Mit Versuch und Irrtum Markterfolge erzielen?
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Mit Versuch und Irrtum Markterfolge erzielen?

Versuch und Irrtum sind immer wieder die «Methode» der Wahl bei Neulancierungen, man verzichtet auf vorherige Überprüfung am Markt. Das geht schneller und ist im Vorfeld günstiger. Was aber kostet ein solches Vorgehen, wenn man ein mögliches Scheitern in die Überlegungen mit einbezieht?

 (Zeitbedarf: 2 Minuten)

Ein Beispiel aus jüngerer Zeit hat mir wieder einmal vor Augen geführt, nach welchen Kriterien Produkteinführungen umgesetzt werden. Beileibe nicht alle, aber scheinbar doch nicht wenige. Eine kurze Erläuterung zum Case: Ein Unternehmen hat über die letzten Jahre eine Idee für ein neues Produkt und daraus folgend ein Produktekonzept entwickelt, das nach Meinung der Verantwortlichen gute Marktchancen hat. Das Konzept stellt nach interner Anschauung eine innovative Lösung dar und soll nun umgesetzt werden. Im Zuge der Diskussion hinsichtlich der Lancierung wird auch diskutiert, ob dieses Produktkonzept vor dem Launch am Markt überprüft werden soll.

Langwierige Diskussionen statt valide Daten

Bei dem Unternehmen wird über Wochen, ja Monate diskutiert, was denn nun der richtige Weg sei – also pro oder contra Marktcheck. Vor allem die Kosten einer ex ante Überprüfung am Markt machen den Marketingverantwortlichen erhebliches Kopfzerbrechen, und: Ein solches Vorgehen kostet Zeit und man will nun endlich den Markteintritt vorantreiben.

Zum Schluss entscheidet das Management, auf Marktpotentialsanalysen, Consumer Insights zum Produktekonzept und Überprüfung der Passung für spezifische Zielgruppen vor Einführung des Produkts zu verzichten … und jetzt kommt die Begründung: «Wir werden das Produkt so oder so einführen, deshalb brauchen wir das alles nicht und sparen uns eine Menge Geld und auch noch Zeit».

Bei einer solchen Begründung sträuben sich mir die Nackenhaare. Natürlich ist das Unternehmen gross, hat viel Erfahrung im Markt und ist finanziell potent. Das Unternehmen kennt das Produkt, weiss aber weder, welche Zielgruppen anzusprechen sind noch wie diese Zielgruppen, die man nicht kennt, kommunikativ auf das neue Produkt aufmerksam gemacht werden sollen. Unbekannt ist auch, welche Nutzenargumentation bei den Konsumentinnen und Konsumenten via Marketing und Vertrieb hervorzuheben ist. Soweit zu diesem Fall.

Inside out statt outside in Denken

In einer Zeit, in welcher mehr als 90% aller Neulancierungen scheitern und die Konsumentinnen und Konsumenten aus einer reichhaltigen Auswahl konkurrierender Angebote wählen können, halte ich ein solches Vorgehen für fahrlässig. Es werden Millionen in die Produktentwicklung, das Marketing, die Kommunikation und den Vertrieb investiert – aber man kennt die outside Faktoren zuwenig oder gar nicht. Man weiss auch nicht, wie man «den Markt» adäquat bearbeiten soll. Auch wenn das neue Produkt nach Management Meinung gut durchdacht und ausgestaltet ist, so ist die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns in der Umsetzung doch sehr hoch. Warum? Weil man von einer inside out getriebenen Argumentation zuwenig oder gar nicht nicht auf den Markt und den Wettbewerb schaut, sondern, aus welchen Gründen auch immer, der Überzeugung ist, dass der Markt und die potentiellen Kunden schon akzeptieren werden, was man ihnen als Lösung vorsetzt.

Die Mär vom Bauchgefühl statt Fakten und Daten lebt

Doch diese Zeiten sind meiner Ansicht nach definitiv vorbei. Ich höre zwar immer wieder die Mär, wie Apple, ohne je eine Marktüberprüfung durchgeführt zu haben, die tollsten Produkte erfolgreich auf den Märkten plaziert und seine Kundinnen und Kunden begeistert hat. Was ich andererseits auch gehört habe, ist, dass gerade Apple akribisch seine Lösungen vor jedem roll out intensiv getestet hat. Ob’s stimmt, weiss ich nicht, kann es mir aber gut vorstellen.

Ich bin davon überzeugt, dass in der heutigen Zeit eine Markteinführung, die von unvollständigen, veralteten oder unrichtigen Annahmen zu den Konsumenten und dem Wettbewerb ausgeht, in den meisten Fällen scheitern wird. Tut es ja auch, der Anteil an Flops mit über 90% zeigt es ja. Aber dann sind die Mittel investiert und diese sind um ein vielfaches höher, was es gekostet hätte, zumindest die wichtigsten Dimensionen für ein mögliches Scheitern zu evaluieren und rechtzeitig gegenzusteuern – und zwar vor der Lancierung. Versuch und Irrtum in Ehren, aber man muss wissen, wann es das richtige Vorgehen ist. In dem oben beschriebenen Case glaube ich nicht daran.

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