Lückenlose Patientendaten: 360 Grad Sicht
Gesundheit und Krankheit werden durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Soziale Determinanten der Gesundheit beschreiben soziale Bedingungen, unter denen Menschen aufwachsen, leben oder arbeiten. Diese wirken sich auf die Möglichkeit und Fähigkeit einen gesunden und selbst bestimmten Lebensstil zu pflegen aus und beeinflussen Erkrankungsrisiken.
Heutzutage werden viele soziale und psychologische Faktoren in der vorherrschenden Versorgung eine untergeordnete Rolle und haben in der Regel keinen strukturierten Einfluss auf die Therapie- und Behandlungsplanung. So wird ein umfassendes Bild in der Regel nur unzureichend in den Anamnesebögen erfasst.
Ein ganzheitlicher Gesundheitszustand des Patienten, der soziale Einflussfaktoren oder Erwartungen umfasst, ist für die Ärzte nur zu bestimmten Zeitpunkten sichtbar, etwa wenn der Patient in die Praxis kommt. Was zwischen den Besuchen passiert, welche Voraussetzungen ein Patient mitbringt bleibt den Ärzten verborgen, ebenso wie die Lebensumstände der Patienten.
Welche Daten sind von den Patienten erhoben?
Das Prinzip von Value-Based Health Care (VBHC) eröffnet jedoch die Möglichkeit, die Lücken in der Diagnostik zu schließen und den Ärzten den Zugang zu den Patientendaten zu erleichtern. Die meisten VBHC-Anwendungen stützen sich auf von Patienten gemeldete Daten, die digital (mit Hilfe interaktiver Apps) zumeist über medizinisch, validierte Fragebögen erfasst werden. Ein Beispiel ist der DASS-Fragebogen, welcher Fragen zu Depression, Angst und Stress enthält.
Medizinische Fragebögen werden so ausgewertet, dass die einzelnen Fragen in einen aggregierten Score oder eine Punktzahl umgerechnet werden, die bestimmte Themenblöcke des Gesundheitszustands beschreiben. Unabhängig von jeglicher Skala oder Vergleichswerten sind diese Scores in der Regel schwer zu interpretieren. Sie bieten jedoch ein enormes Potenzial, wenn man sie mit einem Referenzpunkt oder über die Zeit hinweg vergleicht, z. B. wenn der Patient nach einem Monat eine Verbesserung der Lebensqualität um 5 % zeigt oder durch den Vergleich eines bestimmten Patienten mit einem genau definierten Kollektiv (z. B., wenn der Patient mit einer Diabeteserkrankung ein höheres Stressniveau aufweist als die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland die auch Diabeteserkrankung haben).
Um eine allumfassende Versorgung der Patienten sicherzustellen, reicht es in der Regel nicht aus, den Ärzten nur ein eingeschränktes Assessment zur Verfügung zu stellen, sondern die vielen verschiedenen Faktoren abzudecken, welche den Gesundheitszustand des Patienten betreffen.
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Dieser Ansatz, der üblicherweise als 360-Grad-Sicht bezeichnet wird, hilft dem Arzt, auch differenziale Einflussfaktoren auf die Erkrankung mit einzubeziehen. Weiter kann bei der Interpretation der medizinischen Daten Software unterstützend eingesetzt werden, sodass auch eine objektive Sicht auf die Situation ermöglicht wird.
Datenaktualität und Sicherheit
Daten haben grundsätzlich immer nur eine gewisse Aktualität. So kann sich jederzeit die Bedingungen oder der Gesundheitszustand des Patienten ändern. Es ist daher wichtig, manche Daten häufiger zu erfassen, ohne den Patienten zu sehr zu belasten bzw. dem Patienten die Möglichkeit zu geben, seine Daten zu aktualisieren. Eine mögliche Lösung ist eine ereignisgesteuerte Abfrage von Daten, die sich auf das Feedback des Patienten konzentriert (starke Schmerzen, schlechter Schlaf, Komplikationen bei täglichen Aktivitäten). Aber auch das Anbinden von medizintechnischen Geräten oder Wearables zur permanenten Datenerfassung sind in diesem Zusammenhang denkbar.
Es ist auch wichtig, dass die Daten sicher und vertraulich behandelt werden, um die Privatsphäre des Patienten zu schützen. Es gibt auch ethische Fragen, die in Bezug auf die Verwendung von Daten in der Medizin berücksichtigt werden müssen, wie zum Beispiel die Möglichkeit von Diskriminierung aufgrund von medizinischen Daten. Insgesamt kann die Verwendung von medizinischen Daten jedoch dazu beitragen, die Diagnose- und Behandlungsentscheidungen zu verbessern und die Gesundheitsversorgung insgesamt zu verbessern.
Ein weiteres wichtiges Thema im Zusammenhang mit medizinischen Daten ist die Adhärenz, das heißt, wie gut Patienten ihre Behandlungsplanung einhalten. Dies kann durch die Verwendung von Daten unterstützt werden, indem man die Patienten besser überwachen und gegebenenfalls an ihre Behandlung erinnern kann. Es ist jedoch auch wichtig, dass die Freiwilligkeit der Patienten berücksichtigt wird und sie jederzeit die Möglichkeit haben, ihre Daten zu aktualisieren oder von der Datenerfassung abzusehen. Eine transparente Kommunikation über die Verwendung der Daten und die Möglichkeiten des Patienten, selbstbestimmt zu handeln, ist hierbei von großer Bedeutung.
Um eine umfassende Versorgung der Patienten sicherzustellen, reicht es in der Regel nicht aus, den Ärzten nur ein eingeschränktes Assessment zur Verfügung zu stellen, sondern die vielen verschiedenen Faktoren abzudecken, welche den Gesundheitszustand des Patienten betreffen. Dieser Ansatz, der üblicherweise als 360-Grad-Sicht bezeichnet wird, hilft dem Arzt, auch differenzielle Einflussfaktoren auf die Erkrankung mit einzubeziehen. Durch die Nutzung von Software kann auch eine objektive Sicht auf die Situation ermöglicht werden. Es ist jedoch wichtig, dass die Daten aktuell und sicher sind, um eine zuverlässige Diagn und Behandlung zu gewährleisten.