Mein Standpunkt zum Bundes-Klinik-Atlas

Mein Standpunkt zum Bundes-Klinik-Atlas

Seit vergangenem Freitag ist der von der Bundesregierung initiierte Klinik-Atlas online abrufbar. Laut Aussage des Bundesministeriums für Gesundheit können die Bürgerinnen und Bürger „schnell und verständlich erfahren, welche Klinik welche Leistung mit welcher Qualität anbietet.“[1] Wir alle wissen aber, aufgrund unserer täglichen Arbeit, wie schwierig es ist, Daten aus dem Krankenhaus leicht verständlich und gleichzeitig auch vergleichsfähig aufzubereiten. Nicht selten scheitert es dabei schon an einer einheitlichen Definition bestimmter Kennwerte in Politik und Praxis. Auch wenn das Bundesgesundheitsministerium darauf verweist, das Angebot regelmäßig weiterzuentwickeln, ist es doch überraschend, wie wenige Daten der Klinik-Atlas zu Beginn enthält und vor allem wie dürftig seine Aussagekraft ausfällt. Ich stelle mir deshalb – so wie zahlreiche andere Experten - auch die Frage, warum im Hinblick auf Transparenz nicht auf bereits vorhandene Register wie z.B. das Deutsche Krankenhausverzeichnis gesetzt wird. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft wirft in ihrer Pressemitteilung zur Vorstellung des Klinik-Atlas dem Bundesgesundheitsminister deshalb „politischen Aktionismus auf Kosten des Steuerzahlers vor“. [2]

Das neue Portal des Bundesgesundheitsministeriums, das leider vor der Veröffentlichung auf einen Test durch die Deutsche Krankenhausgesellschaft verzichtete, weist bereits auf den ersten Blick einige Schwachstellen auf. So melden deutschlandweit zahlreiche Kliniken Fehler bei konkreten Daten oder aufgetretene technische Schwierigkeiten, beispielsweise bei der Zählweise von Behandlungsfällen je Krankheit. Damit werden die zwingend notwendigen Anforderungen auf Gründlichkeit und Qualitätssicherung definitiv nicht erfüllt, wie auch Roland Engehausen, der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) bestätigt.

Die regionale Presse hat ebenfalls bereits über den Klinik-Atlas berichtet und auch dort fällt das Urteil mangelhaft aus[3]

 

Auch für das Leopoldina-Krankenhaus ergibt sich aus der momentanen Darstellung die Notwendigkeit, Daten zu überprüfen. „504 Pflegekräfte im gesamten Krankenhaus“, wie sie für das Leopoldina-Krankenhaus angegeben sind, entsprechen laut unseres Pflegedirektors den kumulierten Vollkräften aus den Jahren 2019 und 2020. Für 2021 lag diese Zahl bei 521, für 2022 bei 533, für 2023 bei 570 und zum Januar 2024 sogar bei 600 kumulierten Vollkräften in der Pflege.

Neben den Angaben zum Pflegepersonalquotienten erscheinen auch manche Leistungszahlen auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar. Solche Ungereimtheiten bearbeiten wir auch intern.

 

Ganz abgesehen davon stellt sich die Frage, ob gesetzlich vorgesehene Abrechnungsdaten dazu geeignet sind, um Patienten belastbare Informationen zur Behandlungsqualität eines Krankenhauses zu geben.

Um zu entscheiden, ob ein Krankenhaus für ihre Behandlung geeignet ist, spielt für viele Patienten neben der Struktur- und Prozessqualität vorangig die erlebte Qualität eine große Rolle. Der Bundes-Klinik-Atlas orientiert sich aber einseitig an technokratischen Strukturqualitätskriterien wie z.B. der Anzahl an Behandlungsfällen. Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, sieht beim Transparenzgesetz eine verpasste Chance, die Patientensicht zum entscheidenden Qualitätsfaktor bei der Bewertung von Krankenhäusern zu machen.[4]

 

Auch ich bin der Meinung, dass bereits nach wenigen Klicks erkennbar ist, wie wenig medizinische Laien mit diesem Instrument anfangen können. Durch den Klinik-Atlas werden Patientinnen und Patienten verunsichert und fehlgeleitet statt objektiv und qualitätsorientiert informiert.

 

Mein persönliches Fazit: Der Klinik-Atlas ist ein weiterer Lauterbachscher Tiefschlag gegen die Kliniken und die dort Tätigen.


[1] Pressemitteilung des BMG vom 17.05.2024:Bundesweiter Klinik-Atlas geht online (bundesgesundheitsministerium.de)

[2] Pressemitteilung der DKG zur Vorstellung des Klinik Atlas vom 17.05.: Details | Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V. (dkgev.de)

[3] Vgl.: Lauterbachs Bundes-Klinik-Atlas enthält falsche Angaben (mainpost.de)

[4] Vgl:: Weg frei für Transparenzgesetz in Kliniken - ZDFheute

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