Leben in einer Welt außer Kontrolle
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Leben in einer Welt außer Kontrolle

Dieser Tage scheint alles außer Kontrolle zu sein. Wir sind müde nach zwei Jahren Pandemie und zum Teil am Ende unserer Kräfte – sowohl als Gesellschaft, aber auch als Individuen. Es fühlt sich an, als sei es inzwischen Lichtjahre her, dass die Hoffnung auf den bevorstehenden Sommer, Aussicht auf Besserung der Lage unseren Alltag erhellt hat.

Jeder Blick auf das Smartphone läuft Gefahr, dass dort die nächste Push-Nachricht diverser News-Apps auf uns wartet und eine düstere Zukunft prognostiziert. Wir alle haben Verantwortung. Sowohl im Großen und als auch im Kleinen. Einmal für die Gesellschaft, in der wir leben und die Welt um uns herum. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass unsere Lebensentscheidungen Auswirkungen auf unser Umfeld haben. Auch im Großen. Wir alle nehmen Einfluss auf das Geschehen um uns herum. Umso ohnmächtiger fühlen wir uns, wenn wir merken, dass es Ereignisse und Eruptionen gibt, die wir eben nicht beeinflussen, kontrollieren oder gar verändern können, weil sie so heftig, allumfassend und mächtig sind, dass das Individuum nichts ausrichten kann, sondern es eine kollektive Kraftanstrengung von uns allen braucht. Und diese Ereignisse haben die Kraft unser aller Leben zu verändern. Als die Corona Pandemie ausbrach kam genau diese Sorge in meinen Alltag. Unsicherheit, wie alles weitergeht, Ungläubigkeit über unsere Situation und Regeln, die mein persönliches Leben ganz massiv betroffen haben. Globaler Stillstand – eine noch nie dagewesene Situation für unsere vernetzte, fortschrittliche und aufgeklärte Welt. Nun haben wir uns einigermaßen akklimatisiert und die nächsten Ereignisse holen uns ein, die nicht wir im Griff haben, sondern sie uns. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine ist nicht vergleichbar mit der Pandemie – das, was es in uns auslöst aber vielleicht schon. Die ersten Tage des Krieges in Europa gingen mir durch Mark und Bein. Ich konnte nicht fassen, was ich auf meinen diversen Bildschirmen sah. Wir leben im 21. Jahrhundert und sind „ja so aufgeklärt“ auf unserem Kontinent. Wie kann es sein, dass ein Land ein anderes überfällt? Hatten wir das nicht schon mal? Krieg bringt nur Verlierer hervor. Sind wir am Ende vielleicht auch Verlierer? Die Angst, die einen überkommen kann, wenn man die Szenarien weiterspinnt, kann lähmen. 

Angst an sich ist nicht körperlich gefährlich. Aber psychisch belastend und leidvoll wird es dann, wenn sie überhandnimmt, unangemessen stark ist oder lange anhält. Wir müssen uns hier gut um uns und unsere seelische Gesundheit kümmern, auch und gerade in einer Welt außer Kontrolle. 

Ich habe für mich entschieden einige Punkte ganz bewusst umzusetzen, um mich selbst gut durch diese unsichere Krisenzeit zu bringen.

