Ob die Krise nun kommt oder nicht: Jetzt in die eigene Qualifikation investieren

Ob die Krise nun kommt oder nicht: Jetzt in die eigene Qualifikation investieren

Nach zehn Jahren Hochkonjunktur kühlt sich das Wirtschaftswachstum in Deutschland und der Welt merklich ab. Der Sachverständigenrat der Bundesregierung, die ‚Wirtschafts-weisen‘, haben für das Jahr 2019 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 0,5 Prozent prognostiziert, für das Jahr 2020 0,9 Prozent. Insbesondere deutsche Schlüsselindustrien wie Automobil, Maschinen- und Anlagenbau und sonstiges produzierendes Gewerbe sind seit Monaten schon von Auftragsrückgängen, schrumpfenden Umsätzen und Kurzarbeit betroffen. Gleichwohl: Die große Krise, seit dem Frühjahr diesen Jahres befürchtet, scheint es doch nicht zu werden – wir befinden uns in keiner Rezession. Im 3. Quartal gab es ein knappes Plus im Wachstum, auch wenn Untergangspropheten fest davon ausgehen, dass ein ‚Crash‘ kurz bevorstehe.

Was bedeutet all das für den Arbeitsmarkt? Bisher erstaunlich wenig. Die Bundesagentur für Arbeit meldet im Oktober gar einen Rückgang der Arbeitslosenzahlen um 30.000 Beschäftigte. Zwar haben einige Konzerne größere Programme für Stellenabbau angekündigt, diese scheinen aber eher strukturell als kurzfristig konjunkturell bedingt. Und wenn man Unternehmer fragt, wo ihre größten Herausforderungen liegen, sagen sie weiterhin „Ausreichend gute Leute finden“ und nicht „Möglichst viele Leute loswerden“. Der Arbeitsmarkt scheint sich damit erstmals antizyklisch zur Konjunktur zu verhalten, was vor allem mit dem sinkenden Angebot an Arbeitskräften sowie dem hohen Bedarf insbesondere an Spezialisten zu tun haben dürfte.

Markt wird vorsichtiger, zukunftsorientierte Profile dennoch weiterhin stark gefragt

Als Personalberater sehen wir dennoch eine Veränderung in den letzten Monaten, insbesondere im deutschen Mittelstand und im produzierenden Gewerbe. In der Tat wurden Suchen nach Fach- und Führungskräften nicht einfach eingestellt, so wie das in der Vergangenheit schon häufiger bei Konjunktureinbrüchen passiert ist. Allerdings sind viele Unternehmen deutlich spezifischer in der Formulierung der Anforderungen an Kandidatinnen und Kandidaten geworden und lassen sich mehr Zeit mit der Auswahl, als dies zwischenzeitlich in der Hochkonjunktur der Fall war. Innerhalb der produzierenden Industrie gibt es zudem aktuell deutlich weniger faktische Bewegung zwischen den Führungsebenen. Unternehmen wie Kandidatinnen und Kandidaten gehen beidseitig aktuell vorsichtiger mit Zusagen um – immer ein stückweit in der Erwartungshaltung, dass die Wirtschaftsweisen sich irren könnten und eventuell doch eine Rezession vor der Tür steht.

Die Kandidatinnen und Kandidaten verteilen sich dabei aktuell in zwei Lager. Da sind zum einen diejenigen, die sich in den vergangenen Jahren in Richtung Innovation, Digitalisierung, Produkt- und Kundennähe positioniert und Karriere gemacht haben. Die Nachfrage nach diesen Profilen ist nach wie vor ungebrochen. Vielleicht nicht die beste Zeit, um bei einem Wechsel einen wahnsinnigen Gehaltssprung hinzulegen. Wer aber hier vorzeigbare Kenntnisse aufweist und bei dem auch die weichen Faktoren stimmen, wie die innere Einstellung, Offenheit für Neues und der persönliche Umgang mit Unsicherheit, der kann auch bei einer veritablen Krise des aktuellen Arbeitgebers oder einer Karrieresackgasse jederzeit und problemlos das Weite suchen – und wird eine attraktive Neuanstellung finden. Übrigens nicht nur in der eigenen Branche, sondern wegen der branchenübergreifenden Digitalisierung auch in artverwandten Bereichen oder in den Unternehmensberatungen, von denen viele aktuell sehr erfahrene Kandidatinnen und Kandidaten suchen, die sofort Verantwortung übernehmen können. Einzig wichtig für diejenigen, die sich wie oben skizziert positioniert haben: ‚On track‘ bleiben, sich weiter fortbilden, am Puls der Zeit bleiben.

