{Qual-}ifikation Trainer:in

{Qual-}ifikation Trainer:in

Ich habe mir in den vergangenen 26 Jahren schon oft die Frage gestellt: Woran erkennt man eine:n qualifizierte:n IT-Trainer:in? Welche Qualifikation macht mich denn zum/zur Expert:in? Und ab wann bin ich gut?

Als ich mit Softwaretrainings von Microsoft im Jahr 1994 begonnen habe, gab es weder Microsoft-Zertifizierungen noch einen Ausbildungsberuf für IT-Trainer:innen. Als Trainerin musste ich immer up-to-date sein. Was ich angeboten hatte, musste ich schlichtweg beim Kunden auch zeigen können. Hätte ich das inhaltlich also fachlich nicht leisten können, hätte ich meinen neuen Beruf gleich zu Beginn an den Nagel hängen können.

Schaue ich kritisch auf meine Anfangszeit zurück, so gab es da doch einigen Optimierungsbedarf. Dennoch überzeugt von mir hätte ich weder an meiner Lehrmethodik noch an meiner Didaktik etwas ändern müssen.

 Mein Anspruch war: Ich will richtig gut werden!

So hatte ich eine Ausbildereignungsprüfung, eine Mediatoren-Ausbildung, eine ITIL-Foundation Prüfung abgelegt und mich regelmäßig im Bereich IT weitergebildet, um immer besser zu werden.

Das Feedback und die abschließenden Empfehlungsschreiben meiner Kunden:innen zeigten mir, dass sich diese Mühe ausgezahlt hat. Dennoch habe ich mich stets weitergebildet, was in der IT sowieso ein -Muss- war und ist. Ich habe mich sogar schon vor 10 Jahren intensiv in die Thematik von Onlinetrainings und der eLearning-Entwicklung beschäftigt. Selbst Kombinationen unterschiedlichster Methoden und Systeme, heute besser als Blended-Learning bekannt, weckten meine Aufmerksamkeit. Obwohl es damals noch nicht wirklich viele Kunden interessierte.

 Kundenanfragen und Absagen!

Dann kam plötzlich die Zeit, dass alle Trainer zertifiziert sein sollten, da hätte ich nun einen MCP MS-Certified-Professional, einen MOS MS-Office-Specialist, einen MCT MS-Certified-Trainer… machen müssen. Und dem nicht genug! Ich hätte für jedes Programm und für jede neue Version mich neu zertifizieren lassen müssen.

Ich habe mir den Spaß erlaubt eine MOS-Prüfung für Excel abzulegen, damit ich wenigstens inhaltlich mitreden kann. Tatsächlich wäre ich am Ende noch an dieser Prüfung gescheitert, weil ich die Namen der ganzen Smart-Arts nicht auswendig konnte.

Es ging am Ende nur darum, wo auf der Oberfläche sich welche Schaltfläche befindet und in welchem Fall ich welches Tool bzw. welche Funktion nutze.

 Ist es das, was Kunden sich wirklich von einem guten Trainer:in wünschen?

 {Qual-}ifizierter Online-Trainer:in

In Zeiten von CORONA kommen nun ganz viele neue Berufsbezeichnungen auf den Markt. Da kann man schon binnen 33 Stunden Lehrinhalt mit TÜV-Bestätigung als Online-Trainer:in oder Agiler LernCoach zertifiziert werden. Man kann dafür in Verbindung weiterer Module bis zu 7.586 € zur Kasse gebeten werden. Den Online-Trainer gibt es bei bekannten Bildungsträger. Da muss man zwar ein wenig mehr Zeit aufbringen, nämlich 336 Stunden statt 33 Stunden für einen Preis von 1.980 €. Hier ist die Ausbildung weit fundierter, die Inhalte sehr viel transparenter und man hat genug Zeit, sich mit diesem Thema intensiv zu beschäftigen.

 Mein FAZIT:

Bei einigen Zertifizierungen geht es lediglich darum, wie die Software aufgebaut ist und wo man was findet. Wie die Software wirklich funktioniert und wie man damit echte Probleme löst, wird bei solchen Zertifizierungen überhaupt nicht geprüft. Wie Wikipedia schon sehr schön beschreibt, gibt es hier keine Note, die mir etwas über die Qualität mitteilt, sondern nur ein "hat bestanden".

Will man wirklich tief in die Programme einsteigen, hilft es nur, sich der Probleme von Anwender:innen zu widmen und diese zu lösen. Das kann in einer Anwenderbetreuung sein, was ich schon seit mehr als 8 Jahren in einem Bundesministerium praktiziere oder durch die Beantwortung der Probleme in unterschiedlichen Foren.

Jede:r Trainer:in sollte sich gerade bei kostspieligen Weiterbildungsangeboten genau erkundigen. Ein zertifizierter Online-Trainer ist nicht gleich ein Online-Trainer. Ein "Agiler-Lerncoach" ist was? Das sollte doch genau beschrieben werden. Welcher Bildungsanbieter steckt hinter dem Angebot? Welches Zertifikat wird Ihnen von wem ausgestellt? Wer kann wirklich diese Ausbildung prüfen? Werden Inhalte vom Anbieter auch wirklich erbracht oder bestehen diese Dienstleistungen nur aus der Zurverfügungstellung von Videomaterial, Dokumentationen und der Zeit für sich alleine etwas zu erarbeiten.

Ich persönlich war nach meiner Recherche sehr erstaunt, wie groß die Unterschiede sind und was gerade für viel Geld auf den Markt angeboten wird. Gerade Trainer:innen befinden sich jetzt in der Situation, dass ihnen viele Präsenzseminare weggebrochen sind und sie sich von heute auf morgen umstellen müssen.

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