Konjunkturhochlauf mit Elektromobilität – Stresstest für die Stromverteilnetze?
Gestern Abend war ich Gast in einer Diskussionsrunde des „Energie- und WirtschaftsClub“ der EnBW – eine vergleichsweise zwanglose, informelle Veranstaltungsreihe, die sich mit aktuellen Fragen der Energiepolitik und -wirtschaft beschäftigt. Das Thema war "Konjunkturhochlauf mit Elektromobilität – Stresstest für die Stromverteilnetze?" Eingeladen waren auch die Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur, Dr. Tamara Zieschang, die Präsidentin des VDA, Hildegard Müller, der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages, Cem Özdemir MdB, sowie digital zugeschaltet Vertreter aus Politik und Wirtschaft. Es ging um die Entwicklungen und Perspektiven bei der Elektromobilität.
Für Verteilnetzbetreiber ist insbesondere das Heimladen eine Herausforderung. Das mag überraschen, denn die Anschlussleistungen bei den leistungsstarken Hochgeschwindigkeitsladestationen sind sehr viel höher. Aber genau darin liegt der springende Punkt: Einen Ladepark mit zum Beispiel viermal 150 kW Ladestationen schließt man nicht so einfach an. Der Anschluss solcher Leistungen, die durchaus schon einem mittelständischen Betrieb entsprechen, sind bei einem Netzbetreiber kleine Bauprojekte. Sie werden angemeldet, geplant, projektiert, gebaut – ein eingeübter Ablauf, der zumindest eines sicherstellt: Diese Ladestationen kommen nicht überraschend, sondern in einem geordneten Prozess. Natürlich ist vorstellbar, dass zu viele Anmeldungen in zu kurzer Zeit die operativen Kapazitäten eines Netzbetreibers überfordern. Aber selbst in diesem Szenario von Unbill und Verärgerung über den Netzbetreiber ist eines nicht gefährdet: die Versorgungssicherheit. Denn das Netz wird planmäßig für die angemeldeten Anforderungen ertüchtigt.
Dies kann bei Ladepunkten daheim, den sogenannten Wallboxen, anders sein. Auch wenn es eine Meldepflicht für Leistungen über 4 kW gibt (egal ob Sauna oder Wallbox), ist nicht garantiert, dass dem Netzbetreiber jeder neue Ladepunkt gemeldet wird. Hier besteht also grundsätzlich das Risiko, dass es zu Netzüberlastungen kommen kann, weil das Netz mangels Kenntnis über die konkrete Entwicklung vor Ort nicht rechtzeitig ausgebaut werden konnte. Weiterhin ist es eben nur eine Meldepflicht – wenn sich also eine Nachbarschaft in großer Einmütigkeit (oder aus großem Neid auf das neue E-Auto des Nachbarn) entscheidet, sich mit Ladepunkten aufzurüsten, dann kann es auch zu einer schlagartigen Überlast kommen.
Daher haben wir uns bei der Netze BW intensiv mit der Frage beschäftigt, mit welchem Hochlauf der Elektromobilität und in dessen Folge der Wallboxen wir in unserem Netz rechnen müssen. Dazu haben wir verschiedene Daten zusammengetragen und übereinandergelegt: Szenarien zum allgemeinen Hochlauf der Elektromobilität, die Netztopologie aus unserem Grafischen Informationssystem und sozio-demografische Daten wie Kaufkraft und Grundstückspreise. Im Ergebnis bekommt man schon ein Fahrgefühl für die Elektromobilität. Eine Erkenntnis, die wir auch im Betrieb heute nutzen: Wenn wir einen Trafo ersetzen müssen, schauen wir jetzt auch immer nach der erwarteten Entwicklung der Elektromobilität – und im Zweifel nehmen wir ein größeres Aggregat. Die Grafik gibt einen Eindruck von dem Elektromobilitätsprognose-Tool, das wir einsetzen.
Modellieren und Rechnen ist das eine, Ausprobieren und Lernen das andere. Alle Netzbetreiber wissen in der Theorie, dass Lademanagement und Batterien helfen, wenn es zu kurzfristigen Belastungssituationen im Netz kommt. Aber: „Wichtig ist auf‘m Platz!“ (O. Rehagel) … bzw. eben in der Garage … Wir haben daher in unserem E-Mobilitätslabor in Ostfildern den Praxiseinsatz von Lademanagement und Batterien umfangreich getestet. Dort hatten wir an einem Straßenzug mit 20 Haushalten zehn Haushalten kostenlos für anderthalb Jahre ein Elektroauto zur Verfügung gestellt. Dort war also heute schon eine Situation, die auch in mutigen Elektromobilitätsszenarien erst für 2030 angenommen wird. In unserem aktuellen E-Mobilitätslabor in Tamm bei Ludwigsburg nehmen jetzt sogar 65 Haushalte einer größeren Wohnanlage teil. Dort laden alle Teilnehmer in der gleichen Tiefgarage – eine Situation, die zwangsläufig Lademanagement braucht. Auch hier sehen wir, dass ein Lademanagement das Netz erheblich entlasten kann. Wenn es um die Zukunft und die Versorgungssicherheit unserer Netze geht, glauben wir nicht an Powerpoint, sondern an gute Modellierungen und vor allem an Praxiserfahrung.
Ich mache es - einfach! Unternehmenskommunikation I Projekt-, Change- & Krisenkommunikation I Training- & Sparringpartner für Führungskräfte I Volunteer Wildland Firefighter & Mensch
4 JahreEine Frage vom Laien: Was bedeuten denn die angeschlossenen PKW für eine Belastung beim Anfahren nach einem möglichen Blackout? Müssen die dann alle vom Netz, weil sonst - sogar Straße für Straße - zu viel Last da ist. Oder könnten die (theoretisch) sogar einspeisen und dabei helfen?
Veränderungen machen das leben lebenswert
4 Jahre?????
Echte Kontakte sind wahre Kontakte
4 JahreEs ist immer wieder gut, in Gesprächen mit kommunalen Entscheidungsträgern und Interessierten den Aha- Effekt zu spüren, wenn wir über die Herausforderunen zur Netzstabilität und dem intelligenten Netz- Management nicht nur in Verbindung mit dem Ausbau der E- Mobilität sprechen. Danach wird das bisher als "Ehda" wargenommene Stromnetz mit anderen Augen gesehen. Bitte noch mehr solche Beiträge 👍!
😃 SMIGHT - Eine Innovation der EnBW 🚀
Rentner bei selbstständig
4 JahreBeindruckend ist das Elektromobilitätsprognose-Tool von Netze BW. Mit ihm steigt das Vertrauen, dass unabhängig vom Transformationsgrad zur E-Mobilität eine effiziente und kostenminimierte Versorgunssicherheit auch in Zukunft gewährleistet ist.