  1. Ich habe mich entschieden die Dauerbeschallung aller Medien auszublenden. Ich begebe mich nicht in den 24/7 Sog und schaue live dabei zu, wie sich unsere Welt zerlegt. Wir alle sind dauerhaft jedem neuen Schritt der Weltgeschichte ausgeliefert. Ich habe alle Push-Nachrichten ausgeschaltet. Das heißt nicht, dass ich mich nicht informiere. Das mache ich ganz bewusst einmal am Tag, in dem ich mir die Zeit nehme, alles auf mich wirken zu lassen, darüber nachzudenken und dem ganzen Raum zu geben. Ich entscheide mich, dass es Zeiten in meinem Tag gibt, die ganz leise sind, fernab vom Chaos dieser Welt. Mindblowing, wieviel mehr Space ich im Kopf habe, um meinen Alltag zu bewältigen und die Zukunft zu gestalten.
  2. Ich will mein Leben leben und ich habe auch ein Recht darauf. Am Anfang des Krieges habe ich mein eigenes Leben komplett ausgeblendet. Die Dinge, die ich tun sollte, habe ich zunächst zur Seite gepackt, denn sie erschienen mir im Anbetracht der Situation klein und bedeutungslos. Und in Relation betrachtet wirken meine Sorgen insignifikant und klein. Aber das stimmt so nicht. Auch mein Leben ist valide und es ist wichtig, weiterzuleben und zu gestalten. Zwar mit einem Bewusstsein darüber, was passiert in dieser Welt und nicht auf eine narzisstische Art, aber mit der wahrgenommenen Verantwortung, die ich für mich selbst habe. Das, wodurch ich persönlich gehe, ist auch wertvoll und darf sein, auch wenn es mir manchmal so profan vorkommt. Es ist wichtig, eine gesunde Perspektive auf die Situation einzunehmen.
  3. Auch verbringe ich bewusst Zeit mit Menschen, die mir guttun und mir keine Energie rauben, sondern die etwas zu mir hinzufügen und nichts wegnehmen. (zumindest nicht nur… es ist nun mal ein Geben und Nehmen)
  4. Ich helfe, wo ich kann im Rahmen meiner Möglichkeiten. Ganz bewusst setze ich dem Gefühl der Ohnmacht und dem Ausgeliefertsein etwas entgegen. Ich gebe im Kleinen, in der Welt um mich herum etwas zurück. Entweder durch Spenden oder ehrenamtliche Hilfe an dem Ort, an dem ich bin. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten Einfluss auf das Geschehen direkt um uns herum zu nehmen. Wir können einen Unterschied machen, oftmals vielleicht nicht auf der Weltbühne und das Ruder der Geschichte herumreißen, aber im Kleinen, Persönlichen. Und wenn wir das alle machen, als Kollektiv, werden wir es über kurz oder lang schaffen auch einen bedeutsamen Unterschied im Gesamtgeschehen zu machen, denn wir sind gar nicht so ohnmächtig, wie es sich oftmals anfühlt.


Dirk Bongartz

Transformationsbegleiter, Executive Sparring Partner & Coach, Trainer für Führungskräfte-Entwicklung

2 Jahre

Sehr wertvolle Anregung, Rochina Williams. Es ist unsere bewusste Entscheidung, was wir zulassen und was nicht.

Dirk Bongartz

Transformationsbegleiter, Executive Sparring Partner & Coach, Trainer für Führungskräfte-Entwicklung

2 Jahre

Ich stimme Dir absolut zu, Rochina Williams. Es ist unsere eigene, bewusste Entscheidung, uns von den negativen Schlagzeilen im Minutentakt erschlagen zu lassen, oder die Medien kontrolliert zu konsumieren. Die vier Punkte kann ich sehr gut nachvollziehen, und ich möchte jedem Leser empfehlen auch für sich klare Prioritäten zu setzen. Denn jeder von uns hat die Möglichkeit, sich Raum zu schaffen, etwas zu bewegen (egal wie groß oder wie klein) und sich mit Dingen oder Menschen zu umgeben, die einem Auftrieb verleihen. Habt Mut !!! #transformation #fokus #entscheidung #bewusstsein

Andreas Geh

"Ich schaffe Strukturen für strategische Freiheit und schöpferische Kraft."✧ Transformation Guide ✧ Executive Coach ✧ Managing Partner ✧ Naturfotograf ✧ Opa

2 Jahre

Tolle Gedanken, Rochina Williams... Sie liessen mich innehalten und reflektieren. Das ist mir wertvoll. Freiheit bedeutet für mich, dass ich unter allen, auch noch so fremdbestimmten Umständen eine Entscheidung treffen kann, mich dadurch NICHT zum Opfer machen zu lassen, sondern Gestalter im Umgang mit den Umständen und dadurch meines Lebens bin. Deine Punkte im Artikel sind für mich eine gute Inspiration, wie das praktisch möglich ist.

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