Mitarbeiterbindung im Wandel von Gesellschaft und Wirtschaft

Mitarbeiterbindung im Wandel von Gesellschaft und Wirtschaft

Unternehmen sehen sich heute einer Vielzahl von Herausforderungen gegenüber, wie wir sie zumindest die letzten 50 Jahre so nicht mehr kannten. Zu den kurzfristigen Herausforderungen wie z. B. Lieferengpässe, Energieversorgungen usw. kommt eine Vielzahl übergeordneter Themen wie z. B. die Verlagerung des Handels in das Internet, die KI, Automatisierung und Roboterisierung usw.

Gleichwohl, das vielleicht drängendste Thema aktuell ist in vielen Unternehmen der Fachkräftemangel. Er ist heute häufig der Engpass in Unternehmen, der nicht nur eine Expansion unmöglich macht, sondern in Einzelfällen zu drastischer Schrumpfung bis hin zu Unternehmensschließungen führt. Gute, loyale Mitarbeiter sind vielleicht der wesentlichste Teil für den Unternehmenserfolg. Umgekehrt: Die Fluktuation von Mitarbeitern birgt erhebliche Kosten für Unternehmen, angefangen bei den Recruiting-Kosten bis hin zu den Produktivitätsverlusten während der Einarbeitungsphase neuer Mitarbeiter. Darüber hinaus: langjährige Mitarbeiter bringen Erfahrung und spezifisches Wissen mit. 

Wer glaubt, das sei vorübergehend, der irrt. Die zugrunde liegenden Parameter haben sich verändert. Nachhaltig.


1. Verständnis für veränderte Rahmenbedingungen

Die lange Phase der Nachkriegszeit mit Generationen, die tendenziell materiellem Wohlstand und Wachstum, Leistungsbereitschaft und Loyalität hohen Wert beigemessen haben, geht langsam zu Ende.

Die künftigen Berufseinsteiger haben neue Werte, denen Sie erhebliche Bedeutung beimessen.

Im Rahmen der Pandemie sind viele Fachkräfte aus den angestammten Branchen oder direkt aus dem Erwerbsleben ausgeschieden.

Und das Wichtigste, warum uns der Fachkräftemangel längerfristig beschäftigen wird: 

Die Demographie … Und die zeigt ganz deutlich, dass immer weniger junge Menschen im Erwerbsleben zur Verfügung stehen, wohingegen sich die Anzahl der aus dem Erwerbsleben ausscheidenden Personen stetig erhöht.


2. Verständnis des Rollentausches im Arbeitnehmermarkt

Das wichtigste Verständnis für den aktuellen Markt ist, dass Sie sich mindestens in gleichem Maße, in dem der Arbeitnehmer sich bei Ihnen bewirbt, bei ihm bewerben.

Das merken Sie spätestens im Bewerbungsgespräch, wenn der Bewerber die Fragen stellt und nicht Sie … 😊


3. Personalsuche versus Mitarbeiterbindung

Das Thema „Mitarbeiterbindung“ unterscheidet sich tatsächlich nur gering zum Thema der „Personalsuche“. In letzter Konsequenz gibt es nämlich keinen Unterschied, weil sich genau genommen jeder Arbeitnehmer jeden Tag wieder neu für unser Unternehmen entscheidet.


4. Der Mitarbeiter im Resonanzmodell

Wissen Sie, was Mitarbeitern in Ihrer Branche besonders wichtig ist? Dafür haben wir mit unserer Akademie für unsere Branche eine Umfrage zur Mitarbeiterzufriedenheit gestartet.

Aber noch viel wichtiger: Wissen Sie, was dem einzelnen Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen besonders wichtig ist? Kennen Sie die Werte und das Verhalten Ihrer Mitarbeiter? Wenn Sie einen Mitarbeiter konträr zu seinem Wesen und seinen Werten einsetzen, wird er das Unternehmen früher oder später verlassen …

Wir müssen also sozusagen mit dem Mitarbeiter in der selben Frequenz schwingen …

 

Welche konkreten Maßnahmen der Mitarbeiterbindung es gibt? 

Theoretisch unendlich viele. 

Hier ein kleiner Überblick:

1. Kurzfristige unmittelbare Maßnahmen

Kurzfristige Maßnahmen sind „not-wendig“, wenn ein Mitarbeiter kündigt, auf dem Weg dazu ist oder generell, um aktuell die Mitarbeiterzufriedenheit zu heben. Es kommt aber offen gestanden mehr der Symptombekämpfung als der Ursachenbekämpfung nahe … Die in der Praxis häufigste Maßnahme ist in diesem Fall die Gehaltsanpassung. Systemisch gesehen zahlen Sie dabei häufig für andere Versäumnisse einen hohen Preis …


Die wichtigste Maßnahme: 

Schonungslose offene Gespräche mit den Mitarbeitern:

  • Was sind die Gründe für deren Unzufriedenheit?
  • Wo fühlt sich der Mitarbeiter nicht gesehen, nicht ernst genommen?
  • Was haben Sie in der Vergangenheit versäumt zu kommunizieren?

