Lassen Sie andere mitspielen?
Tippen Sie mal „Menschen mögen …“ in eine Suchmaschine ein. Dann ergänzt das Programm zwei Wörter „Menschen mögen … keine Veränderungen“. (Das Suchergebnis liegt auf Platz 2, Platz 1 belegt „Menschen mögen mich nicht“.) Die Managementweisheit, dass Menschen Veränderungen ablehnen, hat sich durchgesetzt. Es gibt Hunderte Artikel in dieser Richtung. Aber stimmt das eigentlich?
Gary Hamel, Professor an der London Business School und einer der streitbarsten und kreativsten Köpfe der Managementforschung, sagt: nein.
„Wir Menschen lieben Veränderungen“, sagt er. „Was wir nicht mögen, sind Veränderungen, die uns aufgezwungen werden. Und in den meisten Institutionen werden Veränderungen kaskadenartig von oben nach unten angeordnet.“
Denken Sie mal zurück: Welche Veränderungen haben Sie in den vergangenen Monaten genervt? Welche Veränderungen haben Sie voller Leidenschaft vorangetrieben?
Bei mir ist die Sache ziemlich eindeutig: Ob es um die angekündigte Großbaustelle neben meiner Wohnung ging oder eine Veränderung im Team: Mit Wut, Angst oder Trauer reagierte ich, wenn ich eine Veränderung nicht mit beschlossen oder mitgestaltet hatte. Wenn ich das Gefühl hatte, mit mir wird etwas gemacht, statt selbst etwas zu machen.
Wir sind täglich umgeben von Veränderungen und zetteln diese selbst an: Wir ziehen in eine fremde Stadt, auf der Suche nach einem Abenteuer. Wir träumen von neuen beruflichen Herausforderungen oder betrügen unseren Partner mit einer Affäre. Kurzum: Oft finden wir eine Veränderung ziemlich aufregend, wenn wir einen Vorteil für uns darin sehen oder einfach nur neugierig sind.
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Kein Platz für Experimente!
Nun kann ich als Führungskraft ziemlich viele Entscheidungen treffen oder mitgestalten. Für Mitarbeitende sieht das oft anders aus. „Aus wissenschaftlichen Untersuchungen wissen wir, dass nur einer von fünf Arbeitnehmenden glaubt, dass seine Meinung bei der Arbeit gefragt ist“, sagt Hamel. Noch weniger Menschen glaubten, sie könnten Entscheidungen beeinflussen. Und nur einer von elf Angestellten sagt, dass er bei der Arbeit experimentieren kann.
In vielen großen Organisationen vergeuden wir enorme Mengen menschlichen Potenzials, weil die Abläufe lediglich darauf ausgerichtet sind, dass Vorschriften und Regeln befolgt werden. Führungskräfte geben Ziele vor und kontrollieren. Kreativität und Ideenreichtum gelten als „nice to have“. „Leidenschaft und Engagement auf Befehl gibt es nicht“, bringt Hamel es auf den Punkt.
Es liegt mit in unserer Hand, ob Menschen Veränderungen mögen oder hassen. Die Frage ist: Lassen wir sie mitspielen?
Vertiefen. Das Interview mit Gary Hamel (HBm+) empfehle ich Ihnen fast schon als Pflichtlektüre . Es liefert jede Menge Denkstoff für Führungskräfte und Organisationsentwickler. Dazu passt auch der Ansatz von Christian Stadler, Julia Hautz und anderen Wissenschaftlern, die zeigen, wie man Mitarbeitende auf allen Ebenen in die Strategieentwicklung einbinden (HBm+) kann. Und – last but not least – im Podcast „Wegen guter Führung“ habe ich diese Woche mit BMW-Vorständin Ilka Horstmeier darüber gesprochen, wie Veränderung gelingt.
Herzliche Grüße
Antonia Götsch
Teamlead Digital Marketing & Communication linexo by WERTGARANTIE
4 MonateDanke für diesen klasse Denkanstoß 💡Sehr inspirierend und motivierend 🙂
Geschäftsführender Gesellschafter
5 MonateJa, wenn Menschen an der Veränderung beteiligt sind, dann steigt die Erfolgswahrscheinlichkeit. Aber noch mehr als Veränderungen, an denen sie beteiligt sind, lieben Menschen Veränderungen zum Guten, also Veränderungen, von denen sie profitieren. Im besten Fall gibt es eine große Schnittmenge der Nutzeffekte für mich, für meine Leute und das gemeinsame Geschäft. Ist das frühzeitig absehbar, dann machen auch alle viel lieber mit. Entsprechend muss diese Schnittmenge Kern der Transformationsstory sein. Viel Erfolg allen, die gerade Veränderungsarbeit leisten, wünscht elbwerk!
„Wir können Zukunft“ * Vielfalt schafft Innovation * Lernen ist alles * Technologie: meine Leidenschaft * Veränderung: eine Konstante * Frauen unterstützen: Zählt! Profilfoto: @Ulrike Frömel
5 MonateDanke Dir, liebe Antonia -ich unterstütze jeden Satz 🙌 Mitarbeitende möchten nicht nur gesehen werden, sondern auch Ernst genommen werden und mit einbezogen bei wichtigen Entscheidungen und Veränderungen. #WirKönnenZukunft
Aus systemischer Perspektive betrachtet, bildet jeder Mensch ein individuelles System ab. Programmiert durch fortschreitende Sozialisation, genutzte Bildungschancen sowie Erfahrungen und ihre bewerteten Konsequenzen. Damit haben wir soviele verschiedene Systeme am Start wie Menschen auf dieser Welt leben. Sie begegnen sich in verschiedensten Konstellationen, Rollen und Funktionen. Geleitet durch weitestgehend ichbezogene Erwartungshaltungen und Ansprüche. Motiviert durch subjektiv geprägte Anreizsysteme und konfrontiert mit asymmetrischer Informationsverteilung, einer starken Tendenz zur individueller Nutzenmaximierung und einem nicht seltenen opportunistischen Verhalten zwecks eigener Zielerreichung. Bei soviel Vielfalt bzw. neudeutsch Diversity, fällt es mir schwer pauschal zuzustimmen, dass Menschen Veränderungen mögen oder auch nicht. Zumindest neuropysiologisch verlangen Veränderungen unser "Denkzentrale" viel ab und sind mit emotionalen Reaktionen (ggf. Reaktanzen) gekoppelt (Zimmer der Veränderung). Es kommt also wie immer darauf an, z.B. auf die Resilienz, wie ein System Veränderungen begegnet. Eine systemische Grundhaltung hinterfragt die Funktionalität eines Systems mit der Frage nach dem Warum und liefert Erkenntnisse.