Merkelmanie ohne Ende

Merkelmanie ohne Ende

Autorin: Tanit Koch

Liebe Leserin, lieber Leser,

auf die Gefahr hin, dass Sie der Merkelmanie dieser Tage überdrüssig sind: Ich hätte da noch was.

Anders als manche Kollegen, zum Beispiel der grundsätzlich umwerfende FOCUS-Kolumnist Jan Fleischhauer, kann ich ihren Memoiren etwas abgewinnen. Ziemlich viel sogar.

Ich habe mir „Freiheit“ als Hörbuch gegönnt. Bei der herbstlichen Gartenarbeit. Die mich gewiss in einen entspannteren Gemütszustand versetzt hat, als wenn ich mich in kürzester Zeit durch hunderte Seiten journalistischer Pflichtlektüre hätte ackern müssen.

Im Gegensatz zur Frankfurter Rundschau – „Nichts Neues auf 700 Seiten“ – hörte ich eine Menge davon. Angie als Wohnungsbesetzerin war mir bislang unbekannt. Ebenso der Grund ihrer Liebe zu knallbunten Jacketts (nachträgliche Rebellion gegen die DDR-Farbpalette).

Jenseits der Trivialitäten habe ich als Kind der Bonner Republik eine Menge gelernt. Über ein Land, das es nicht mehr gibt und dessen gängelnden Sozialisten-Mief Merkel ebenso präzise beschreibt, wie die westdeutsche Gönnerhaftigkeit im Einigungsprozess (und darüber hinaus), das CDU-Misstrauen ihr gegenüber und ihre eigene Naivität.

Erleichtert habe ich mal wieder festgestellt, wie weit unser Land seit den 1990ern gekommen ist – als manche in der Union noch fanden, das „Resultat einer philippinischen Sommernacht“ (nicht-eheliche Kinder) verdiene doch wirklich keine Gleichstellung im Erbrecht.

„Freiheit“: 35.000 Exemplare der Merkel-Memoiren hat der Verlag Kiepenheuer & Witsch am ersten Tag verkauft, ein Umsatz von 1,47 Millionen Euro (© dpa)

Ist meine Neugier befriedigt? Nein. Bin ich enttäuscht? Nein. Nennen wir es Erwartungsmanagement: Die Bundeskanzlerin rechnet überraschenderweise nicht mit sich ab. Wo Merkel draufsteht, ist auch Merkel-Sie-kennen-mich drin. Im Guten wie im Schlechten.

Als schlecht wird ihre Sprache angeprangert und gefragt, warum sie – statt an der Ostsee mit ihrer engsten Vertrauten Beate Baumann in Klausur zu gehen – keine Edelfeder engagiert habe. Gegenfrage: Weil Helmut Kohl mit seinem Ghostwriter ein so glückliches Händchen hatte, dass die Anwälte noch posthum an dem Rechtsstreit verdienten?

Und schließlich, à propos Neuigkeiten, traute ich meinen Ohren kaum, als Merkel im Buch plötzlich von einer „offenen Feldschlacht“ zwischen Unions-Fraktion und Schröder-Regierung berichtet. Sie darf das offenbar, anders als die D-Day-FDP.

Wie haben Sie die Merkel-Festspiele auf allen Kanälen erlebt? Schreiben Sie uns an feedback@focus-magazin.de


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Guter Einblick Politiker teilen immer mit wie gut sie sind, waren. Irgendwie muss man die Bezüge ja auch rechtfertigen. Am unterhaltsamen finde ich aber den Lindner. Jetzt kann ich mir anschauen, wie schön er mit Frau kann und das er sich in anderen getäuscht hat. Wie hätte er die anderen gerne gehabt. Ich habe mich in der Pizza getäuscht, sie war 😋 lecker

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