Krank im Urlaub - Urlaubstage futsch?
Liebe Leserinnen und Leser,
es ist ein wenig, wie aus dem Gefängnis entlassen zu werden, konnte man vor ein paar Tagen in der Sonntagsausgabe des Tagessspiegel lesen. Monatelang waren wir eingesperrt; der Aktionsradius auf ein Minimum eingeschränkt. Schule, Job und Familie – alles unter einem Dach. Nun werden die Corona-Maßnahmen nach und nach gelockert. Allerdings ist die Pandemie dennoch kein im Turbo zu bewältigender Ausnahmezustand. Es hat sich einiges verändert. In der Wirtschaft, in der Politik, der Kultur und im Alltag. Einschnitte, die einen kompletten Neuanfang verlangen. „Rückkehr kann daher nicht eine Wiederkehr des immer Gleichen bedeuten, sondern erfordert die Fähigkeit, die vertrauten Verhältnisse neu und anders aufzustellen, schreibt der Kulturjournalist Hanns Josef Ortheil.
Trotzdem öffnet sich nach und nach die Tür zur Außenwelt wieder und mit ihr wiederum die zahlreichen Möglichkeiten das Leben zu gestalten. Im Café oder Restaurant sitzen, Sport treiben, ins Theater gehen oder endlich wieder Freunde treffen. Die stetig sinkenden Infektionszahlen geben vielen Menschen, Anlass zur Freude. Denn was gibt es Schöneres, als nach monatelangem "Hausarrest" endlich mal wieder die Seele baumeln zu lassen? Viele freuen sich deshalb jetzt auch auf den lang ersehnten Urlaub.
Und manchmal passiert dann genau das, was man am wenigsten gebrauchen kann. Man wird krank. Anstatt am Strand die Sonne zu genießen, Städte zu besichtigen oder einfach nur das Leben zu geniessen, fühlt man sich elend und schlecht. Schlimmstenfalls gerade dann, wenn man bereits am Urlaubsort angekommen ist. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern auch ziemlich ungerecht. Denn man hat sie sich ja schließlich nicht ausgesucht. Diese unfreiwillige Auszeit in der Auszeit. Manchmal ist es ja nur ein kleines Aus. Eine kursierende Sommergrippe mit Fieber, Husten und Schnupfen, der man meistens nur schwer entkommt. Aber auch Unfälle und Stürze stehen auf der Urlaubshitliste ganz oben. Und manchmal packt das Leben aber auch noch eine große Schippe oben drauf und schickt einen im Urlaub direkt ins Krankenhaus.
Krank im Urlaub ist übrigens keine Seltenheit ist: Denn rund jeder zehnte Deutsche wird im Urlaub krank. Warum das so ist, wurde bislang nicht erforscht. Dafür gibt es aber eine Vielzahl von Theorien und Beobachtungen. Wissenschaftler gehen davon aus, dass viele Menschen wohl nicht durch den Urlaub krank werden, sondern schon vorher Erreger im Körper oder auch andere organische Probleme haben. Auch Langzeitstress, wie wir ihn alle gerade im Corona Lockdown erfahren haben, kann dabei eine Rolle spielen.
„Viele merken gar nicht mehr, wie es ihnen geht, bis sie endlich einmal Zeit haben, sagt Prof. Hartmut Göbel von der Schmerzklinik Kiel. Und das ist dann meistens im Urlaub.“
Trübe Aussichten und vor allem vergeudete Urlaubstage könnte man meinen. Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Der Urlaubsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber entfällt nicht. Denn Urlaub dient der Erholung und nicht dem Auskurieren einer schweren Erkrankung, die die Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Dies ergibt sich rechtlich aus § 9 Bundesurlaubsgesetz. (BUrlG).
Dennoch sollte man unbedingt einige Regelungen beachten:
Anzeigepflicht auch während des Urlaubs
Wie man seine freie Zeit im Urlaub verbringt, ist natürlich erst mal jedem selbst überlassen. Allerdings unterscheidet der Gesetzgeber zwischen Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit, § 5 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Denn nicht jede Erkrankung führt automatisch zur Arbeitsunfähigkeit.
Krank im Urlaub ist man nur, wenn man auch wirklich arbeitsunfähig ist, was natürlich letztendlich der Arzt und nicht der Arbeitgeber entscheidet. So kann ein Fliesenleger wohl kaum mit einer gebrochenen Rippe arbeiten, ein Informatiker möglicherweise schon. Wer aber im Urlaub tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt, sollte unverzüglich zum Arzt gehen und sich dies auch gleich am ersten Krankheitstag bescheinigen lassen.
