Moral, Ethik, Vertragstreue, Vertrauen, Aufrichtigkeit
Das alles sind Wertebegriffe, die man auf keiner Schule/Universität lernen kann, deshalb sind sie wahrscheinlich auch immer seltener zu finden. Ist das ein Generations bzw. kulturelles Problem oder sterben diese charakterlichen Attribute einfach aus, weil es anstrengend erscheint danach zu leben?
2 kleine Episoden (vor kurzem geschehen) aus meiner über 40-jährigen Berufserfahrung in der Immobilienbranche:
Ich bekam ein Beratungsmandat von einem Family Office aus Zentral Europa mit einem sehr jungen Vertreter der Gesellschaft, einer uns geschichtlich nahe stehenden, anderen Glaubensgemeinschaft. Da wurden schriftliche Vereinbarungen getroffen für die Abwicklung/Verkauf eines Projektes in 2-stelliger Millionenhöhe. Kurz vor der abschließenden DD durch den Käufer und Vereinbarung einer Exklusivität, wurde der vorher vereinbarte Kaufpreis einfach um ein Drittel erhöht, getreu dem Motto was stören mich meine Zusagen und Vereinbarungen aus der Vergangenheit! Der Käufer hegte daraufhin berechtigte Zweifel an der Seriosität des Verkäufers und sagte den Deal ab.
Im Gegensatz dazu habe ich vor kurzem mit zwei altgedienten Immobilienprofis einen Deal in 2-stelliger Millionenhöhe, innerhalb von 6 Wochen, durch das Ziel tragen können, auf Basis von überwiegend mündlichen Verabredungen, ohne das die vereinbarten Rahmendaten jemals in Zweifel gezogen wurden.
Man sollte sich vor neuen Dingen nicht verschließen, aber vor 30 Jahren wurden auch schon Deals zum Abschluss gebracht ohne dass man sich LOI, NDA, Vertraulichkeitserklärungen etc. bedienen musste. Über deren rechtlichen Gehalt ist ja ohnehin schon viel gestritten worden.
Auch wenn meine Generation gerne als Fossilien, Silberrücken oder Relikte der Vergangenheit bezeichnet wird, fühle ich mich nach über 40 Jahren Berufserfahrung in verschiedenen Management Positionen und in der Selbstständigkeit als Unternehmensberater für Immobilien, mit den o.g. Wertebegriffen als Basis meines Handelns, nach wie vor sehr wohl.
Das gibt mir auch für die Zukunft ein gutes Gefühl, da ich immer öfter feststellen durfte, dass man sich meistens mindestens zweimal im Leben sieht.
Frank -Peter Hohmann
Ü 60, Unternehmer, Protestant und Moralist