Kein Neues ohne Trauer

Kein Neues ohne Trauer


Corona – Lock down – Hochfahren. Hoffnung oder Wut, Neugier oder Angst, Zukuftschance oder Zusammenbruch? Wahrscheinlich oft beides. Ich persönlich hoffe, dass wir schon jetzt beginnen, neue Formen des Arbeitens, des Wirtschaftens, des Miteinanders, des Lebens zu kreieren und zu realisieren.

Das bedeutet gleichzeitig Abschied nehmen von gewohnten Formen, sicheren Annahmen und berechtigten Wünschen. Abschied nehmen heißt, sich auf das Gefühl der Trauer einzulassen. Auch auf die Gefühle der Ungewissheit und Unsicherheit.

Das sagt sich so leicht, ist aber mitunter eine schwer begreifbare emotionale Herausforderung. Damit Trauer ihre Wirkung entfalten kann – das Loslassen, um Neues wirklich zu ermöglichen – muss man sich auf eine der schwierigsten emotionalen Paradoxien einlassen und durch diese ‚hindurch gehen‘: Gleichzeitig das, was bisher war und nicht mehr sein wird, voll ins Bewusstsein holen und zugleich sehen und spüren, dass es dieses NICHT MEHR geben wird; gleichzeitig sowohl das Schöne, Wunderbare, das Glückhafte, Freudige sehen, empfinden, annehmen, welches mit dem ‚Nicht-mehr‘ verbunden war, als auch radikal den Verlust spüren und zulassen, dass es so nicht wiederkommt. Das ist harter Tobak, nicht umsonst nennt man das „Trauer-Arbeit“. Ein Prozess, der tiefgreifende Veränderungen begleiten sollte.

Das ist keine Empfehlung zu masochistischen oder nostalgischen Übungen, auch das wienerische Wissen, das früher immer alles besser war, ist damit nicht gemeint. Das hielte Entwicklungen nur fest und entwertet die Gegenwart.

Auch das Alte zu entwerten ist nicht hilfreich, sondern schafft nur die Voraussetzung für Aggression oder Depression - keine gute Quelle für neues Glück.

Man könnte an Stelle der „Arbeit“ das >innere Dramolett der Clowns< erproben. Szene 1 gehört dem liebevollen, erinnernden Dialog des traurigen mit dem lachenden Clown. Pause. In der Szene 2 kann der staunende, naive Clown in aller Freiheit kreative Entwürfe und eine neue Lebenslust entdecken. (Verteilte Rollen sind erlaubt.)

 

Irene Ott-Hargina

Beraterin im Bereich Organisations- und Personalentwicklung

4 Jahre

Diese Phase wird bald kommen. Noch halten viele die Luft an und beobachten gespannt, was kommen wird.

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