jahre

Gerade in der heutigen Zeit ein sehr wertvoller Beitrag. Erfolgreicher Vertrieb beruht meines Erachtens auf Vertrauern - Vertrauen des Kunden in den Vertriebler und Vertrauen der Firma in den Vertriebler. Vertrauen entsteht nur über gewisse Zeit. Daher sind häufige Berater-/Betreuerwechsel toxisch für den Vertriebserfolg. Vertriebler müssen vom Management mit adäquaten Kompetenzen ausgestattet sein, um beim Kunden verläßlich, schnell und ohne viele Rückfragen Zusagen machen zu können. Das kreiert Kundenvertrauen und beim Vertriebler Zufriedenheit. Am Ende sind zufriedene Kunden und zufriedene Mitarbeiter der Schlüssel zum Unternehmenserfolg. Dies gilt aus meiner Sicht für Unternehmen jeder Größe.

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