Neue Mobilität in den Städten und Gemeinden: Transparenz und Vertrauen durch den offenen Standard MDS
Die aktuelle Corona-Krise führt uns eindrucksvoll vor Augen, dass der bestehende „Modal Mix“ in den Städten keineswegs in Stein gemeißelt ist. Vielmehr hat die durch Covid-19 ausgelöste Verhaltensänderung erhebliche Auswirkungen auf die Verkehrsträger: Fahrgäste meiden den Nah- und Fernverkehr, der nur noch mit weniger als 50 % Auslastung unterwegs ist. Fahrradhändler können die große Nachfrage, insbesondere nach e-Bikes, kaum befriedigen. In der Folge haben einige Städte wie Berlin damit begonnen, mit Pop-up Bike Lanes die Infrastruktur für Fahrradfahrende kurzfristig auszubauen.
Bei den Anbietern von Sharing-Diensten ergibt sich ein gemischtes Bild: auf der einen Seite schließen coronabedingt Ridesharing-Anbieter wie CleverShuttle ganze Standorte. Auf der anderen Seite steigt einem ersten Nachfrageeinbruch die Nutzung von Sharing-Diensten für Fahrräder und e-Scooter an und hat langsam das Vorniveau wieder erreicht; teilweise konnten sogar neue Nutzergruppen hinzugewonnen werden.
Das von der Bundesregierung verabschiedete Konjunkturpaket versucht diesen verkehrspolitischen Strukturwandel noch weiter zu forcieren, insbesondere über die Subventionierung von Elektrofahrzeugen, was den Aufbau einer entsprechenden Ladeinfrastruktur erfordert. Auch die Einrichtung von Mobilitätshubs und Mobilitätsstationen zur besseren Integration von Micromobility-Services in den ÖPNV führt stellt die Städte vor der Herausforderung der schrittweisen Umwidmung von öffentlichen Flächen.
Aus Sicht der Städte ist die Lage damit deutlich komplizierter geworden: sie sehen sich einer Vielzahl von Akteuren gegenüber, die alle mit ihren jeweiligen Geschäftsmodellen ihre berechtigten Interessen vertreten. Gleichzeitig müssen die Städte und Kommunen jedoch die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger im Sinn haben und verkehrspolitisch das „Gesamtsystem“ optimieren und bei Bedarf regulierend eingreifen. Eine vertrauensvolle, transparente Kommunikation zwischen allen Beteiligten ist in dieser Situation unabdingbar.
Im Zeitalter der Digitalisierung kann Transparenz vor allem über den Austausch von Daten über offene Standards hergestellt werden. Die Mobility Data Specification (MDS) ist hierfür ein gutes Beispiel: 2018 ursprünglich vom „Los Angeles Department of Transportation (LADOT)“ entwickelt, wird der MDS Standard nun als Open Source unter dem Dach der Open Mobility Foundation (OMF) von der Community weiterentwickelt und kuratiert. Somit können sowohl Vertreter von Städten und Gemeinden als auch die Mobilitätsanbieter den Standard transparent und schrittweise weiterentwickeln, um ihre jeweiligen Interessen zu vertreten.
Aktuell umfasst der MDS-Standard die Spezifikation von drei APIs (Application Programmable Interface), mit denen Städte und Mobilitätsanbieter untereinander automatisiert und standardisiert Daten austauschen können.
Dieser Datenaustausch hat unmittelbare Vorteile für beide Seiten:
- Über die „MDS Agency – API“ erhalten die Städte die Fahrzeugdaten und haben damit über alle Anbieter hinweg ein „Bild der Lage“. Über die weitere Analyse der Daten können die Städte fundierte verkehrspolitische Entscheidungen, z.B. über Umwandlung von Parkplätzen zu Haltebereiche für Sharing-Anbieter treffen.
- Über die „MDS Policy-API“ können die Städte den Anbieter regulatorische Vorgaben kommunizieren. Zum Beispiel können definierte Geo-Zonen als Abstellverbote für e-Scooter deklariert werden. Die Informationen können von den IT-Systemen der Mobilitätsprovider automatisch eingelesen und verarbeitet werden; eine langwierige und damit aufwendige Kommunikation über Papier und Fax (was in vielen Städten und Kommunen noch immer Standard ist) entfällt.
- Über die „MDS Provider-API“ können Städte und Gemeinde bedarfsweise historische Daten der Mobilitätsanbieter abrufen, z.B. Daten zu Statuswechseln von e-Scootern oder Fahrrädern.
- Auch für die Mobilitätsanbieter entfalten offene Standards wie MDS einen großen Nutzen: Da die Anbieter in der Regel in zahlreichen Städten aktiv sind, entfallen durch den automatisierten Austausch von Daten beispielsweise zu regulatorischen Hinweisen die bisher aufwendigen Abstimmungsprozesse und damit Transaktionskosten.
Natürlich müssen bei dem Datenaustausch zwischen Städten und Mobilitätsanbietern alle Regelungen der DSGVO eingehalten werden. MDS selbst beinhaltet zwar keine personenbezogenen Daten, aber es muss jederzeit sichergestellt werden, dass über die Kombination mit anderen Datenquellen keine „Trip Reconstruction Attacks“ von einzelnen Personen möglich sind.
Hierzu hat die Open Mobility Foundation ein Datenschutzkomitee gegründet, dass an einen „Best-Practice“-Leitfaden für den datenschutzkonformen Einsatz von MDS in Städten arbeitet. Bis dahin liegt es vor allem an den Städten, von den Mobilitätsprovidern nach dem Prinzip der Datensparsamkeit und Zweckgebundenheit nur jene Daten zu verlangen, die für die Ausübung ihrer regulatorischen und verkehrspolitischen Ziele notwendig sind.
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