Krisenmanagement am Heiligen Abend
Wir kennen die Weihnachtsgeschichte der Heiligen Familie von Maria und Joseph und der Geburt Jesu in Bethlehem. Missliche Umstände, Schutz nur in einem Stall mit Tieren, kalt, bloss eine Krippe für das Neugeborene. Hirten auf dem Feld, Engel und Sterne am Himmel.
Eigentlich kennen wir gar nichts! Uns sind die Erzählungen und Bilder vertraut, die in vielen Varianten beschreiben, verherrlichen, ausschmücken und möglicherweise auch übertreiben. Imagination also! Aber die Geschichte hat eine Dramatik, die sehr wohl real sein könnte! Sie beschreibt Herausforderungen für die Akteure - für Maria und Joseph, für die Hirten und später die drei Weisen, die in einer Mischung von Staffage und Handelnde die Geschichte mit Farbe und Konturen versehen.
Joseph, der Zimmermann aus Nazareth, und Maria seine Frau unterwegs nach Betlehem! Joseph kommt die Aufgabe zu, einer hochschwangeren Frau die glückliche Geburt eines Babys zu ermöglichen. Unterwegs mit Esel und etwas Gepäck, versuchen die Beiden, Unterkunft in einer Herberge zu finden. Vergeblich, alles ausgebucht! Also muss eine Lösung her - Kreativität ist gefragt! Wenn's keine Herberge ist, kann auch eine Hütte nützlich sein! Wenn's keine Baby-Schaukel gibt - warum nicht eine Futterkrippe? Und siehe da: Auch die Tiere im Stall sind nützlich, wärmen sie doch die armselige Behausung etwas. Passt - die Geschichte geht gut aus - wir erzählen es immer wieder und feiern dazu Weihnachten!
Klar: Die Weihnachtsgeschichte ist Imagination. Aber nehmen wir an, sie habe sich genau so zugetragen. Und überlegen uns weiter, warum sie ein Erfolg wurde. Ach ja - es ist das Wunder von Weihnachten - und dieses Wunder ist so «wunderschön», dass wir es uns nicht mit ewig menschlichem rationalem Überlegen kaputt analysieren wollen.
Andererseits: Vielleicht besteht das Wunder in etwas ganz anderem! Vielleicht ist die Geschichte deshalb wunderschön, weil das Team Joseph und Maria in einer gemeinsamen Anstrengung eine an sich unmögliche Aufgabe lösten. Und das ist gelungen, weil einige essentielle Bedingungen für Erfolg stimmten.
Das Paar Joseph und Maria hatte wohl kaum Meinungsverschiedenheiten über das nun unmittelbar Notwendige: Für die bevorstehende Geburt einen sicheren Platz zu finden, Unterschlupf und etwas Wärme. Das Ziel war klar - und für Beide auch emotional verbindend. Nichts aktiviert mehr Kraft und Energie als ein gemeinsames Ziel!
Die knappen Beschreibungen der Geburt Christi im Lukas- und im Matthäus-Evangelium vermitteln aber noch eine weiteres Erfolgselement: Von diesen Texten geht eine grosse Ruhe und Gelassenheit aus. Obwohl die Fakten dramatisch sind: Hochschwangere Frau, kein Platz in der Herberge, Niederkunft - aber wohin denn jetzt? Das Paar Maria und Joseph entwickelt eine innere Kraft und befähigt sich gegenseitig. Wenn die Herberge voll ist, sucht man eine andere Lösung - und siehe da, es funktioniert! Lösungen sind möglich dank Selbstvertrauen, gegenseitigem Respekt und Mut zu Neuem!
Nach den Beschreibungen in den Evangelien gibt es - mindestens vorläufig - ein Happyend. Überlassen wir es unseren weihnachtlichen Gedanken, ob die Geschichte dank den Fähigkeiten von Joseph und Maria gut ausging - oder es halt doch ein Wunder war...
Werner Inderbitzin
Mathematician, independent scientific author
6 Jahrewelche Krise ?