Kooperationen, Partnerschaften und M&A-Strategien in einer postpandemischen Welt (1/2)
Fusionen und Firmenkäufe (M&A, Mergers and Acquisitions) stellen seit Jahrzehnten einen Grundpfeiler des Geschäftsmodells der biopharmazeutischen Industrie dar. In den 1990er und 2010er Jahren konsolidierte sich die Industrie durch eine Reihe von Mega-Mergern, deren Treiber vor allem Kostenersparnis durch Synergien und Wachstum durch Zukauf von Produktlinien waren. Mit dem Übergang zu einem stärker von Spezialtherapeutika geprägten Modell veränderten sich M&A-Strategien dahingehend, dass man Akquisitionen nutzte, um Zugang zu Innovationen zu gewinnen. Meike Madelung von IQVIA stellt dieses spannende Thema in einem zweiteiligen Blog vor; der zweite Teil erscheint am Mittwoch, 20. Juli.
Mit der COVID-19-Pandemie wurden neue Realitäten geschaffen; die biopharmazeutische Industrie muss sich einer neuen Wettbewerbsumgebung mit neuartigen Playern stellen, während sie gleichzeitig in den nächsten Jahren auf eine neue Patentklippe zusteuert.
Vor diesem Hintergrund wird M&A weiterhin eine wichtige Rolle spielen, aber keine alleinige Lösung darstellen, wie ein neues White Paper von IQVIA aufzeigt. Zum einen sind nicht alle Innovationen wie z. B. Technologieplattformen verkäuflich, und große Biopharmaunternehmen tun sich unter Umständen schwer damit, solche Innovationen auf dem neuesten Stand zu halten und weiterzuentwickeln. Zudem können Kooperationen und Partnerschaften auch finanziell attraktiv strukturiert werden, indem Zahlungen an Meilensteine gebunden werden, um Risiken zu minimieren. Ein solches Vorgehen ist bei einer Akquisition nicht möglich.
Von daher werden Unternehmen gut beraten sein, sich des ganzen Spektrums von Kooperationen, Partnerschaften und M&A zu bedienen.
STRATEGISCHE NOTWENDIGKEIT
Eine Reihe von Entwicklungen wird in den nächsten Jahren eine Herausforderung für die Profitabilität und die Wachstumsdynamik vieler Unternehmen darstellen:
• Verlust von Exklusivitätsrechten: in den nächsten fünf Jahren wird für die entwickelten Märkte (USA, Kanada, EU4 / UK, Japan, Südkorea und Australien) ein Minus von 188 Mrd. USD aufgrund des Verlusts von Exklusivitätsrechten (Loss of Exclusivity, LoE) geschützter Marken prognostiziert, ein Zuwachs von 69 % gegenüber den Umsatzeinbußen durch LoE in den vergangenen fünf Jahren. Davon entfallen etwa 70 Mrd. USD auf Biologika, d.h. Spezialmärkte sind zunehmend betroffen (Abb.1).
• Auswirkungen von COVID-19: Aufgrund der Pandemie haben die Gesundheitssysteme einerseits mit stark verknappten Budgets zu kämpfen, andererseits müssen in vielen Bereichen immer noch verschobene und ausgefallene Behandlungen nachgeholt werden. Produktneueinführungen tun sich weiterhin schwer, weil der dynamische Markt, d.h. Neueinstellungen und Therapiewechsel, während der Pandemie weitgehend zusammengebrochen ist und sich nach wie vor nicht vollständig erholt hat. Damit erhöht sich der Druck auf Unternehmen, deren Umsatz von Patentausläufen betroffen ist, weiter.
Empfohlen von LinkedIn
• Schmalere Gewinnmargen: Die Gewinnmargen der Biopharma-Industrie sind unter Druck, da die R&D-Kosten und die Umsatzkosten (Cost of Goods Sold, COGS) mit 8,1 % und 8,9 % für den Fünfjahreszeitraum 2016 bis 2021 stärker stiegen als die Umsätze mit 6,9 %; eine Entwicklung, die eine Herausforderung für das bestehende Geschäftsmodell vieler Unternehmen darstellt.
Um sich diesen Trends entgegenzustellen, bedürfen Biopharma-Unternehmen eines Wachstumsschubs durch Innovation.
Aktuell werden pharmazeutische Innovationen in hohem Maß von aufstrebenden biopharmazeutischen Unternehmen (EBP, emerging biopharma) getrieben.
65 % der klinischen F&E-Pipeline gingen 2021 auf das Konto solcher EBPs. Gleichzeitig verschieben sich auch die regionalen Gewichtungen – 2021 stellten Unternehmen mit Firmenzentrale in China 17 % der globalen EBP Pipeline. 2016 waren es lediglich 6 %. Folgerichtig werden sich etablierte Pharmaunternehmen darauf konzentrieren müssen, externe Quellen für innovative Entwicklungen zu erschließen.
Nicht nur der Zugang zu Innovationen stellt eine Herausforderung dar, auch der Gesundheitssektor als Ganzes verändert sich und wird diverser (Abb. 2).
Meike Madelung, IQVIA Commercial GmbH & Co. OHG
Bei Fragen oder weitergehendem Interesse am Thema wenden Sie sich bitte an Meike Madelung: meike.madelung@iqvia.com