Wichtig: Versuchen Sie nicht den Mitarbeiter zu beruhigen, sondern vermitteln Sie ihm das ehrliche Gefühl ihn ernst zu nehmen und etwas zu ändern.


Eine weitere unerlässliche, wichtige Maßnahme:

Geben Sie dem Mitarbeiter mehr Feedback, wertschätzende Kritik, Anerkennung, Lob. Mitarbeiter wollen gute Führung und wollen gefordert werden!

Belohnen Sie gute Arbeitsergebnisse und Beiträge des Arbeitnehmers. 

Zeigen Sie, welchen Stellenwert Sie Mitarbeitern im Unternehmen einräumen.

 

Und zu guter Letzt: Verstärken Sie Teamaktivitäten und führen Sie Aktivitäten durch, die die Gemeinschaft und die Zugehörigkeit zu Ihrem Unternehmen stärken. 

 

2. Mittel- und langfristige Maßnahmen

Wenn Sie mittel- und langfristig ein Magnet für gute Mitarbeiter sein wollen und sich Ihrer guten Mitarbeiter einigermaßen sicher sein wollen, müssen Sie Ihr Unternehmen so aufstellen, dass Arbeitnehmer dort arbeiten „wollen“ (Sog-Wirkung). Das ist ein Prozess …., keine einzelne Maßnahme. Und der Gradmesser dafür ist die Positionierung Ihres Unternehmens im Markt. 

Wodurch unterscheiden Sie sich deutlich von Ihren Mitbewerbern?

Sind Sie der Leuchtturm in Ihrer Branche? 

Wie ist das Image Ihres Unternehmens, wie Ihr Employer-Branding?

Wie haben Sie sich als attraktiver Arbeitgeber positioniert?

Wurden Sie als Arbeitgeber ausgezeichnet?

Haben Sie positive Arbeitgeberbewertungen auf diversen Portalen?


Noch einige wichtig Fragen:


a) Wie modern ist Ihre Arbeitsweise?

D. h., wie modern sind die Arbeitsgeräte und -mittel, der Arbeitsplatz …? Sind Sie sehr analog oder eher digital unterwegs, wie IT-affin ist das Unternehmen? Wie hoch ist der Grad der Digitalisierung, der Automatisierung und Roboterisierung in Ihrem Unternehmen?


b) Wie sind die Strukturen und Abläufe im Unternehmen?

Mitarbeiter lieben klar definierte Strukturen und Abläufe, die einen klaren Rahmen vorgeben. 

 

c) Wie steht es um die Unternehmenskultur in Ihrer Firma?

Wie viel Vertrauen herrscht im Unternehmen oder arbeiten Sie eher mit Überwachung und Kontrolle? Wie steht es um Achtung, Lob, Anerkennung und Wertschätzung ggü. dem Mitarbeiter?


d) Gibt es für jeden Mitarbeiter jährlich mindestens ein ehrliches und offenes Mitarbeitergespräch?

Sind im Unternehmen funktionierende Feedbacksysteme implementiert? D. h. bekommt der Mitarbeiter ein zeitnahes, offenes, ehrliches und wertschätzendes Feedback?


e) Wie steht es um die Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers?

Welche Karriereentwicklungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen können Sie dem Arbeitnehmer, dem diese wichtig ist, bieten?


f) Wie flexibel sind Ihre Arbeitszeiten?

Wie steht es generell um Ihre Flexibilität hinsichtlich der Vorstellungen der Leistungserbringung durch den Arbeitnehmer? Bieten Sie Homeofficemöglichkeiten? Wie familienfreundlich sind Ihre Arbeitszeitmodelle und finden Sie einen Weg, die Work-Life-Balance-Vorstellungen des Arbeitnehmers mitzuberücksichtigen?


g) Wie fördern Sie das Zugehörigkeitsgefühl und den Austausch der Arbeitnehmer untereinander?

h) Wie sehr gelingt es Ihnen, nicht den Arbeitnehmer auf die Arbeitsstelle zuzuschneiden, sondern die Arbeitsstelle auf den Arbeitnehmer?

 

Fazit und Ausblick

Das Thema „Mitarbeiterbindung“ ist ein zentrales Thema für den Unternehmenserfolg. Es gleicht mehr einem Marathon, als einem Sprint.

Mitarbeiterführung setzt heute viel mehr voraus als in der Vergangenheit. Es ist ein ganzheitlicher Prozess, der mehr Arbeit AM als IM Unternehmen voraussetzt..

Karin Schneider

Steuerfachangestellte bei BERATA-GmbH Steuerberatungsgesellschaft

6 Monate

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