Motiv Nr. 4: Die Vorsorge
Viele Unternehmer*innen schenken erfahrungsgemäss der Altersvorsorge, ähnlich wie der Unternehmensnachfolge, zu spät die entsprechende Aufmerksamkeit und verpassen damit wichtige und vielfach nicht wieder aufholbare Zeit.
Welchen Stellenwert hat die Vorsorge bei Unternehmer*innen?
Die Vorsorge ist bei Unternehmer*innen sehr eng an die Unternehmensnachfolge geknüpft. Eine Umfrage von Frank Halter et al. hat ergeben, dass nahezu jede zweite Unternehmerin bzw. jeder zweite Unternehmer älter als 55 Jahre keine Vorkehrungen in der Vorsorge getroffen hat – bei Kleinstunternehmer ist dies bei rund 60 Prozent der Fall und bei den über 65-Jährigen immer noch bei einem Drittel.
Wie in der Vermögenszusammensetzung von Unternehmer*innen immer wieder ersichtlich, ist ein Grossteil des Vermögens im eigenen Unternehmen investiert und soll möglicherweise mit der Nachfolgeplanung den Ruhestand und die Lebensrisiken wie Tod und Invalidität abdecken. Dies ist nicht weiter verwunderlich, denn nicht selten überführen Unternehmer*innen für den Aufbau des Unternehmens ihre privaten Mittel in das Unternehmen und beziehen nebst der Kreditaufnahme auch noch die bisher aufgebauten Vorsorgegelder. Diese Betrachtungsweise ist gefährlich, so mal die Scheiterungsquote in der Nachfolge schätzungsweise bei 30 Prozent liegt.
Wenn der Unternehmensverkauf das Vorsorgevermögen bestimmt
Die Mitarbeit der Inhaberin bzw. des Inhabers ist oftmals von grosser Relevanz und der Ausfall hätte grosse Konsequenzen für den Erfolg des Unternehmens. Aber auch der Wert des Unternehmens wird oftmals zu hoch eingeschätzt oder der Verkaufserlös fällt zu tief aus. Es gibt also gute Gründe, weshalb die Altersvorsorge losgelöst von der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens aufgebaut und auf die Bedürfnisse der Unternehmer*innen abgestimmt werden sollte. Es geht aber auch um die Frage, ob Unternehmer*innen, die möglicherweise über Jahrzehnte aus den Cash-Flows ihrer Firma gelebt haben, den sich mittlerweile angewohnten Lebensstandard nach der Unternehmensweitergabe sichern können. Damit verbunden müssen sie sich mit dem Finanzbedarf nach der unternehmerischen Tätigkeit auseinandersetzen.
Unternehmer*innen müssen in der Lage sein, ihre Vorsorge, beziehungsweise die Bestreitung des Lebens danach, nicht an die Weitergabe des Unternehmens zu knüpfen. Aus dieser Überlegung haben Halter/Wolf eine interessante Kernfrage formuliert: Was muss ich hinsichtlich der persönlicher Vorsorge tun, dass ich mit 64, beziehungsweise 65, das Unternehmen (theoretisch) für CHF 1.00 an die nächste Generation abtreten kann?
Diese Betrachtungsweise setzt voraus, dass die Vorsorge ein akzeptierter Bestandteil des Gesamtvermögens darstellt und somit die Vorsorgegelder aus der zweiten und dritten Säule als Teil der gesamten Vermögensstrukturierung betrachtet werden können.
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Das Thema Vorsorge ist in allen Phasen vom Lebenszyklus ein Thema
Die Vorsorgebedürfnisse von Unternehmer*innen sind jedoch sehr individuell. Unternehmer*innen starten in unterschiedlichen Lebensphasen ihre Selbständigkeit und gründen oder übernehmen ein Unternehmen ebenfalls in unterschiedlichen Phasen. Junge Unternehmer*innen sollten sich primär auf die Risiken Invalidität sowie Tod konzentrieren und können mit der Entwicklung des Unternehmens das Thema Alterskapital stärker gewichten. In jedem Fall bietet das Schweizer Vorsorgesystem das notwendige Gestaltungspotenzial, um einer Trennung von Vorsorge und Unternehmen Rechnung zu tragen. Halter/Schröder sprechen vom Gesetz der langen Zeitreihen und der jahrzehntelangen steuerfreien Verzinsung des persönlichen Vorsorgevermögens.
Das Vorsorgesystem erlaubt unter gewissen Umständen aber auch Gestaltungsmöglichkeiten in der Strategie und Ausrichtung der Anlagen, womit der Bereich Vorsorge ein wichtiges und auch attraktives Gefäss sein kann, um als Unternehmer*in Privatvermögen ausserhalb vom Unternehmen aufzubauen. Diese Strategie sollte auf die sonstige Vermögensverwaltungsstrategie abgestimmt sein. Prüfen Sie die vorhandenen Gestaltungsmöglichkeiten im Detail.
Quellenverzeichnis mit Bezug auf Masterarbeit: Legen Unternehmer zu wenig Wert auf das Privatvermögen? Yves Müller.