Milchmädchenrechnung oder Augenwischerei
Mittlerweile wissen die meisten Freunde/-innen Kollegen/-innen, dass ich ein Verfechter einer vernünftigen Partnerschaft von Hotels und OTAs bin. Eine Symbiose zweier voneinander abhängiger Branchen, wo bereits die Begrifflichkeit des Wortes aussagt, dass jeder zum eigenen Wohl und zum Wohl des anderen arbeitet. Das wäre zumindest die vernünftigste Lösung. Die Hotellerie weiß, dass sie mit den OTAs entweder ein Zusatzgeschäft oder ihren Hauptumsatz generiert; die OTAs wissen, dass sie ohne die Hotellerie eigentlich fast nicht existieren würden.
Jetzt poppt doch am heutigen Morgen eine Meldung in tnooz hoch, die von hotelvor9 mit der Überschrift versehen wird: Packages für Hotels lohnender als Einzelbuchungen. Dieser Artikel geht auf eine Veröffentlichung von Expedia zurück, die wiederum ihre Zahlen in eine Statistik gepackt und interpretiert hat. Diese aber in einer Art und Weise, die mich unwillkürlich an eine bekannte Weisheit von Churchill denken lässt: Ich glaube nur den Statistiken, … . Expedia zieht hier ihre Daily Rates her, die beim Verkauf von Packages zustande kommen, und vergleicht diese vollen Ernstes mit den Daily Rates einer einfachen Übernachtungsbuchung. Sollte das ein Hotelier nun ernst nehmen, darüber lachen, weinen oder verzweifeln? Weder noch. Nachrechnen.
In der Regel ist es doch so, dass ich in meinen Packages Logisraten verstecke, die leicht bis weit unterhalb der BAR liegen. Je nach Veranlagung. Dann schlage ich meine Halbpension, Massagen, etc. auf und errechne daraus einen Packagepreis, der so attraktiv sein sollte, dass ich ihn gut verkaufen kann. Meine BAR für Übernachtung / Frühstück hingegen, liegt meist ein gutes Stück höher als im Package verrechnet. D.h., dass ich mit der BAR eine höhere Durchschnittsrate erziele. Über die eigene Homepage verkauft, spielt das alles eine untergeordnete Rolle.
Expedia rechnet nun mit der Daily Rate, d.h. der Rate, die für Expedia den durchschnittlichen Tagesumsatz für eine Buchung in einem Hotel ergibt. Muss ich mich dann wundern, dass die OTA eine höhere Daily Rate erzielt, wenn zusätzlich zur Logis noch andere Leistungen eingepreist sind? Nicht wirklich, denn die zusätzlichen Leistungen erzielen natürlich einen höheren Tagesumsatz bei Expedia, aber auch eine höhere Kommission! Muss der Hotelier bei einer reinen Übernachtungsbuchung lediglich eine Kommission auf seine höhere Logisrate mit Frühstück bezahlen, so muss er bei einer Packagebuchung den gleichen Prozentsatz auf seine günstigere Übernachtung sowie auf die ohnehin knapp kalkulierte Gastronomie hinlegen.
Zu behaupten, dass der Verkauf von Packages über eine OTA lohnender ist als eine reine Übernachtungsbuchung, ist für mich wirklich eine Milchmädchenrechnung. Auf jeden Fall lohnender für eine OTA, die ja mit einer höheren Daily Rate auch eine höhere Kommission erzielt. Lohnender für den Hotelier? Da sollte jede Kollegin und jeder Kollege selber nachrechnen, was über die eigene IBE und was über OTA verkauft wird.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Selbstverständlich empfehle ich jedem Hotel dringend auch Packages bei den OTAs einzustellen. Andere, als auf der eigenen Homepage verfügbar. Denn die OTA-Packages sollten anders kalkuliert sein und somit auch andere Leistungen beinhalten, damit eine Paritätsprüfung gar nicht erst Thema wird.
Lediglich gegen die rückhaltlose Behauptung, dass der Verkauf von Packages über OTAs besser für die Hotels ist als ein reiner Übernachtungsverkauf, wehre ich mich. Nur wenn ich einen höheren Tagesumsatz bei Expedia erziele, heißt das noch nicht automatisch, dass ich einen höheren Deckungsbeitrag im Hotel erziele. Bei aller Freundschaft sollten OTAs keine solche Thesen in den Raum stellen.
Darüber hinaus liegt es doch bei jedem Hotelier selber, zu einer reinen Übernachtungs-buchung im Haus Zusatzverkäufe zu generieren. Kommissionsfrei!
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