Wer nicht über zukunftsfähige Qualifikationen verfügt, sollte jetzt selbst anfangen, der nächsten Krise vorzubeugen

Und dann gibt es da diejenigen, die sich auch in den vergangenen Jahren eher traditionell aufgestellt haben, die die Digitalisierung über sich haben ergehen lassen, anstatt diese selbst mitzugestalten. Die eher in administrativen Tätigkeiten unterwegs sind, die immer stärker automatisiert werden. Das können Betriebs- und Volkswirte im Finanzwesen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Zentralfunktionen sein – aber auch Menschen, die im eher ‚verwaltenden Marketing‘ tätig sind. Pech hat ebenso, wer für das falsche Management arbeitet: Verschläft die oberste Unternehmensführung die Digitalisierung, gibt es für nachgeordnete Ebenen kaum Möglichkeiten, hier Kompetenzen aufzubauen. Dennoch: Auch hier sind Wechsel nach wie vor möglich, werden aber deutlich schwieriger, da das Angebot an Stellen spürbar rückläufig ist.

Wer das nun liest und sich selbst eher in der zweiten Gruppe wiederfindet, für den habe ich eine gute Nachricht: Die Rezession ist noch nicht da. Die Arbeitsplätze sind – noch – nicht unmittelbar bedroht. Es ist noch Zeit! Was aktuell vielleicht wie ein ‚Dead End‘ in der Karriere anmutet, muss es gar nicht sein. Die Kandidatinnen und Kandidaten haben es selbst in der Hand, jetzt die nach wie vor, wenn auch langsamer wachsende Wirtschaft zu nutzen, um sich in diesem Umfeld endlich weiter zu entwickeln und zu qualifizieren. Die oben erwähnte Offenheit für Neues und der persönliche Umgang mit Unsicherheit werden hierzu entscheidend sein! Denn Finanzer, die sich mit komplexer Supply-Chain-Steuerung und KI-Unterstützung auskennen werden genauso gesucht wie HR-Expertinnen und -Experten, die sich auf die aktive Entwicklung von Arbeitgebermarke und den Ausbau von Talent-Pools verstehen. Kreative im Marketing, Spezialisten im Stakeholder-Management: alles gesucht, alles schwer am Markt zu finden. Ich rate darum: Nehmen Sie Ihr Schicksal jetzt selbst in die Hand. Nutzen Sie diese Zeiten der drohenden Krise als persönliche Quelle von Motivation.

Ob die Krise kommt? Aber ja. Wann sie kommt? Das weiß keiner – auch nicht die Crash-Propheten. Aber ich weiß eins: Je qualifizierter Sie zu diesem Zeitpunkt sind und je mehr persönliche Sicherheit Sie sich in Zeiten zunehmender Unsicherheit antrainieren, desto einfacher wird Ihnen der Umgang mit Neuem fallen. Und damit auch der Job-Wechsel. Fangen Sie jetzt an und nehmen Sie es selbst in die Hand – und kommen Sie gern auf uns zu, wenn Sie denken, dass wir Ihnen dabei helfen können.

Dmytro C.

Software development | IoT | Smart Energy | Smart Home | Smart City | Web and mobile

2 Jahre

Sounds great.

Julia Derndinger

Seriengründerin und Sparringspartnerin | Sparring für Gründer und Unternehmer

4 Jahre

gute Punkte! 

Johannes Schatt

Vice President Global Digital Marketing | The Adecco Group — Chairman of the Board | Autismus-Stiftung

5 Jahre

Toller Artikel, danke Karsten Berge! Weiterentwicklung kann man nicht oft genug predigen, oder? Wer weiterhin die "Das Internet setzt sich eh nicht durch"-Denkweise verfolgt, naja, selbst Schuld. Im Recruiting kann man grad besonders den Wandel vom administrativen zum kreativen Personaler sehen. Muss auch. Wie du so schön sagst, Administration ist das, was automatisiert werden wird. 

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