Novelle Messstellenbetriebsgesetz: Zu kurz gesprungen

Nach den ersten öffentlichen Kommentaren zum MsbG melde ich mich jetzt auch mit einer ersten Einschätzung - ich freue mich schon jetzt auf die folgende Debatte.

Kann mit dem aktuellen Dokumentenstand, sollte er so durch den Bundestag gehen, die Energiewende ausreichend digital unterstützt werden?

Aus meiner Sicht ein klares ‚Nein‘!

Leider ist dieses Dokument aus dem BMWK zwar ein Schritt nach vorne. Dass dieser aus meiner Sicht nicht reicht, dazu folgende Punkte.

Robustheit & Resilienz

Wir brauchen eine digitale Infrastruktur, die mit ihrer Resilienz und Robustheit das Stromnetz trägt. Dazu benötigen wir eine extrem sichere und einfache Grundlage, die auch im Falle einer Störung rasch repariert und wieder in Betrieb genommen werden kann. Das MsbG fordert dagegen immer noch überkomplexe Geräte mit extrem komplexen Algorithmen, die wir nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand digital abgesichert bekommen können. Die Komplexitätsreduzierung muss greifen, in diesem Gesetzespaket, ansonsten verlieren wir wieder zu viel Zeit bei der Implementierung überkomplexer Anforderungen

Geschwindigkeit und Skalierbarkeit

Wir müssen bis 2030 eine extrem hohe Zahl von digitalen Kommunikationsgeräten in ein digitales Kommunikationsnetz einbinden, und das mit einer extrem starken Verschlüsselung. Das ist weltweit einmalig, so dass wir nicht auf vergleichbare Projekte blicken können, um daraus Lehren ziehen zu können. Wenn wir also die vom BMWK eingeforderte Geschwindigkeit erreichen wollen, müssen wir das System auf seine Kernaufgaben reduzieren und diese stabil massenhaft ins Feld bringen. Auch hier ist die Komplexitätsreduzierung der Schlüssel zum Erfolg

Flexibilität und Innovation

Noch immer krankt das MsbG an einem schweren Geburtsfehler: Es schreibt technische Lösungen für Probleme vor, die die technische Problemlösung erschweren bzw. unmöglich machen. Darüber hinaus ist eine heute in ein Gesetz gegossene technische Lösung morgen evtl. bereits schon dysfunktional, weil sich Technik und Standards nun einmal weiterentwickeln. Die Entwicklung technischer Lösung sind unbedingt an die entsprechenden Fachverbände und Gremien zu delegieren. Das Gesetz sollte lediglich den Handlungsrahmen einziehen.

Nutzen für BürgerInnen

Wir werden in den nächsten Jahren eine digitale Infrastruktur hochziehen, die zum Alltag der Menschen gehören wird. Entsprechend diskriminierungsfrei muss der Zugang zu dieser Infrastruktur ausgestaltet werden – ob es um die dynamischen Tarife oder die Steuerung von Wärmepumpen / Wallboxen geht. Diesen Anspruch finde ich im Gesetz nicht wieder. Man hat beim Lesen das Gefühl, dass alle nur froh sind, wenn es irgendwie läuft. Das kann aber nicht unser Anspruch sein.

Industrie in der Verantwortung

Was aus dem Gesetz auch hervorgeht, ist die Industrie, die nun mehr in Verantwortung treten muss. In Zukunft kann man nun mal nicht mehr auf das BSI verweisen, wenn es beim Rollout intelligenter Messsysteme rumpelt. Das heißt aber auch, dass wir als Industrie in den nächsten Monaten auf allen Ebenen liefern müssen. Das ist eine Aufgabe, die wir mit Zuversicht, aber auch mit Respekt und Demut angehen sollten.

Gerhard Radtke

Einfach mal machen, könnte ja gut werden...#gerneperDu

2 Monate

Sehr gute Einschätzung, die ich voll und ganz unterstütze. Aber was heißt denn jetzt der letzte Abschnitt konkret? Ich behaupte, dass die aktuelle Lösung in der Form nicht zukunftsfähig ist, weil zu kompliziert und damit viel zu teuer. Ich habe schon seit Jahren den Eindruck, dass das viele Netzbetreiber, aber auch einige Hersteller so sehen, das aber aus verschiedenen Gründen nicht offen kommunizieren. In diesem Punkt würde ich mir mehr Ehrlichkeit und Offenheit wünschen. Ich gehe nicht davon aus, dass die aktuelle Version des intelligenten Messsystems sich im Massenmarkt behaupten wird, sonst hätte sie es schon längst getan.

Manuel Frohnholzer

Abteilungsleiter Metering & Energy-Solutions

2 Jahre

Überaus treffende Einschätzung. Dem ist aus meiner Sicht nichts hinzuzufügen.

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