Offboarding – wenn das Personal geht
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Offboarding – wenn das Personal geht

In meinem letzten Beitrag habe ich etwas zum Thema Onboarding geschrieben, also wie man neues Personal in Empfang nehmen und effektiv begleiten kann.

Beinahe genauso wichtig ist aber auch das Gegenteil: Wie verhält man sich, wenn Personal geht?

Häufig beobachtet passiert fast nichts: Formalien werden abgewickelt, Verfahren zur Nachbesetzung werden angestoßen – also alles, was zwangsweise irgendwie dazu gehört.

In meinen Augen wäre es aber wichtiger, das WARUM zu ergründen. Also auch ein Mitarbeitergespräch zu führen und genau diese Frage ergründen – und dabei darf man auch ruhig selbstkritisch sein!

Personal, das abwandert,  ist in den allermeisten Fällen ein Verlust. Ein menschlicher Verlust, ein (zumindest temporärer) Verlust an Arbeitsleistung, ein Verlust an Wissen, ein Verlust an Netzwerk-Power. Geht man der Frage nach dem Warum nicht selbstkritisch nach, droht der Verlust von weiterem Personal durch Abwanderung.

Manchmal liegen die Gründe in den persönlichen Lebensumständen der betroffenen Personen, manchmal aber auch in Problemen im betrieblichen Ablauf, zwischenmenschlichen Problemen, mangelnder Unterstützung oder schlechten Rahmenbedingungen.

Bei ein paar Gründen kann man schnell einen Schlussstrich ziehen und wird erkennen, dass die Gründe nachvollziehbar sind und vor allem so individuell, dass sie von der Führungskraft nicht beeinflusst werden können.

Es kann sich aber auch ergeben, dass nun einmal Probleme offen angesprochen werden, die bisher nicht so offen kommuniziert wurden. Probleme, auf die die Führungskraft Einfluss hat, die also zukünftig vermeidbar wären.

Es wäre entsprechend fatal, eine solche Gelegenheit zum gegenseitigen Feedback nicht zu nutzen.

Wie auch ein gutes oder schlechtes Onboarding spricht sich ein gutes oder schlechtes Offboarding schnell herum. Wird das Personal, sobald ein Verlassen im Raum steht, fallen gelassen wie ein Stück faules Obst – oder bemüht man sich weiter um eine individuelle Förderung, erfragt die Hintergründe und arbeitet an einem möglichst reibungslosen Wechsel und zeigt der Person so, wie wichtig - wie wertvoll - sie bisher war. Vielleicht unterstützt man als Führungskraft den Wechsel aktiv unter Einbeziehung der eigenen Möglichkeiten und des eigenen Netzwerkes?

Natürlich sprechen gewisse Argumente dafür, hier nicht mehr Arbeit als unbedingt notwendig zu investieren – da durch das geplante Verlassen des Personals ein Investment – welcher Art auch immer – als nicht mehr lohnenswert betrachtet wird.

In meinen Augen ist das eine recht kurzfristige Sichtweise. Zur modernen Führungsrolle gehört auch ein Anteil dazu, dass man sich selbst als eine Art Dienstleister am eigenen Personal versteht. Neben der Möglichkeit kritisch zu ergründen, ob vermeidbare Probleme der Grund für den Wechsel sind, kann man hier auch zeigen, wie wichtig und wie ernst eine Personalentwicklung angesehen wird. Und Personalentwicklung endet nicht im eigenen Bereich sondern reicht weit darüber hinaus. Manchmal sind Wechsel notwendig, damit das Potential der Betroffenen auch wirklich voll ausgeschöpft werden kann.

Ein gut begleitetes Offboarding kann Pforten öffnen, die zuvor verschlossen waren. Es können neue Netzwerke entstehen und nicht zuletzt: Manchmal wechselt Personal auch wieder zurück.

Auch kann in einem begleiteten Offboarding-Prozess ein geordneter Wissenstransfer stattfinden.

Letztendlich wird auch dieses Verhalten durchaus wahrgenommen und spricht sich herum. Ein gut begleitetes Offboarding kann also auch dazu beitragen,  die eigene Attraktivität zu steigern und so zu einer verbesserten Personal-Neugewinnung beitragen.

Kurz gesagt: Man verschenkt sehr viel Potential, wenn man Personal nach einem feststehenden Wechsel einfach „fallen lässt“, denn auch nach einem Wechsel kann durchaus Kontakt stattfinden.

Auch nach einem Wechsel ist - ob bewusst oder unbewusst - das Personal eine Art Botschafter für das Unternehmen (oder kleinteiliger gedacht: für den bisherigen Arbeitsbereich bei Wechseln innerhalb des Unternehmens).

Allerdings sollte ein Offboardinggespräch zeitlich hinter etwaigen Arbeitszeugnissen etc. liegen, damit auch ein wirkliches kritisches Feedback erfolgt. Offboarding ist auch eine Form der Wertschätzung, die man grundsätzlich den eigenen Mitarbeiter*innen gegenüber zeigen sollte.


Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem Thema Offboarding? Wie wird es bei Ihnen gehandhabt? Haben Sie persönlich bereits einen Offboarding-Prozess erlebt?

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