KMU und Optimierungsmöglichkeiten in der Beruflichen Vorsorge
Ich, Alfred Nachdenker, 55 Jahre, Unternehmer mit 20 Angestellten, habe mich in den vergangenen Jahren auf den Aufbau, Weiterentwicklung und Führung meiner Firma konzentriert. Die mediale und politische Diskussionen rund um das Thema Berufliche Vorsorge (u.a. Senkung Umwandlungssätze) hat mich zum Nachdenken angeregt, ob meine Unternehmung (inkl. Mitarbeitende) die richtige Vorsorgelösung im Bereich der 2. Säule hat. Welche "Hebel" stehen zur Verfügung unsere Vorsorgelösung allenfalls zu optimieren?
Grüezi Herr Nachdenker. Obwohl wir im Bereich der Beruflichen Vorsorge immer stärker von "Regulierungen & Vorschriften" betroffen sind, ist das Bundesgesetz über die Berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) grundsätzlich ein Rahmengesetz, bei welchem Raum für bedürfnisgerechte Ansätze gewährt wird. Ihre gute Frage ist auf verschiedenen Ebenen und von differenzierten Blickwinkeln zu betrachten, welche ein sehr breites Spekturm umfassen. Meine Antwort fällt deshalb eher rudimentär und manchmal unausweichlich vorsorgetechnisch aus:
Optimierung Ebene Vorsorgeeinrichtung
- Passt die seinerzeit gewählte Vorsorgeeinrichtung noch zu den jetzigen Bedürfnissen Ihrer Unternehmung und Mitarbeitenden?
- Wurde die richtige Modellwahl (z.B. Vollversicherung oder Teilautonomes Modell) getroffen?
- Wie steht's um die Sicherheit Ihrer Vorsorgeeinrichtung (Versichertenstruktur Aktive/Rentner, Deckungsgrad nach Art. 44 BVV2, Technischer Zinssatz...)
- IST und SOLL der Umwandlungssätze, Höhe Verzinsung der Altersguthaben, Entwicklung Verwaltungskosten und Risikoprämie
- Zukünfige Strategie der Vorsorgeeinrichtung in Bezug auf Anlagen, Ausschüttung vs. Wertschwankungsreserve...
- Erfüllt Ihre Vorsorgeeinrichtung Ihre Dienstleistungsanforderungen (Online-Meldungen, Kennzahlen, Informationen, etc.)
Optimierung Ebene Vorsorgewerk/Unternehmung
Dem Unternehmen stehen diverse Möglichkeiten zur Verfügung. Die Vorsorgeplan-gestaltung im Sinne von Ausbau (oder auch Abbau) der Vorsorgeleistungen oder auch andere produkte-, finanz- oder steuertechnische Massnahmen.
- Erhöhtes Alterssparen im obligatorischem und überobligatorischen Lohnbereich / Anpassung der Risikoleistungen, Senkung oder Streichung Koordinationsabzug
- Separate Kadervorsorge oder Bildung von Plankategorien nach objektiven Kriterien (u.a. Mitarbeitende/Kader, Dienstjahre, Löhne). Auch innerhalb eines Vorsorge- plans sind speziell lohnhöheabhängige Schnittstellen und Leistungsdefinitionen möglich.
- Einführung von Wahlplänen für Mitarbeitende in Bezug auf Alterssparen (z.B. Budget / Standard / Maximum)
- Einkauf mit Zins / Einkauf mit Rückgewähr im Vorsorgeplan als Voraussetzung für die Optimierung durch die Mitarbeitenden
- Arbeitgebereinlagen nach objektiven Kriterien
- Weitere Möglichkeiten wie Finanzierungsänderung, Verteilung von freien Mitteln, Wahl einer "individuellen" Anlagestrategie
- Steueroptimierung auf Unternehmensebene mit Bildung und Auflösung von Arbeitgeberbeitragsreserven
Optimierung auf Ebene Einzelperson/Mitarbeiter
- Einkauf von Beitragsjahren zur Verbesserung der Vorsorgeleistungen und gleichzeitige Optimierung der "Steuerseite"
- Einkauf in die vorzeitige Pensionierung
- Teilpensionierungskonzepte
- Arbeiten bis über Alter 64/65 und Weiterführung der Altersvorsorge
- Weiterversicherung des bisherigen versicherten Verdienstes bei Pensumsreduktion (ab Alter 58)
Diese Aufzählungen sind nicht abschliessend und geben nur ein Einblick in das Spektrum von Möglichkeiten. Zu den Punkten sind produktespezfische, vorsorge- und auch steuerrechtliche Richtlinien zu berücksichtigen.
Es gibt nicht DIE VORSORGEEINRICHTUNG, DIE VORSORGELÖSUNG bzw. DEN VORSORGEPLAN.
Bei jeder Massnahme, Bewertung und schlussendlich Entscheid sind Ihre Bedürfnisse (Unternehmung/Mitarbeitende) und Fakten (finanzielle und strukturelle Kennzahlen Firma) als wichtigste Leitlinie zu betrachten. Kleine einfache Beispiele:
- Eine Firma mit alles jungen Mitarbeitenden sollte nicht die Höhe der Umwandlungssätze als eines der Hauptkriterium für die Wahl der Vorsorgeeinrichtung nehmen
- Was nützt eine Ferrari-Vorsorgelösung im Sparprozess, wenn diese aufgrund der finanziellen Mitteln der Unternehmung nicht längerfristig finanzierbar ist.
- Was nützt bei der Wahl einer Vorsorgeeinrichtung das Kriterium Höhe Deckungsgrad, wenn gleichzeitig die "Korrelation" zum technischen Zinssatz und weitere Einflussaktoren nicht angeschaut werden (Futureblick).
- Oder einwenig überspitzt geschrieben - was nützt einer Unternehmung ein "günstigeren" BVG-Minimal-Vorsorgeplan, wenn die Leistungen daraus (Alters-sparen/Risikoleistungen) im Branchenvergleich der Firma viel zu tief sind und neben den zu niedrigen Absicherungskomponenten auch die Gefahr besteht, dass fachlich qualifizierte Personen zu anderen Arbeitgebern (Branchenkonkurrenten) gehen/wechseln....auch das BVG gehört zum Gesamtpaket eines attraktiven Arbeitgebers.
Herr Nachdenker, falls Sie wünschen, kann ich Ihnen zu die einzelnen Punkten in der Aufzählung zu einem späteren Zeitpunkt tiefergehende Erklärungen ausführen. Eines möchte ich Ihnen noch auf dem Weg mitgeben - Sie können sich auch in Zukunft voll und ganz auf die Führung Ihres Unternehmes konzentrieren. Es gibt unabhängige Vorsorge-/Versicherungsbroker, welche in TOP- Qualität die Beratung von KMU's in dieser doch hochkomplexen Vorsorgematerie übernehmen. Ein Vorteil von vielen - Sie konzentrieren sich auf Ihre Kernkompetenzen in der Unternehmung, der Vorsorgeberater überwacht in periodischen Abständen proaktiv, dass die Vorsorgelösung Ihrer Unternehmung immer noch dem Bedarf entspricht. Bedürfnisse & Massnahmen werden gemeinsam besprochen (unter Einbezug Vorsorgekommission und allfälliger Personalorientierung). WIN-WIN.
Wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg und beste Grüsse, Claude Nüssli
Disclaimer: Der Artikel und die Aussagen widerspiegelt nur die private Meinung des Verfassers.