Psychische Erkrankungen und Arbeitsausfälle: "Gute Gründe für schlechte Gefühle"
Wer hätte das gedacht: Hinter Panikattacken, Angstzuständen und Depressionen kann ein Prinzip stehen, dass vor tausenden Jahren einmal viel Sinn gemacht hat. Einen neuen Blick auf psychische Erkrankungen, die Jahr für Jahr zu den Hauptgründen für Arbeitsausfälle zählen, gibt die Evolutionäre Psychiatrie. Und diese Perspektive hat etwas Tröstliches.
Depressionen im Tagesgeschäft, Panikattacken bei größeren Projekten, Angst vor der Arbeit – psychische Erkrankungen sind Jahr für Jahr unter den top drei Gründen für Arbeitsausfälle. In Europa leiden 38 Prozent (!) der Bevölkerung jährlich mindestens ein Mal an einer psychischen Erkrankung. Meist wird dies erklärt mit Gründen wie der zunehmenden Komplexität und Beschleunigung unseres Lebens, permanenten Transformationen der Arbeit sowie der Polykrise. Eine überraschende neue Sicht auf diese Erkrankungen und negative Emotionen bietet die Evolutionäre Psychiatrie mit ihrem Vorreiter Dr. Randolph Nesse.
Eine neue Sicht auf negative Gefühle
Schmerzliche Gefühle und psychische Erkrankungen sind für die Evolutionäre Psychiatrie oft in der menschlichen Entstehungsgeschichte verankert. Vor diesem Hintergrund wird die enorm häufige Verbreitung von beispielsweise Depressionen verstanden. Für Dr. Randolph Nesse, einen der Gründer dieses wissenschaftlichen Gebietes, sind sehr starke negative Gefühle und psychische Erkrankungen deshalb auch keine „Defekte“ im herkömmlichen Sinne. Unsere Gene führen häufig zu sehr unangenehmen Gefühlen, die Teil der Evolution sind und einmal viel Sinn gemacht haben.
„Disclaimer“ – eines vorweg
Puh, harter Tobak, der möglicherweise auf bittere Entrüstung stoßen wird. Daher eines schon an dieser Stelle: Egal, wie die psychischen und psychiatrischen Erklärungen lauten – natürlich sollten die Bedingungen der modernen Arbeit in jedem Fall so verbessert werden, dass es zu so wenig chronischem Stress und in der Folge psychischen Erkrankungen wie möglich kommt.
Was also steckt hinter dieser revolutionären Sicht auf negative Emotionen und psychische Erkrankungen, die Nesse u.a. in dem Fachmagazin „World of Psychiatry“ veröffentlicht und in seinem Buch "Gute Gründe für schlechte Gefühle" beschrieben hat? Und was bedeutet dies für uns heute?
Die Evolution begünstigt negative Gefühle
Ein Blick weit zurück in die Evolution des Menschen hilft, diese Deutung zu verstehen. Die These heißt: Die natürliche Selektion hat negative Emotionen wie Angst, Niedergeschlagenheit, Trauer, Eifersucht oder Neid begünstigt, weil sie einen evolutionären Vorteil bedeuteten.
Ein Beispiel: Du bist einer unserer Urahnen in der afrikanischen Savanne und siehst ein Wasserloch – aber du hörst auch bedrohliche Geräusch im Gras. Es könnte ein Affe ebenso wie ein Löwe sein. Solltest du besser fliehen? Das hängt von den Kosten ab. Angenommen, eine panische Flucht würde 100 Kalorien kosten. Nicht zu fliehen würde gar nichts kosten, wenn es ein Affe wäre. Käme das Geräusch allerdings von einem Löwen, wären die Kosten 100.000 Kalorien. Soviel wie ein Löwe bekäme, wenn er dich zum Mittag verschlingen würde.
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Das Feuermelder-Prinzip
Nesse hat in diesem Zusammenhang einen schönen Begriff geprägt: das Feuermelder-Prinzip (Smoke Detector-Principle). Manche starke Emotion kann demnach als eine Art Frühwarnsystem verstanden werden. Eine übersteigerte Angst kann unter Umständen Leben retten und deshalb ein Selektionsvorteil sein. Manchmal gibt es allerdings auch einen Fehlalarm – wie etwa bei Panikattacken.
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Hyperaktives Angstmodul
Die ursprüngliche Angstreaktion von vor tausenden Jahren hat sich noch nicht an unsere modernen Bedrohungen – böse eMails, schlimme Steuerbescheide, ein verärgerter Chef – angepasst: Meist sind sie nicht mehr lebensbedrohlich. Unsere Ängste im Job oder Privatleben sind dann „unangemessen“ stark, insbesondere, wenn wir zu denen gehören, die im Laufe der Evolution ein hyperaktives Angstmodul entwickelt haben, das für unsere Ahnen vor tausenden von Jahren noch einen Selektionsvorteil bedeutet hat.
Das Cliff-Edge-Model: Wenn Gutes überoptimiert wurde
Wird ein einst nützliches genetisches Merkmal im Laufe der Evolution in einer Familie über das Optimale hinaus ausgeprägt, entsteht das, was wir heute unter psychischen Erkrankungen verstehen. Nesse nennt diesen Mechanismus das „Cliff-Edge-Modell“: Eine eigentlich hilfreiche Eigenschaft geht über das Ziel hinaus und hat in ihrer extremen Ausprägung negative Folgen.
"Sogar Gefühle wie Eifersucht und Neid sind gut für unsere Gene“, Dr. Randolph Nesse, Pionier der Evolutionären Psychiatrie
„Sogar Gefühle wie Eifersucht und Neid sind gut für die Gene“, erklärt Nesse in dem Fachmagazin „Schweizerische Ärztezeitung“. Der Grund: Eifersüchtige Menschen hatten früher mehr Nachkommen, weil ihre Partnerinnen seltener fremd gehen konnten.
Diese Gefühle seien „ein Trick, damit wir Dinge tun, die nicht immer gut sind für uns als Individuen“, erklärt Nesse. Denn: Wer eifersüchtig ist, mag öfter seine Gene weitergeben können – er hat aber auch mehr Stress mit der Partnerin.
Betrachtet man die eigenen negativen Emotionen vor diesem Hintergrund, kann dies etwas Erleichterung schaffen. „Ich sehe darin ein gewisses Maß an Trost“, sagt Nesse.
Ein Stimmungstief kann unerreichbare Ziele im Job signalisieren
Sehr häufig hat laut Nesse ein dauerhaftes Stimmungstief folgenden Hintergrund: unerreichbare Ziele, die wir im Job oder auch im Privatleben verfolgen. Damit wäre die dauerhafte Niedergeschlagenheit eine ganz normale Reaktion und keine fehlgeleitete unseres Gehirnes. Wir sollten dann unsere Ziele überdenken und anpassen.
Schlechte Laune signalisiert verschleuderte Energie
Schlechte Laune kann laut Nesse ein Signal dafür sein, dass wir unsere Energie und Ressourcen verschleudern ohne weiterzukommen. Das wäre doch eine gute Nachricht: „Wir haben ein System, das uns hilft, elegant zu scheitern und auf andere Bereiche umzuschwenken, die uns glücklicher und produktiver machen“, erklärt Nesse.
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