Dies gilt auch, wenn laut des Arbeitsvertrages erst ab dem dritten Tag ein Attest benötigt wird. Denn nur dann kann die volle Zeit der Arbeitsunfähigkeit während des Urlaubs auch gut geschrieben werden. Und grundsätzlich ist darauf zu achten, dass sich aus dem Attest auch tatsächlich die Arbeitsunfähigkeit ergibt. Denn bei Bescheinigungen von Ärzten aus Nicht-EU-Ländern reicht nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine formlose Bescheinigung, die nicht zwischen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit unterscheidet, häufig nicht aus. In wenigen Fällen hat zwar auch eine Zeugenaussage geholfen, doch darauf sollte man sich besser nicht verlassen! Dagegen muss der Arbeitgeber aber Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Ärzten aus EU-Ländern in der Regel akzeptieren.
Arbeitgeber informieren
Auch wenn die Gesetzeslage klar ist, im Urlaub krank sein und dem Arbeitgeber danach einfach nur mitzuteilen, dass man im Urlaub krank war, funktioniert nicht. Deshalb sollte der Chef schnellstmöglich, auch aus dem Ausland (per E-Mail, Fax etc.) über die Arbeitsunfähigkeit informiert werden. Denn nur so ist man auf der sicheren Seite und hat gute Chancen den gesamten Urlaubsanspruch zu behalten. Folgende Punkte sollten deshalb unbedingt mitgeteilt werden:
- die Arbeitsunfähigkeit
- deren voraussichtliche Dauer
- die Adresse am Urlaubsort
- ggfs. Datum der vorzeitigen Rückkehr.
Von der Informationspflicht sind aber ganz klar sowohl die genaue Diagnose, als auch die Art der Erkrankung, ausgeschlossen. Deshalb darf der Mitarbeiter auch Aufklärungsanfragen des Arbeitgebers jeglicher Art einfach ignorieren. Ausgenommen sind jedoch Erkrankungen, die von einer gewissen betrieblichen Bedeutung sind; z.B. ansteckende Virusinfektion eines Kochs in einer Großküche. In allen anderen Fällen muss der Chef jedoch seine Neugier zügeln.
Urlaub verlängert sich nicht automatisch
Entgegen der Meinung vieler Beschäftigter verlängert sich der Urlaub nicht automatisch um die Anzahl der Krankheitstage. Einfach die verpassten Urlaubstage an den Urlaub dranhängen und dem Arbeitsplatz länger als vereinbart fernzubleiben, kann arbeitsrechtliche Konsequenzen haben, schlimmstenfalls sogar mit einer Kündigung des Arbeitsvertrages enden. Denn auf eine eigenständige Verlängerung des Urlaubs gibt es trotz Krankheit im Urlaub kein generelles Recht. Wer jedoch schon vor Beginn des Urlaubs krank wird und diesen erst gar nicht antreten kann, sollte den Urlaub mit seinem Arbeitgeber neu festlegen. Denn er gilt als nicht verbraucht. In allen anderen Fällen muss man, auch wenn es schwer fällt, an dem geplanten ersten Arbeitstag nach dem Urlaub wieder zur Arbeit erscheinen.
Sich im Urlaub schlecht zu fühlen, das Bett hüten zu müssen oder sich sogar im Ausland zu verletzen, das alles ist sowieso schon ärgerlich und ungerecht. Dennoch sollte man bedenken, dass die gesetzliche Urlaubsregelung, so anstrengend und umständlich sie auf den ersten Blick auch daher kommt, grundsätzlich arbeitnehmerfreundlich gestaltet ist. Die erholsame Zeit ist zwar tatsächlich verloren, nicht aber zwangsläufig auch die Urlaubstage. Natürlich immer nur vorausgesetzt man beachtet ein paar Regeln!
Geniessen Sie Ihren Urlaub und bleiben Sie gesund.
Sommerliche Grüße aus der Hauptstadt,
Ihre Birgitta Wallmann
Photo: Isabelle und Zsa Fischer on Unsplash
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3 JahreViele Fragezeichen. Gerade in Zeiten von Homeoffice
Rechtsanwältin & Fachjournalistin für Arbeitsrecht, Job & Karriere // LinkedIn Top Voice D.A.CH. 2017, 2018 & 2019//Xing Top Mind 2020
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